Review Völur / Amber Asylum – Breaker Of Ringer / Blood Witch (Split)

(Experimental / Folk / Doom Metal) Als Release-Format führt die Split bedauerlicherweise ein tristes Schattendasein. Dabei ist sie an sich ein interessantes Mittel, um die stilistischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zweier oder mehrerer Bands zu ergründen. VÖLUR und AMBER ASYLUM verbindet beispielsweise ihr Hang zu unkonventionellen Arrangements und eines ihrer Kerninstrumente – die Geige. Davon abgesehen liegen die beiden Folk-Projekte klanglich jedoch weit auseinander. Während VÖLUR im Wesentlichen Doom Metal ohne E-Gitarren spielen, ist der Ansatz, den AMBER ASYLUM verfolgen, eher neoklassischer Natur. Ihre gemeinsame Veröffentlichung „Breaker Of Rings / Blood Witch“ macht vor diesem Hintergrund schon vorweg neugierig.

Den Anfang machen VÖLUR mit dem viergeteilten Track „Breaker Of Rings“, der ursprünglich bereits für ihr letztes Album „Ancestors“ (2017) geschrieben wurde. Dass die Kanadier das Stück, das inhaltlich von der Niflung-Saga der Edda inspiriert wurde, zerlegt haben, ergibt durchaus Sinn. Obwohl die vier Nummern kompositorisch wie aus einem Guss sind, erscheinen sie fast wie einzelne Kapitel einer zusammenhängenden Erzählung.

Nach einem recht minimalistischen, bedrückenden Intro kommen auf „Breaker Of Rings II“ nach und nach beschwörende Gesänge und stampfende Drums hinzu, während die Geige einen greifbareren und zugleich mysteriöseren Ton annimmt. Der beunruhigende dritte Teil geht schließlich in das zehnminütige „Breaker Of Rings IV“ über. In diesem verknüpfen VÖLUR unheimlich gehauchte Growls mit verhängnisvollen Geigen-Leads und sich mühsam dahinschleppenden Rhythmen, ehe der Song in einer verstörenden Noise-Kakophonie sein Ende findet.

Im Anschluss erzählen AMBER ASYLUM auf ihrem Teil der Split die schaurige Geschichte eines Dahinsiechenden, der nach dem Stich eines Moskitos – der metaphorischen „Bluthexe“ – dem Delirium verfällt. Dieses makabre Textkonzept vertont das amerikanische Ensemble in Form von vier experimentellen Musikstücken, die mitunter das bis dato eindringlichste Material der Band beinhalten.

Über beängstigend scharrende Streicher, auf subtilem Wege durch die Songs geisternde Synthesizer („Séance“) und beunruhigende Geräusch-Samples („Swarm Interlude“) beschwören AMBER ASYLUM eine geradezu unwirklich verzerrte Atmosphäre herauf, die die Thematik kaum besser einfangen könnte. Lediglich im elf Minuten langen Kernstück „Blood Witch“ fasst Mastermind Kris Force die Geschichte in Worte und singt immer und immer wieder dieselbe gefährlich verlockende Melodie, während die langgezogenen, schiefen Streicher den perfekten Soundtrack zu einem grauenvollen Fiebertraum abgeben.

Auf „Breaker Of Rings / Blood Witch“ haben VÖLUR und AMBER ASYLUM die Möglichkeiten, die sich einem durch das Split-Format eröffnen, auf die bestmögliche Weise genutzt. Zwischen dem archaischen Stil von VÖLUR und den obskuren Klangcollagen von AMBER ASYLUM bestehen gerade so viele Schnittpunkte und Unterschiede, dass das Zusammenwirken der beiden Projekte weder allzu vorhersehbar noch völlig abwegig wirkt. Indem die beiden Bands für den gemeinsamen Release nicht einfach nur zweitklassiges Bonusmaterial zusammengekratzt, sondern ihre Kreativität vollkommen ausgereizt haben, ist ihnen ein fantastisches Album gelungen, auf das kein Bewunderer von bahnbrechender Folk-Musik verzichten sollte.

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Publiziert am von Stephan Rajchl

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