Nun also auch TYTAN. Nachdem mittlerweile nahezu jede Band der späten 70er beziehungsweise frühen 80er, die von sich mit mal mehr, mal weniger großer Berechtigung behauptet, die Szene maßgeblich mitgeprägt zu haben, im Zuge der noch immer anhaltenden Retro-Welle wieder auf die Bühnen dieser Welt gespült wurde, haben es nun auch die 2010 reaktivierten TYTAN geschafft, ein neues Album im musikalischen Feld unserer Tage zu platzieren. Die Band, die sich 1981 unter anderem aus ehemaligen Angel-Witch-Mitgliedern rekrutierte, brachte es auf gerade einmal ein einziges Album, „Rough Justice“ (1985) – da hatte sich Gruppe aber bereits aufgelöst und verschwand für über 35 Jahre von der Bildfläche. Da die Szene offenbar immer noch Aufmerksamkeitsressourcen besitzt (die beispielsweise mit dem Keep It True institutionalisiert wurden), haben nun auch TYTAN die Chance geboten bekommen, aus ihrer Sicht Gerechtigkeit walten zu lassen. Justice Served?
Welche Gründe auch immer dazu geführt haben, dass die Zeit in den frühen 80ern über TYTAN hinweggegangen ist, anno 2017 passt die Band mit ihrem traditionellen NWoBHM-Sound plötzlich wieder bestens ins Konzept. Denn obwohl man in Sachen Produktion keiner falschen Nostalgie anhängt, sondern sich für eine zeitgemäße, ausbalancierte und unterm Strich ziemlich knallige Produktion entschieden hat, ist bei TYTAN doch alles beim Alten geblieben. Wie bereits das Debüt ziert auch den Neuling ein übellauniger Herr mit Axt und atmet das gesamte Layout die ästhetische Luft der Pioniertage des Heavy Metals. Auch in puncto Kompositionen hat man nicht den Eindruck, dass seit dem ersten Auftauchen der Band über drei Dekaden vergangen sind, so herzhaft old school klingt „Justice Served“. Das Album zelebriert auf mitunter höchstem Niveau klassischen Heavy Metal, der nicht nur eine durchgehend rotzig-rockige Note besitzt („Love You To Death“), sondern wie schon der Vorgänger „Rough Justice“ ohne Scheu Keyboards und Orgel-Sounds in die Songs einflicht. TYTAN stehen also ein weiteres Mal irgendwo zwischen den Tygers Of Pan Tang und frühen Praying Mantis – ergo eine mehr als vielversprechende Mischung.
Und tatsächlich gelingt es den fünf Briten über weite Strecken hinweg, den Unterhaltungswert von „Justice Served“ hoch zu halten. Dazu trägt unter anderem bei, dass es insgesamt drei verschiedene Sänger zu hören gibt, die völlig differente Klangfarben besitzen und den entsprechenden Songs ihren je eigenen Stempel aufzudrücken verstehen. Schade, dass es nur im Opener und im Refrain des extrem eingängigen „Reap The Whirlwind“ zu einem Duett kommt – das hätte man gerne öfter einsetzen können. TYTAN variieren aber nicht nur in Sachen Gesang, sondern bemühen sich auch hinsichtlich der Song-Tempi um Abwechslung und mischen flottere Nummern wie dem rotzigen „Spitfire“ mit groovigen Titeln wie „Hells Breath“, dessen Refrain sich unerbittlich ins Gedächtnis frisst. Zudem gibt es mit „Midnight Sun“ und dem wunderschönen „Worthy Of Honour“ zwei geradezu balladeske Stücke. Und das alles veredelt mit einer wirklich grandiosen Lead-Gitarren-Arbeit, ausdrucksstarkem Gesang, packenden Refrains, unverbrauchten Melodien und einer konsistenten Atmosphäre. Herz, was willst du mehr?
Nun, mit „Fight The Fight“ sowie der eher dünnbrüstigen Rock-n´-Roll-Nummer „One Last Detai“ (sic!) finden sich auch zwei ziemlich durchschnittliche Song auf dem Album und unbedingt umwerfend ist auch das Instrumental „Billy Who“ nicht geraten. Aber ich bin mir sicher: Nachdem „Justice Served“ mit dem leicht doom-lastigen „The Cradle“ ausgeklungen ist, wird bei den meisten Anhängern des traditionellen Metals der Finger wieder in Richtung Play-Taste zucken. Alles in allem haben TYTAN ein tolles Come-Back-Album eingespielt und man kann ihnen nur wünschen, dass nicht schon in naher Zukunft wieder Schluss ist.
Wertung: 7.5 / 10