„Amazon Merch On Demand“ – Vorsicht vor Bootleg-Shirts!

Steigende Produktionskosten und Merch-Cuts von Konzertlocations sind derzeit in aller Munde (siehe auch: Von Merch und Margen: Wer verdient an Bandshirts?). Nun scheint ein weiteres Problem hinzugekommen zu sein, das Bands die Einnahmen an ihrem Merchandise streitig macht: Bootleg-T-Shirts auf  Amazon Merch On Demand.

Der Service, der vom Onlineshop-Giganten Amazon angeboten wird, bietet kreativen Köpfen die Möglichkeit, ihre Designideen als Shirtmotive anzubieten, die erst dann auf Kleidung gedruckt werden, wenn der Kunde oder die Kundin das Motiv auf ihrem Wunsch-Rohling bestellt haben. Das Problem daran: Amazon fühlt sich für die hochgeladenen Inhalte nicht verantwortlich. Eine Kontrolle, ob der Uploader auch die Rechte an den Motiven hat, findet augenscheinlich nicht hinreichend statt.

Screenshot von https://merch.amazon.com/

In seinen FAQs zu Amazon Merch On Demand  werden, betont flapsig, künftigen „Content Creators“ die Grundzüge von Copyright und geistigem Eigentum erklärt: „[…] müssen Sie über eindeutige, dokumentierte Rechte verfügen, wenn Sie geistiges Eigentum mit Amazon Merch on Demand nutzen möchten. Hertha BSC ist sicherlich ein toller Verein – trotzdem können Sie seinen Namen, sein Logo oder sein Markenzeichen ohne die ausdrückliche, dokumentierte Genehmigung des Vereins nicht in einem Design, Produktnamen, Markennamen, Keyword oder in einer Produktbeschreibung auf Amazon Merch on Demand verwenden.“

Doch der Online-Händler entzieht sich zugleich jedweder Verantwortung. Denn weiter heißt es dort: „Letztlich sind Sie selbst dafür verantwortlich, dass Sie über alle erforderlichen Rechte am entsprechenden geistigen Eigentum verfügen, wenn Sie ein Design über Amazon Merch on Demand einreichen.  Sie können nicht davon ausgehen, dass Sie ein Bild ohne Genehmigung des Eigentümers gewerblich nutzen dürfen, nur weil Sie es im Internet gefunden haben. Werke können auch ohne Urheberrechtsvermerk urheberrechtlich geschützt sein. Bevor Sie die Arbeit einer anderen Person kopieren, müssen Sie deren Genehmigung einholen.  Wenn Sie unsicher sind, ob Sie alle erforderlichen Rechte besitzen, um etwas in einem Design zu verwenden, wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt.“

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Amazon rät den Content Creators weiterhin, nur Inhalte einzureichen, für die sie auch die Rechte besitzen, also „frische, neue Inhalte“ zu erstellen. Denn bei der Verwendung markenrechtlich geschützter Inhalte könnte ein Design möglicherweise abgelehnt werden. In der Realität scheint dieser „Upload-Filter“ allerdings alles andere als gut zu funktionieren – während es unter Content Creators zumindest so viele schwarze Schafe gibt, dass auf Amazon Merch On Demand mittlerweile unzählige nicht lizensierte Merch-Artikel zum Kauf angeboten werden. Wo Bootleger früher Stände vor Konzerthallen aufbauen und Angst vor der Polizei haben mussten, können Bootlegs nun augenscheinlich ohne Weiteres über den größten Onlineversandhandel der Welt vertrieben werden. Die Bands gehen dabei einmal mehr leer aus – oder haben sogar Kosten, wenn sie gegen die angebotenen Artikel mit einem Anwalt vorgehen. Dies wird aus Instagram-Posts der Bands Pascow und Turbostaat klar.

