Interview mit Alexander von Aethernaeum

Neuer Name, alte Qualität: Aus ALEXANDER PAUL BLAKE wurde eine „richtige“ Band, dem ausgesprochen gehobenen Standard blieb man mit „Wanderungen durch den Daemmerwald“ treu. AETHERNAEUM-Kopf Alexander stellte sich zum Interview, gibt sich wie gewohnt sehr auskunftsfreudig und spricht über die veränderten Rahmenbedingungen, Emotionen in der Musik, Inspirationen und Zukunftsaussichten.

Grüß Dich, Alexander, und vielen Dank, dass Du Dir mal wieder die Zeit nimmst, meine Fragen zu beantworten. Ich muss schon zugeben, allmählich gehen mir die Eröffnungsfloskeln etwas aus!
Danke dafür, dass ich mich an dieser Stelle mal wieder deinen Fragen stellen kann und wer braucht schon Eröffnungsfloskeln…

Es gibt nicht viel Musiker, die ein Album in einem Interview ankündigen und den Termin dann sogar einhalten. Die obligatorische Frage: wie hast Du es geschafft, nach nicht einmal einem Jahr schon den Nachfolger von „Die Rückkehr ins goldene Zeitalter“ fertigzustellen?


Disziplin? Oder vielleicht half die Tatsache, dass ich ein passionierter Workaholic bin? Oder doch, dass wir im Gegensatz zu Bands, die ständig auf Tour sind, einfach mehr Zeit für die Studioarbeit haben? So oder so … ich bin schon so ein Getriebener, der kaum, dass ein Album im Kasten ist, wieder über das nächste sinniert. Entsprechend sitze ich in jeder freien Minute im Studio und arbeite an neuen Songs. Ein bis zwei neue Alben pro Jahr finde ich aber durchaus im Rahmen. Angst machen mir Musiker, die noch schneller sind!

Die Zeit zwischen den beiden Alben war also sehr kurz, dennoch unterscheiden sich beide Platten schon erheblich voneinander oder liege ich da falsch?
Für mich ist ‚Wanderungen durch den Daemmerwald‘ konzeptionell und musikalisch eine Weiterführung des Alexander-Paul-Blake-Albums ‚Die Rückkehr ins Goldene Zeitalter‘, aber die neue Scheibe klingt wesentlich ausgereifter, atmosphärischer, dichter, detaillierter und einfach überzeugender, finde ich. Beim ersten Album habe ich bewusst spontan und spartanisch gearbeitet und meinen sonstigen Perfektionismus außen vor gelassen, um ein ursprüngliches, archaisches Black-Metal-Feeling zu erzeugen. Diesmal dagegen habe ich mir viel mehr Zeit genommen und wieder mit mehr Liebe zum Detail gearbeitet, da ich bei ‚Die Rückkehr …‘ schnell das Gefühl hatte, das kann ich noch viel besser – und das wollte ich der Welt zeigen. Dadurch sind auf der neuen CD pro Song auch deutlich mehr Spuren und es gibt mehr zu entdecken. Dass ich mit Markus Freitag nun einen Cellisten fest im Line-Up habe, macht sicher auch einen Unterschied, da das Cello den Sound deutlich färbt.

Wo siehst Du selber die Hauptunterschiede? Mir kommt es so vor, als seien die Songs insgesamt etwas langsamer, epischer und, ja, auch in gewisser Weise romantischer? Kalkül oder natürliche Entwicklung?
Das würde ich durchaus unterschreiben, wenngleich es auch auf diesem Album wieder sehr schroffe Black-Metal-Elemente gibt, man höre sich nur einmal den Song ‚Waldaura‘ an. Aber das war keine bewusste Entwicklung. Ich hatte die Veränderungen nicht geplant, sie sind einfach passiert. Ich wusste vorher nur, dass ich mehr Mühe in die Produktion, den Sound und die Arrangements stecken werde, da es mir diesmal nicht wichtig war, ein rohes, ursprüngliches Black-Metal-Album zu machen, sondern das bestmögliche Album zu machen, das mir möglich ist. Und ich bin nun auch nach einigen Wochen Abstand noch mit jedem Detail zufrieden, was beim Vorgänger irgendwann nicht mehr der Fall war.

