Review Volksmetal – O’zapft is! (Demo)

Dass ich eines Tages einmal eine Lanze für die Volksmusik brechen würde, hätte ich mir auch nicht träumen lassen. Und doch tue ich es hier und jetzt: Volksmusik ist etwas schönes, wer gegenteiliges behauptet hat schlicht keine Ahnung.
Dass dieses Statement wohl bei vielen, wenn nicht den meisten Lesern Unverständnis hervorrufen wird, liegt dabei an der Unsitte, dass der Begriff „Volksmusik“ in den letzten Jahrzehnten einen unfreiwilligen Bedeutungswandel durchgemacht hat und heutzutage quasi äquivalent zum Terminus „Volkstümliche Musik“ oder „Volkstümlicher Schlager“ verwendet wird – einer Unsitte, die dem Ansehen der echten Volksmusik nicht eben zuträglich war.

Um also diesbezüglich Klarheit zu schaffen, zunächst also eine kurze Erklärung der Begrifflichkeiten:
„Volksmusik bezeichnet zum einen die traditionelle, häufig schriftlos überlieferte Musik. Sie ist für bestimmte Regionalkulturen charakteristisch oder wird dafür gehalten. Sie umfasst Volkslieder, instrumentale Stücke und Musik für Volkstanz.
Im allgemeinen Sprachgebrauch umfasst Volksmusik davon abweichend auch volkstümlichen Schlager, also moderne Unterhaltungsmusik mit Elementen der traditionellen Volksmusik. […] Von der Volksmusik unterscheidet sich die volkstümliche Musik neben musikalischen Unterschieden unter anderem dadurch, dass sie von namentlich bekannten Musikern stammt und kommerziell vermarktet wird. […] Volkstümliche Musik entsteht unter modernen Produktionsbedingungen, arbeitet mit akustischen Effekten, die Lieder sind neu und haben keinen geschichtlichen Hintergrund.
[Wikipedia]

Mit anderen Worten: Volksmusik spielt der Heimatverein Hoepfingen beim Trachtenumzug, volkstümliche Musik Omas Schwiegerenkel-und-was-man-sich-noch-alles-garnicht-vorstellen-will-Traum Florian Silbereisen.
Warum aber dieser Exkurs über Begrifflichkeiten und Volksmusik?
Ganz einfach: Weil es auch 2011 noch Querdenker gibt, die ihre Kreativität in den Dienst der Allgemeinheit stellen und die (Metal)welt mit einer Musikrichtung beglücken, die es so „noch nie gab“. Was ja auch gut so ist – kann beispielsweise der Ska-Grindcore von Le Scrawl durchaus als innovative Neuerfindung gutgeheißen werden.
Das Konzept hinter VOLKSMETAL erklärt bereits der Bandname so gut, dass es eigentlich keiner weiteren Worte bedarf – ausser vielleicht, dass VOLKSMETAL sich dabei für die falsche „Volksmusik“ entschieden haben. Denn hätte man für die, ich zitiere, „Zipfellieder aus der Hölle“ echte Volksmusik, also im Sinne traditioneller Komposition, echter anstatt programmierter Instrumente und nicht vollkommen hirnloser Texte als zweite dem Metal beigefügte Komponente verwendet, hätte das Ergebnis durchaus ein interessantes sein können. So jedoch hat man es hier mit nicht mehr als einer geballten Ladung billig klingender volkstümlicher Musik mit Après-Ski-Party-Charakter zu tun, welche sich mehr schlecht als recht mit den für sich genommen reichlich belanglosen Metal-Parts mischt.
Wirklich unerträglich macht das Ganze jedoch erst der furchtbar aufgesetzte und auf Teufel (oder muss ich jetzt sagen „Auf Deibel“?) komm raus auf „boarisch“ getrimmte Gesang, der ungefähr so authentisch anmutet wie das Edelweiß aus Plastik, das wohl jeder der Beteiligten stolz am Hemd trägt:Die Texte über Bier und Weißwürste sind derart klischeeträchtig und platt aufbereitet, dass man von Selbstironie bezüglich der Heimat kaum noch sprechen kann… wüsste man es nicht besser, würde man hinter der ganzen Chose eher noch eine preußische Rufmord-Attacke vermuten. So kalauern sich VOLKSMETAL mit Textzeilen wie „I bin a Bayer, koa Paraguayer, mit meinem kleinen mp3-Plaier, hör ich „Angel of Death“ von Slaier“ derart ungestühm durch die Tracklist, dass man sich fast seiner Herkunft zu schämen beginnt.
Das Niveau liegt hier also bereits im ersten Song zuckend am Boden – bis zum erlösenden Todesstoß dauert es jedoch bereits auf dieser Demo 20 Minuten… im Promoschrieb wird gar mit einem 16-Track-Album für 2011 gedroht.
Was das alles soll? „Himmel Oasch und Zwirn, des geht mir net ins Hirn“.

Wer ein paar verzerrte Gitarren-Akkorde als Metal ansieht und sich am Sonntagmorgen (oder ist der garicht live?) gern im „ZDF-Fernsehgarten“ herumtreibt, sollte hier definitiv reingehört haben. Schließlich ist VOLKSMETAL auch „gnadenlos lustig“, wie der Promoschrieb sicherheitshalber nochmal klarstellt. Und damit man sich in Zukunft nichtmal mehr zwischen „O’zapft is!“ und dem Musikantenstadl entscheiden muss, bitte ich im Namen der Band eindringlich darum, folgendem offenbar ernst- oder witzig gemeinten (was ich schlimmer fände, weiß ich nicht) Aufruf nachkommen:
VOLKSMETAL fia MUSIKANTENSTADL
Ois erste Metoi Band wollen wir in den Musikantenstadl. Bitte schreibt uns a kurze email as ihr uns im Musikantenstadl sehn woit. Mia reichn de Briefe an den Stadl weida und hoffa auf a „JA“ in 2011. Auf geht’s Buam und Mädels, mia braucha eure Unterstützung.
bayernmaiden@volksmetal.de

In diesem Sinne: „Einen wunderschönen guten Abend, meine Damen und Herren – heute sinkt für sie: Das Niveau.“ Das Rentnervolk klatscht, der gequält dreinblickende Musik-Journalist enthält sich der Punktwertung und kommentiert mit einem Zitat:
„Zeit für was Neues, Himmel Oarsch und Zwirn!“ – und zwar im CD-Player…

Keine Wertung

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