Review Weh – Folkloren

Erfreulich: Nachdem es zunächst fast eine komplette Dekade Bandhistorie brauchte, damit Erik E. alias WEH mit „Origins“ das erste Lebenszeichen von sich gab, legte er mit „En Natt Komm Doed“ nur kurze Zeit später nach. Album Nummer drei, schlicht mit „Folkloren“ betitelt, kommt jetzt nach einem noch kürzeren Abstand daher und untermauert die Ausnahmestellung der Band bzw. des Projektes, welches sich im Haifischbecken der ständig brodelnden skandinavischen Metalszene alleine mit akustischen Klängen behauptet.

Zugegeben, hier liegen natürlich einige Mutmaßungen begraben. Trotzdem kann man sich einfach nur zu gut vorstellen, wie die Jungs von Immortal, Darkthrone oder Borknagar nach einem anstrengenden Arbeitstag nach hause geschlichen kommen und zu „Folkloren“ erstmal ein ruhiges Bier trinken. Den potentiellen Käufer in Deutschland interessiert aber wohl mehr, ob es Unterschiede zum Vorgänger gibt, was die Platte eventuell besser macht und warum man sie auf jeden Fall kaufen sollte.
Nun, bei akustischem Folk Rock ist ein überraschender Innovationsschritt nicht so ohne weiteres möglich. Akustikgitarre und los, ein paar Vocals und fertig ist die Lagerfeuerstimmung. Ohne damit jetzt veralbernd klingen zu wollen, mit diesem Grundrezept liegt man so falsch nicht. Erik klämpft sich fröhlich (naja, oder auch nicht so fröhlich) durch die acht Songs, die gute 40 Minuten Spielzeit mitbringen und damit schon ein anständiges Album gefüllt bekommen.
Die Technik teilt er dabei etwa 50/50 ein: teilweise wird gezupft, teilweise werden die Akkorde offen gespielt. Qualitätsunterschiede würde ich alleine daran nicht festmachen wollen. Geschrubbt klingt die Gitarre etwas stürmischer, da serviert WEH die Songs mit einer dezenten Härte, trotzdem ist es nicht mehr oder weniger emotional, als wenn die Saiten einzeln angespielt werden. Auch wenn sich diese Technik vielleicht etwas anspruchsvoller anhört. Ohnehin liegt der Hauptunterschied zu „En Natt Komm Doed“ in der deutlichen Verfeinerung der Gesangsstrukturen bzw. der Stimme an sich. Röhrte Erik auf dem Debüt auch zur akustischen Gitarre hier und da noch wie der berühmte Elch, besinnt er sich nun auf seine wunderbar natürliche, klare Stimme. Wie aus dem Grab spricht er zum Hörer, auch wenn das Konzept sich auf „Folkloren“ nicht um den Tod als solchen dreht. Beachtlich, wie er Emotionen, Melodien und Atmosphäre alleine mit Worten auszudrücken vermag. Hiervon lebt die Platte und wenn Erik so weiter macht, kann darauf eine ganze Karriere fußen, auch wenn sie alleine aufgrund der Spielart vermutlich überschaubar sein dürfte.

Braucht es einen Wehrmutstropfen? Na klar, denn aller Heimatverbundenheit zum Trotz, für den mitteleuropäischen Hörer gehen die Lieder in norwegischer Mundart wesentlich schwerer ins Ohr. War der Anteil der Muttersprache auf „Origins“ noch denkbar klein, war es auf „En Natt Komm Doed“ bereits mehr als die Hälfte (nicht umsonst war „What Is Written“ der beste Song auf dem Vorgänger). Hier hält es sich die Waage, mehr Aufhorchen können aber die englischen Songs für sich verbuchen. Ansonsten…nun, akustischer Folk bleibt für mich das nette Bonbon zwischendurch, auch wenn man sich hier und da etwas Entspannung wünscht, kann man Scheiben wie „Folkloren“ nun auch nicht jeden Tag hören, zu schnell nutzten sie sich aufgrund ihrer Limitierung vor allem im instrumentellen Bereich ab. Dies ist jetzt nicht als direkte Kritik auf WEHs Drittwerk zu verstehen, aber einfach eine nüchterne Feststellung, dass die Platte im Ganzen etwas mehr Abwechslung bräuchte, um in der allerobersten Liga der diesjährigen Releases mitspielen zu können.

8,5/10

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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