Hast Du schon beim Schreiben der Musik gespürt, dass Dir diesmal ein richtig großartiges Album gelungen ist oder merkt man das erst dann, wenn man die Songs am Stück als fertige CD hört?
Das denke ich eigentlich bei jedem Album ;-) Meistens kommt dieses Gefühl während des Mixens auf, denn beim Songwriting klingt vieles noch unfertig und man muss sich zahlreiche Details noch dazu denken. Aber es stimmt schon, dieses Mal war das Gefühl, etwas Besonderes erschaffen zu haben, noch deutlicher und es hält bislang an. Das ist sehr schön. Auch das Artwork ist diesmal sehr besonders geworden und wird der Musik gerecht. Die reguläre CD durfte ich schon in den Händen halten und bin sehr zufrieden. Auf das Artbook warten wir gerade noch, aber wenn auch drucktechnisch alles so wird, wie es werden soll, wird es richtig edel.

In wie weit färbt Deine persönliche Lebenssituation Eure Musik? So vielseitig, wie Du Songs schreibst, muss man ja fast denken, dass Du beinahe jedes Jahr ein neuer Mensch wirst!
Nein, ich denke, ich bin schon grob derselbe. Ich bin wohl einfach ein musikalisches Chamäleon, das sich sehr gut in verschiedene stilistische Szenarien versetzen kann, sodass die Songs meiner Bands sehr unterschiedlich klingen. AETHERNAEUM ist auch nur bedingt autobiographisch. Natürlich spielen meine eigene spirituelle Suche und meine Sehnsüchte in die Texte mit hinein, aber ich verarbeite keine konkreten Erlebnisse oder Ereignisse, sondern sehe mich eher als Maler, der mit Klängen malt. Die Musik soll von mir als Person getrennt wahrgenommen werden, was auch ein Grund für die Namensänderung war, da ich den Eindruck hatte, dass bei einem Projekt unter eigenem (Künstler-) Namen der Macher zu sehr im Mittelpunkt steht. Und mein Musikgeschmack ist in der Tat sehr vielseitig und umfasst unzählige Stile, auch weit über den Metal-Bereich hinaus…

Ich finde das Album neben seinen anderen Qualitäten vor allem in sich sehr stimmig, die Songs passen wie selbstverständlich zueinander, ohne aber zu gleichförmig zu klingen. War es Dein Anliegen, dem Album eine größtmögliche Homogenität zu verleihen? Liegt es daran, dass der Songwritingprozess sehr schnell ablief?
Das kann ich so nicht sagen. Ich habe nicht bewusst versucht, homogene Songs zu schreiben, die Stücke haben eher wie von selbst so zueinander gefunden. Letzten Endes musste ich nicht mehr machen, als die Ideen fließen lassen. Entweder, die Muse küsst einen und es läuft oder eben nicht. Alben planen zu wollen, klappt meistens nicht, da am Ende doch alles ganz anders kommt. Ich habe zwar auch immer gewisse Vorstellungen, lasse mich aber auch gerne von der Musik leiten, wenn sie meint, in andere Gefilde zu wollen. Dass das Songwriting recht schnell lief, liegt daran, dass das Tor zur Ideenwelt weit offen war.

Du hast das Projekt umbenannt, nachdem Du eine komplette Band aus „Alexander Paul Blake“ geformt hast. Wirst Du als Perfektionist im positiven Sinne denn zukünftig etwas von den Arbeiten an Deine Mitmusiker abgeben?
Ja, das habe ich ja schon bei diesem Album, das ich ja nicht komplett alleine kreiert habe. Sicher, die Initialzündung kommt immer von mir, aber erst durch den Einfluss meiner Mitmusiker ist das Album zu etwas ganz Besonderem geworden, wage ich zu behaupten. Künftig wollen wir auch eher wie eine Band agieren als wie ein Soloprojekt. Allerdings ist es mir wichtig, schon das letzte Wort zu haben und den Weg vorzugeben, denn komplette Demokratie führt meiner Ansicht schnell ins Chaos oder zu einer Verwässerung der ursprünglichen Vision – das ist glücklicherweise auch für alle okay so, zumal sie sich ja in eigenen Projekten auch noch anderweitig ausleben.

