Review Vogelfrey – Wiegenfest

Dass die Faszination für die Zeit zwischen 500 und 1500 auch in der härteren Rockszene nach wie vor weit verbreitet ist, wird mittlerweile auch dem verstocktesten Mediävisten nicht verborgen geblieben sein. So reiht sich auch das Debüt von VOGELFREY nun in die Liste der Veröffentlichungen ein, die, wissenschaftlich ausgedrückt, ein schönes Bild von heutigen populären Mittelaltervorstellungen zeichnen. Doch genug der Déformation professionelle.

Seit 2004 existiert die Gruppe, die bisher mit einem Demo vor drei Jahren auf sich aufmerksam machte. Nun geht es gleich mit Labelverstärkung ins Rennen, und „Wiegenfest“ will auf Herz und Nieren geprüft werden. Auffällig wird bald, dass die Grundlage, auf der die Musik der Hamburger steht, etwas härter ist als die der meisten Mittelalterrockbands. So gibt es in mehreren Songs (kurze) Doublebass-Passagen und vereinzelte Growls. Das hat nicht allzu großen Einfluss auf die Stimmung der Songs, denn besonders ernst oder finster ist eigentlich keines der Stücke auf „Wiegenfest“. Mit „Heldentod“ schickt man überdies ein Lied ins Rennen, welches zu 95% von Saltatio Mortis stammen könnte, ebenso ist „Ball der Gehängten“ trotz seines Titels eine sehr heitere typische MA-Rock-Nummer mit bierseligem Gefiedel und Schunkel-Tanz-Passagen.

Bei „Blutgericht“ hingegen versucht man sich ansatzweise an Sozialkritik, die natürlich nicht allzu locker daherkommt. Auch balladeske Elemente fehlen nicht, wie „Im schwarzen Hain“, „Waffenbruder“ und besonders „Puella rufa“ beweisen. Hierbei machen die VOGELFREYen die beste Figur, insbesondere die Streich- und Blasinstrumente setzen die Hamburger Jungs und das Deern sehr überzeugend ein – weniger ist oft mehr. Geschick im Umgang mit dem Gerät kann man der gesamten Band nicht absprechen, auch verfügt man über eine sehr passable Stimme, was ja gerade im Mittelalterrock keine Selbstverständlichkeit ist.

Doch auch „Wiegenfest“ ist nicht ganz frei von Dingen, die den Hörgenuss schmälern. Diese sind vor allem lyrischer Natur, was bei deutschsprachigen (und klar verständlichen) Gruppen nun mal etwas schwerer ins Gewicht fällt. Ist „Heldentod“ noch ungefähr genau so platt wie die erwähnten Karlsruher, erweisen sich „Blutgericht“ und vor allem „Feenfleisch“ als ziemlich tiefe Griffe ins Klo. Vielleicht ist es nur eine sehr, sehr schwer zu entdeckende Art von Humor, aber der Titel, den auch die Website der Band trägt, löst hier, obwohl musikalisch passabel, nicht mehr als Kopfschütteln aus.

Insgesamt gelingt es VOGELFREY jedoch, eine mindestens anständige Debütplatte hinzulegen. Den Hamburgern merkt man an, dass sie nicht erst im letzten Jahr zu einander gefunden haben, und so steht „Wiegenfest“ als eine ziemlich professionelle Scheibe Mittelalterrocks dar, die bei Fans von Saltatio Mortis, In Extremo oder Schelmish auf offene Ohren treffen dürfte.

Wertung: 7 / 10

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