Pascow posteten dort etwa am 19. März: „Amazon verkauft unter dem Namen „Amazon Merch on Demand“ Pascow Shirts und Pullover, die nicht von uns sind. Weder wir, noch unsere Grafiker*innen haben diesem Angebot zugestimmt. Offiziellen Merch von uns gibt es nur bei @tanteguerilla, @coretexrecords , @plasticbombfanzine und natürlich bei unseren Konzerten. Bei unseren Artikeln achten wir auf Stoffqualität, Schnitt und den Herstellungsprozess, auf die Artikel, die Amazon anbietet haben wir in dieser Hinsicht keinerlei Einfluss. Wisst ihr Bescheid. Danke für Euer Verständnis und Eure Unterstützung!“

Screenshot von https://www.instagram.com/turbostaat/

Turbostaat veröffentlichten am 21. März folgendes Statement: „Alter, @amazonde. Wir finden ja eigentlich immer geil, wenn Leute sich eigene Shirts von uns drucken/malen/nähen, weil sie keine Kohle haben, oder einfach kreativ sind und Bock haben. Wir finden auch selbstgemachte Buttons und Aufnäher super, die irgendwelche Leute für einen schmalen Euro neben ihren Plattenkisten auf Konzerten verkaufen. Wir sind eigentlich IMMER Fans von inoffiziellem Merch. Wenn aber ein Unternehmen angeschissen kommt, das über 500 Milliarden Euro im Jahr umsetzt, uns die Motive klaut, diese dann wahllos auf arschhässliche Shirts klatscht und am Ende sogar die eventuellen Erlöse in die eigene Tasche steckt – da fällt einem wirklich nichts mehr zu ein… Anzeige ist raus! (Und das Bittere daran ist, dass uns die Anwaltskosten wirklich wehtun und die Abmahnung bei euch vermutlich auf dem Tisch einer schlechtbezahlten Hilfskraft landet). Echtes Merch nur über turbostaat.de – oder selbermachen! #turbostaat“

Die beiden Bands scheinen eher die Spitze des Eisbergs denn die einzigen Betroffenen zu sein: Auch von DER WEG EINER FREIHEIT gibt es beipielsweise über Amazon Merch On Demand „Merchandise“ zu erwerben – auf Nachfrage von Metal1.info bestätigt die Band, davon weder gewusst zu haben, noch die Designs dort inseriert zu haben.

Für Betroffene ähnlicher Design-Diebstähle bietet Amazon zumindest für jede Länder-Page ein eigenes Online-Formular an:

Ob Meldungen dann auch verfolgt werden und entsprechend monierte Artikel aus dem Sortiment genommen werden, muss ich erst noch zeigen. Bis dieses Problem gelöst ist, sollten Fans beim Merch-Kauf jedenfalls besonders vorsichtig sein, um nicht auf Betrüger hereinzufallen – und gerade bei kleineren Bands lieber erst einmal direkt nachfragen oder über offizielle Shops bestellen.

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4 Kommentare zu “„Amazon Merch On Demand“ – Vorsicht vor Bootleg-Shirts!

  1. Von mir werden mehrere Illustrationen ohne Genehmigung bei Amazon angeboten. Wer der Creator ist bekommt man nicht raus. Ich kann lediglich das Motiv melden.
    Oder gibt es eine Möglichkeit den Creator ausfindig zu machen?

    1. Da bin ich ehrlich gesagt überfragt … eventuell helfen die Amazon guidelines bzw Kundenservice o.ä., aber in der Regel ist man mit sowas bei solchen Großkonzernen ja auf verlorenem Posten …

  2. Das ist jetzt ein wenig peinlich, aber so ging es mir letzte Woche. Da habe ich zwei Longsleeves gesucht und bin bei wem gelandet? Genau da. Bestellt habe ich am Ende nichts, eben weil ich mir ziemlich sicher war, dass die nicht Original sind. Hatte was von den alten Shirts, die man damals auf der Kirmes kaufen konnte. Schön, dass mein Riecher recht hatte.

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