Lagen Deine Inspirationen dieses Mal anders als beim Debüt?
Nein, ich möchte mit diesem Projekt spirituelle, intensive, atmosphärische Musik machen, die das Tor zu einer anderen (vielleicht sogar transzendenten) Welt aufstößt und den Hörer gedanklich in archaische Gefilde führt. Daher sind die Naturverbundenheit und die spirituelle Komponente wichtige Grundpfeiler. Musikalisch gesprochen sind es nach wie vor Bands wie Wolves In The Throne Room, Burzum, In The Woods…, Kvist, Empyrium oder frühe Emperor, die mich inspirieren, was jedoch nicht heißt, dass ich sie konkret nachahme. Ich lasse mich einfach von meinen musikalischen Idealen leiten, die von diesen Bands ein Stück weit geprägt sind, und versuche, etwas Eigenes daraus zu erschaffen.

Lässt Du Dich in textlicher Hinsicht eigentlich auch von anderen Bands inspirieren oder gilt das generell eher für das Musikalische?
Ich glaube, man sollte den Einfluss anderer Bands generell nicht überbewerten. Den Fehler machen junge Bands häufig, dass sie versuchen, genauso zu klingen wie ihr Lieblingsbands, dabei aber vergessen, etwas Eigenes in ihre Musik zu bringen. Daher lasse ich mich beim Songwriting einfach treiben und mache die Musik, die mir selbst gefallen würde. Und da mir die genannten Bands gefallen, lassen sich gewisse Parallelen nicht verleugnen. Aber das war es dann auch. Die Texte sind eher von Lyrik beeinflusst als von Bands, denn bekanntlich bin ich ein Liebhaber der Romantik und generell von schöner Poesie. Das färbt natürlich auch auf die Texte ab, die teilweise auch als Gedichte funktionieren und in denen ich stets eine poetische, feierliche Sprache bemühe.

Ist die „Wanderung durch den Dämmerwald“ die Suche (oder sogar das Finden) des Individuums nach sich selbst oder welches Konzept liegt zu Grunde?
Das möchte ich dem Hörer nicht vorschreiben, jeder soll ruhig seinen eigenen Zauberwald im Kopf erschaffen, während er/sie das Album hört. Ob man dabei Antworten oder Erkenntnisse findet oder einfach nur die Musik genießt, bleibt jedem selbst überlassen – es ist beides legitim. Auf jeden Fall kann der Daemmerwald auf verschiedenen Ebenen gesehen werden. Zum einen natürlich als realer Wald, denn die unberührte Natur ist eine wichtige Inspirationsquelle für AETHERNAEUM, zum anderen aber auch als der eigene Geist, in den man sich begibt, oder gar als eine Art jenseitige Parallelwelt. In den Texten verschmelzen die Ebenen häufig.

War es ein Ziel (unter anderen), die Emotionen sehr greifbar zu machen?


Ist das nicht immer das Ziel, wenn man Musik macht? Als Künstler legt man doch immer eigene Gefühle in die Musik und teilt sich so seinen Hörern mit bzw. versucht vielleicht sogar, Unsagbares durch die Sprache der Musik zu übermitteln. Wenn das gelungen ist und die Emotionen im Falle von ‚Wanderungen durch den Daemmerwald‘ besonders greifbar geworden sind, ist das natürlich schön zu hören, aber wie gesagt, das versucht man immer.

Empfindest Du das Album selber eigentlich im positiven Sinne auch als „emotional anstrengend“? Ich muss sagen, wenn ich die Songs gehört habe, fühle ich mich regelrecht erschöpft.
Nein, ich freue mich, wenn ich die Songs höre. Ich empfinde sie auch als sehr intensiv, aber für haben sie etwas sehr Erbauliches und Erhabenes, das mir hilft, mich gut zu fühlen. Hinzu kommt natürlich auch ein gewisser Stolz beim Hören der Musik. Wenn man sich überlegt, dass man vor einigen Monaten mal mit buchstäblich einem weißen Blatt Papier im Studio saß und sich klar macht, was daraus wurde, ist das schon der Wahnsinn. Oft frage ich mich selbst, wo die Songs eigentlich herkommen, da ich das Gefühl habe, dass sie viel größer sind als ich selbst – es ist als wäre ich nur ein Medium, das den Stücken zum Leben verhilft, letzten Endes sind sie aber selbst lebendig.

