Review Tides From Nebula – Safehaven

Nicht nur im Mainstream-Pop, sondern generell im Bereich populärer Musik ist Gesang ein kaum wegzudenkendes Merkmal zahlreicher Bands und Solo-Künstler, oftmals kommen Instrumente sogar nur unterstützend zum Tragen. Dass sich gerade Post-Rock aber auch wunderbar für eine rein instrumentale Herangehensweise eignet, beweisen Bands wie Mono nicht erst seit gestern. Das polnische Quartett TIDES FROM NEBULA bewegt sich also keineswegs auf unerforschten Pfaden, aber das muss per se noch kein Grund sein, ihm seine künstlerische Daseinsberechtigung abzusprechen.

„Safehaven“, das mittlerweile vierte Album von TIDES FROM NEBULA, beginnt mit dem gleichnamigen Titeltrack und macht dabei schon mal eine ganz gute Figur: Sphärische Keyboard-Klänge, langsame, funkelnde Post-Rock-Gitarren und dezente, weibliche Gesangslinien im Hintergrund setzen musikalisch genau die Stimmung um, die bereits das helle, offene Artwork ausstrahlt. Auch im restlichen Verlauf der Platte sind die Songs von schwebender Leichtigkeit erfüllt, nur ganz selten verirren sich auch mal härtere, bodenständigere Gitarren ins alles andere als dichte Songgeflecht. Dementsprechend sind auch die Songs untereinander kaum miteinander verknüpft, sondern grenzen sich (etwas zu) klar voreinander ab.
Wer nach dem Opener noch nicht überzeugt ist, braucht indes nicht weiter zu hören, denn spannender wird es später kaum mehr. Zwar finden sich einige nette Einfälle wie zum Beispiel die ungewohnt greifbaren, zurückgelehnten Melodien in „Home“ oder die geradezu windigen Gitarren in „Traversing“, doch die gescheiterten Versuche sind merklich in der Überzahl. Die Verspieltheit, die TIDES FROM NEBULA in ihren Songs zum Ausdruck bringen, ist zwar sehr lobenswert, bringt den Hörer aber zugleich oft zum Stirnrunzeln. In dieser Hinsicht fallen unter anderem die hektischen Keyboards in „Knees To The Earth“ auf, die zu Beginn einfach nur unpassend wirken, während die Idee der schnellen Bass-Beats in „Colour Of Glow“ in Gegenüberstellung mit den reduzierten Gitarren durchaus zu gefallen wüsste, wären die Beats nur nicht so unverhältnismäßig laut.
Ebenso unpassend erscheinen der Piepton am Anfang von „We Are The Mirror“ und die abgehackten Gitarren in „All The Steps I’ve Made“. Abgesehen von diesen Ausrutschern ist die Musik auf „Safehaven“ gar nicht mal so schlecht, stellenweise sogar wirklich stimmungsvoll. Die meiste Zeit über lässt sie jedoch die emotionale Wirkung vermissen, die sie eigentlich haben sollte. Die Melodien sind einfach nicht packend genug, die meiste Zeit über hat man das Gefühl, es mit generischem Durchschnitts-Post-Rock zu tun zu haben.

„Safehaven“ ist natürlich kein totaler Reinfall, mit seiner Dreiviertelstunde Spielzeit langweilt es auch nicht, aber genauso wenig fesselt es, zudem wirken viele Passagen geradezu wahllos platziert. Post-Rock-Allesfresser können ein Ohr riskieren, alle anderen sollten wohl weitersuchen. TIDES FROM NEBULA haben hiermit nämlich ein Album veröffentlicht, das sich eher zur Hintergrundbeschallung als zum bewussten Hören eignet, denn es gibt einfach keine Atmosphäre, in die man eintauchen oder sich fallen lassen kann.

Wertung: 5.5 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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