Review Toto – Falling In Between

  • Label: Frontiers
  • Veröffentlicht: 2006
  • Spielart: Rock

Manchmal passiert es, dass tolle Bands der Vergangenheit einfach so in Vergessenheit geraten. Sei es, weil sie keinen Song mehr am Start haben, der an alte Erfolge anknüpfen kann. Sei es, weil gar nicht erst eine Single veröffentlicht wurde. Vielleicht liegts auch daran, dass in der Promotionabteilung geschlampt wurde. Oder etwa daran, dass die Band schlicht lange nichts mehr veröffentlicht hat.

Im Falle von TOTO werden wohl all die oben genannten Gründe dazu beigetragen haben, dass die amerikanischen Melodic Rocker eigentlich so gut wie ausgestorben waren. Hits wie „Hold The Line“, „Africa“, „Rosanna“ und wie sie alle heißen, leben zwar für alle Zeit weiter, aber kaum jemand weiß, dass die Band noch immer aktiv ist. Mit „Falling In Between“ präsentieren uns die nunmehr sechs Jungs – mit Greg Phillinganes ist ein zusätzlicher Keyboarder und Sänger neu dabei, der David Paich live unterstützen soll – ihr zwölftes Studioalbum. Werk Nummero 11 liegt auch schon einige Zeit zurück, es erschien unter dem Titel „Mindfields“ im Jahre 1999. Dazwischen gab es mit „Through The Looking Glass“ lediglich eine Ansammlung von mehr oder weniger gelungenen Coversongs.

Zwei Dinge, die der Band über die letzten zehn Jahre immer wieder vorgeworfen wurden, sind ihr Hang zu allzu seichtem, kitschigen, mainstreamigen Liedmaterial und das Festhalten an einem sehr traditionellen, mittlerweile altbacken wirkenden Sound. Doch für „Falling In Between“ haben sich die alten Recken nochmal ziemlich ins Zeug gelegt. Es bleibt zwar in Grundzügen nach wie vor ein typisches, vorhersehbares TOTO-Album und wird als solches auch den überwiegenden Teil der Fans zufrieden stellen.
Die zehn neuen Nummern sind jedoch teilweise eine ganze Ecke rockiger und progressiver und wurden zudem mit einer sehr modernen, edlen Produktion versehen. Der Titeltrack und Opener knallt demzufolge mit einer Brillianz und Härte aus den Boxen, wie man es von den Jungs schon lange nicht mehr gewohnt ist. Hier reichts natürlich nicht für derbsten Heavy Metal, aber in Hardrock-Regionen ist das definitiv einzuordnen – vorallendingen in solche, die nicht allzu ausgelatscht und klischeebeladen sind. Mit dem sechsminütigen „Dying On My Feet“ zeigen TOTO dann, dass sie sich durchaus auch in Jazz- und SouthernRock-Gefilden wohlfühlen. Hier überzeugen vorallem der schöne Refrain und die gelungenen, sehr viel Raum einnehmenden Solopassagen. In diesen ist auch die „neue Progressivität“ hauptsächlich zu finden: Die Strophen und Refrains bleiben nach wie vor sehr mainstreamig und im MelodicRock verwurzelt, wohingegen man den Instrumentalpassagen mehr Farbe, Intensität, Variantenreichtum und Raum gegenben hat. Da steht ein Piano, eine Akustik- oder E-Gitarre schonmal einem Saxophon, Trompeten oder einer Querflöte (von Jethro Tull-Chefdenker Ian Anderson gespielt) gegenüber. Prägnant eingesetzte Riffs lockern zudem das Geschehen auf. Das macht einfach Spaß und bringt etwas Leben in die Runde.
Mit „Bottom Of Your Soul“ ist zudem eine sehr gelungene, atmosphärische Ballade am Start, die waren Ohrwurmcharakter hat und in ihrer Melodieführung und Instrumentation gar an selige „Africa“-Glanzzeiten erinnert. Dieser Track wird auch die erste Single aus „Falling In Between“ sein – ich wünsche der Band wirklich allen Erfolg damit, verdient hätte der Titel es. Leider leben wir ja musikalisch in einer falschen Welt, sodass der Song wohl keine Aufmerksamkeit genießen wird. Mit „Hooked“ und „Taint Your World“ hat man zwei richtige Gute-Laune-Rocker im Gepäck, die einfach Spaß machen und zudem zeigen, dass die Band noch lange nicht zum alten Eisen gehört.

Leider haben sich vorallem im hinteren Drittel der Platte auch ein paar Füllsongs eingefunden. Das sind dann die Liedchen wie „Let It Go“ oder der Fast-Gospel „Spiritual Man“, die allzu sehr dem TOTO-Stil entsprechen, eben zu lahm, zu vorhersehbar, zu mainstreamig sind. Schade ist auch, dass das eigentlich großartige „Simple Life“ nach schon 2 ½ Minuten zu Ende ist. Es wirkt irgendwie halbfertig und unschlüssig, dabei hat es soviel Potential und eine so schöne Melodie. Nichtsdestotrotz schafft man mit „No End In Sight“ nochmal einen gelungenen, stimmungsvollen Abschluss.

Alles in allem sollte jeder, der irgendwann einmal mit TOTO in Berührung gekommen ist, „Falling In Between“ definitiv anchecken. Die sechs Amerikaner zeigen sich hier für ihr Alter äußerst fit und vital, haben einige unerwartet gute Songs geschrieben. Als Progger, der ich nunmal bin, empfinde ich TOTOs zaghafte Versuche in diesem Gebiet zwar zu wenig konsequent, dennoch ist ein Schritt in die richtige Richtung, der der Musik wichtige Ecken und Kanten verleiht. Mit dem aktuellen Material ist man wieder zu einer spannenden Band geworden. Die überall aufkommenden Kritiken an Bobby Kimballs Gesangsleistungen kann ich nicht nachvollziehen. Alle Beteiligten liefern meiner Meinung nach handwerkliche Meisterleistungen ab. Ich kann der Band nur beipflichten: Wenn „Falling In Between“ tatsächlich das letzte Werk der Mannen seien sollte, was ja aufgrund des hohen Alters gar nicht mal so abwegig erscheint, so haben sie sich auf jeden Fall gelungen und würdevoll verabschiedet. Aber soweit wollen wir mal gar nicht denken.

Wertung: 7.5 / 10

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