Gibt es für Dich einen Song oder einen Text, der Dir besonders wichtig ist?
Das ändert sich immer mal wieder. Letzten Endes empfinde ich dieses Mal aber keinen Song als schwächer oder stärker als die anderen. In allen steckt unheimlich viel Zeit und Energie und ich habe keinen rausgegeben, bevor ich nicht das Gefühl hatte, der Song muss genau so und nicht anders klingen.

Wie wichtig ist Dir bei AETHERNAEUM die Message an den Hörer? Ich persönlich finde, dass Ihr schon einiges zu sagen habt, aber dies in einer angenehm zurückhaltenden Art und Weise tut.
Danke. Das ist schön zu hören. Ja, es sind gewisse Botschaften in der Musik – oder anders gesagt, ich verpacke automatisch immer meine eigene Weltsicht oder Philosophie in den Texten. Das geschieht oft schon unbewusst und mal direkter, mal zu zwischen den Zeilen. Ich denke, bei AETHERNAEUM macht das Zusammenspiel aus Musik, Texten und Artwork auch ein Stück weit die Botschaft aus und die muss sich am Ende jeder selbst zusammenreimen, zumal es da auch kein richtig oder falsch gibt, da hat jeder seine eigene Wahrheit, und so soll es auch sein. Ich bin kein Prophet, daher ist es ganz gut, wenn die zu direkten Textanteile in der Minderheit sind.

Was hältst Du generell von Genreeingrenzungen? Ich muss sagen, mir würde es schwer fallen, das Album einer Spielart zuzurechnen, auf der anderen Seite muss eine CD natürlich irgendwie auch beworben werden, oder?
Da habe ich im Fall von AETHERNAEUM eigentlich gar kein Problem mit, weil ich finde, dass dies das erste meiner Projekte ist, das nicht zwischen den Stühlen sitzt, sondern sehr gut in eine Schublade passt. Wir nennen es naturmystischen Folk Black Metal, und ich finde, wir haben auch innerhalb dieser Schublade genug Platz zur freien Entfaltung. Von daher haben wir das ja auch immer sehr konkret in die Infos, auf die Webseite und in die Werbung geschrieben. Ich finde die Bezeichnung passt und ich empfinde es auch eher als Bestätigung unserer Arbeit, wenn uns die Leute dort einordnen, denn als Eingrenzung. Der eine oder andere genreefremde Einfluss lässt sich bei mir eh nicht vermeiden.

Du bist immer sehr bescheiden und räumst zwar ein, eine gewisse Ahnung von Soundgeschichten zu haben, gleichzeitig aber ein eher mittelmäßiger Musiker zu sein. Ist aber für die Musik, die Ihr kreiert, nicht viel eher ein gutes Händchen im Songwriting entscheidend, immerhin halten Songs wie „Auf den Nebelfeldern“ oder „Waldaura“ die Spannung über zehn Minuten hoch und werden nicht eine Sekunde langweilig.
Ich bin definitiv nur ein mittelmäßiger Musiker, wenn man das rein technisch betrachtet, da ich es bei keinem Instrument zu einem Status gebracht habe, den ich auch nur annähernd als „gut“ bezeichnen würde. Das soll nun kein Understatement sein, ich denke, da bin ich durchaus objektiv. Es liegt daran, dass es mich schon immer mehr interessiert hat, möglichst schnell fertige Songs zu haben als monatelang irgendwelche Skalen zu dudeln oder Fingerübungen zu machen. Dafür fehlt mir die Geduld. Aber meine Fähigkeiten reichen für die Musik, die ich mache, und außerdem habe ich ja im Studio auch die Möglichkeit, mal mehr als einen Take einzuspielen, bis es passt. Ohne eingebildet klingen zu wollen, würde ich aber in der Tat behaupten, ein gutes Gespür fürs Songwriting, Produktionen und Arrangements zu haben. Ich bekomme da immer recht schnell sehr konkrete Vorstellungen und weiß intuitiv, was ich machen muss, bis ein Song (in meinen Augen) gut ist – zumindest in meinen Augen.

Welche musikalischen Visionen hast Du noch für die Zukunft? Prinzipiell hast Du ja einige Betätigungsfelder, wäre es andererseits auch denkbar, dass Du noch mal etwas völlig Anderes machst?


