Review Tragodia – Mythmaker (+)

TRAGØDIA aus Italien bestehen seit 1996, spielen epischen Progressive-/Power-Metal und ich habe noch nie was von ihnen gehört? Das mag vielleicht daran liegen, dass die Band damals mit Doom und Gothic Metal startete, ein in Genrekreisen eher unüblicher Umstand, der sich auf dem aktuellen Output „Mythmaker“ bemerkbar macht. Eine doomige Version von Blind Guardian oder Nevermore also? Diese Frage, ebenso wie das an die griechische Mythologie erinnernde Cover machten mich schon verdammt neugierig auf jenen genresprengenden, musikalischen Koloss, der sich da aus meinen Boxen zwängen möchte.

Kolossal ist das Gesamtwerk sicherlich nicht, dennoch überraschen TRAGØDIA mit einer herrlich atmosphärischen und überaus gelungenen Neuinterpretation jener progressiven Spielart, die auch schon Bands wie Nevermore zelebrierten. Wie viele Einflüsse dort zu finden sind, ist schon beachtlich: Hier ein typischer Heavy-Scream, dort ein doomiger Walzen-Riff mitsamt Tempodrossel, dann plötzlich wieder Twin-Guitar und Power Metal. Das macht schon Spaß, auch wenn es in den ersten Durchläufen vielleicht etwas überfordern könnte, einige Parts gar Fehl am Platz wirken und die vokale Leistung eines Luca Meloni sicher im klaren Gesang und weniger im Brüllen oder Schreien liegt – jene wirken kraftlos und auf „Genre-komm-raus“ getrimmt. Das lässt sich aber so was von verschmerzen, erliegt man erst mal den magischen Melodien, die „Born Under Niobe“ oder „The Oracle And The Muse“ aus dem Nichts hervorzaubern; und das sind nur Beispiele, erscheint doch „Tragodia“ als wahre Fundgrube der Eingängigkeit.

Auch die Instrumentierung lässt hier keine Wünsche offen: Mit den vielen Keyboards dürften sich Gothic-Affine schnell anfreunden, die flotten und höchstmelodischen Riffs können den Power Metaller in mir schnell zufrieden stellen, langsame und schleppende, ja wirklich düstere Stampfer erfreuen den Doomer und auch dem Progressive Metal wird gehuldigt, haben TRAGØDIA doch den ein oder anderen vertrackte Moment im Petto. Der wohlige Wechsel zwischen Up- und Mid-Tempo schwingt gekonnt und ohne aufgesetzt zu wirken zwischen den verschiedenen Spielarten hin und her, die großartigen Refrains beißen sich rasch in den Hirnwindungen fest und das abwechslungsreiche Gesamtbild lädt immer wieder zur Entdeckungsreise ein. Negativ fällt da leider der Sound auf: Für meinen Geschmack zu stumpf, hätte man daran noch feilen können, aber hier meckert man, wie man so schön sagt, auf hohem Niveau.

Unterm Strich sollte jeder offene Hörer mal mindestens ein Ohr riskieren, denn TRAGØDIA machen auf „Mythmaker“ eine wahrlich großartige Figur. Der Genremix mag zu Beginn etwas verwirren, hat man sich jedoch erst mal reingefuchst, bringt das vorliegende Album jede Menge Freude. Genannte Abstriche kann man gut verschmerzen, hat man doch mit „Mythmaker“ einen ziemlich vielfältigen Brocken musikalischer Überraschungen vor sich. Ich bin überzeugt.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Steffen Eschmann

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