VAST ist das Künstlersynonym von Jon Crosby, genauer gesagt eine Abkürzung für „Visual Audio Sensory Theater“. Ja, bei diesem Titel kann man wohl von Exquisität sprechen. So ist es wenig überraschend, dass sein drittes Album „Nude“ alles andere als leicht konsumierbar ist.
Lyrics wie „put me on a ship that is sinking“ („Don’t Take Your Love Away“) oder „saw you laughing under the heavy london winter sky, saw you disappear into the coldness of the morning light“ („Lost“) zeigen, ebenso wie ein schneller Blick über die Songtitel, recht schnell, worum es hier geht: Es wird die Welt der menschlichen Gefühle verarbeitet, oft eher ruhig, zurückhaltend, geradezu niedergeschlagen. Liebe. Schönheit. Schmerz. Wer ein bisschen musikalischen Rundumblick besitzt, kann sich vielleicht schon vorstellen, in welches musikalische Kleid diese Themen gepackt werden: Der Altenative Pop oder Rock-Bereich ist schließlich dafür mehr als bekannt. Auch VAST lassen sich durchaus in diese Ecke schieben, wobei man auch einen eindeutigen Einfluss moderner, unkonventioneller Elektronikmusik ebenso ausmachen kann wie Mönchschore und orientalische Percussion.
Was es letztendlich schwer macht, VAST sofort gut zu finden, ist die seltsame Distanz, die seine Songs hinterlassen. Sie wirken seltsam rein, fern, und obwohl sie mit einfachsten Metaphern Dinge beschreiben, die jeder Mensch versteht, scheint Crosby die ausgedrückten Gefühle auf seltsame Art und Weise für sich zu behalten. Als ob er es nicht möchte, dass wir daran teilhaben. Das ist ungewöhnlich für dieses Genre, wenn man daran denkt, wie manche Bands hier mit Pathos und Kitsch um sich schmeißen, nur um die Aufmerksamkeit des Hörers zu erhalten. Erste Hördurchgänge können schon mal mit einem „Das klingt doch alles gleich!“ enden. Vielleicht hängt all dies bei Crosby jedoch mit seinem persönlichen Leben zusammen: „Alle meine Platten sind persönlich, ich kann schließlich nur über Dinge singen, die mich betreffen“. Zudem ist hinzuzufügen, dass er nach seinem zweiten Album „Music For People“ für sechs Monate in die Wüste New Mexicos ging und dort nur über PC und Internet Kontakt zur Außenwelt hielt. Hier entstanden auch alle Songs, die wir nun auf „Nude“ hören können.
Eine seltsame, nicht zu definierende Faszination geht dennoch von seinen Kompositionen aus. Sie führt schließlich dazu, dass man die Scheibe unbewusst immer wieder einlegt und langsam merkt, wie sich aus lauter kleinen, vierminütigen Puzzleteilen ein großes Ganzes ergibt. Ein großes Ganzes, das auch ein Tagebuch seiner Reise sein könnte. Einsamkeit. Traurigkeit. Schmerz.
Langsam bricht das Eis, langsam öffnet man sich für die besungenen Gefühle. Die seltsame Distanz und Unzugänglichkeit verfliegt im Nu.
„Nude“ hat endlich die Wirkung entfaltet, die Crosby immer wollte: „Der Albumtitel steht dafür, dass ich mich in meiner Kunst ungeschützt, offen und ohne Maske zeige“. Die Liebe hat gesiegt. Die Einsamkeit ist verflogen. Eine unbekannte Wärme umgibt uns im finalen „Desert Garden“, besiegelt mit den typischen Lyrics.
„I want to leave today, the sky is big and my life is small, I want to leave with you, so we can build a perfect garden. The stars are far away, I can see them fade away, like the moments of our lives…“
In seltsam bedrückender Stimmung trägt uns Crosby diese Zeilen vor. Aber wir sind glücklich. Seltsam, nicht?
Wertung: 8 / 10