Denkbar ist das immer. Ich hoffe, ich werde noch viele Jahre in dieser materiellen Hülle auf diesem Planeten wandeln und die Möglichkeit haben, noch zahlreiche Alben zu machen. Lust hätte ich auf so vieles, aber mir fehlt oft die Zeit, da die Musik ja nach wie vor eine reine ‚Freizeitbeschäftigung‘ ist, sodass ich mich künftig erst mal darauf beschränken möchte, mit Eden Weint Im Grab und AETHERNAEUM die nächsten Werke nachzulegen. Ich denke, beide Bands haben noch ein enormes Potenzial – auch dank meiner Mitmusiker, EwiG haben ja z.B. gerade eine ganz neue Besetzung, die uns sehr viele neue Möglichkeiten gibt. Mein künstlerischer Weg erscheint mir in der Rückschau wenig gradlinig, weil es mich instinktiv immer wieder zu neuen Projekten und Alben außer der Reihe gezogen hat, da würde ich künftig gerne etwas mehr Konsistenz reinbringen.

Welche Möglichkeiten ergeben sich nun, da Ihr eine „komplette“ Band seid? Werdet Ihr vermehrt live unterwegs sein?
Ja, das ist der Plan. Unsere AETHERNAEUM-Live-Premiere findet auf dem diesjährigen WGT statt. Wir üben gerade das Programm. Danach sollen natürlich viele Auftritte folgen, denn uns ist klar, dass wir viele Leute nur so erreichen. Andererseits ist es ohne renommierte Booking-Agentur heutzutage schwer, überhaupt an passable Auftrittsmöglichkeiten zu kommen, selbst wenn man als Band unbedingt viel spielen will. Aber bisher sind die Pressereaktionen schon mal umwerfend gut und wir hoffen, dass uns das auch auf der Booking-Ebene etwas hilft und uns der eine oder andere Veranstalter eine Chance gibt.

Verlassen wir gegen Ende die Musik mal ein wenig, Du hast ja immer auch ganz interessante Ansichten zu weltpolitischen Themen. Aktuell macht mal wieder Korea-Konflikt zu schaffen, wie würdest Du die Situation dort beurteilen und was könnte getan werden, um die Probleme zu lösen?
Ehrlich gesagt habe ich mich mit Politik in den letzten Monaten nur noch sehr wenig beschäftigt, weil ich der immer gleichen Problematik in Verbindung mit dem eigenen Gefühl der Hilflosigkeit doch etwas überdrüssig geworden bin. Ich weiß nicht, wie sich solche Probleme lösen lassen. Ich fürchte, sie sind unausweichlich, solange so viele unreife, egozentrierte Menschen diesen Planeten bevölkern, die aus ihrer kleingeistigen Weltsicht, in der sich alles um Macht, Ruhm, Geld und Ehre dreht, nicht ausbrechen können. Letzten Endes wäre alles so einfach, wenn alle Menschen nach dem Motto verfahren würden, dass sie anderen nichts antun, was sie auch selbst nicht erleiden möchten – die Masochisten mal ausgenommen ;-) Ich würde ja global alle Waffen vernichten, Armeen verbieten und nach dem Motto verfahren, stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin, aber mir ist klar, dass es so einfach in der Praxis nicht ist … aber ich bin ja glücklicherweise kein Politiker, sondern Musiker…

Ähnlich schwierig sieht es im Nahen Osten aus, Israel und Palästina scheinen keinen Frieden finden zu können (oder zu wollen). Ist der amerikanische Präsident (wer auch immer es sein mag) möglicherweise nicht der richtige Mann, um dort zu vermitteln?
Nein, vermutlich nicht, denn wer sich als große Weltpolizei aufführt und dabei eigentlich nur die eigenen imperialistischen Ziele verfolgt, braucht sich nicht zu wundern, wenn er letzten Endes nur noch mehr Chaos auslöst und die Quittung dafür bekommt. Eigentlich finde ich ja die Politik der Schweiz, die sich aus allem raus hält, sympathisch. Aber auch da stellt sich die berechtigte Gegenfrage, was würden wir tun, wenn ein Land komplett austickt und sich einbildet, den Rest der Welt unterjochen zu wollen – dann wären wir mit dieser Taktik schnell verloren. Aber andererseits denke ich mir, aus spiritueller Sicht machen diese Konflikte schon alle Sinn. Ich glaube an Reinkarnation und daran, dass sich jeder sein Lebensszenario selbst auswählt, um gewisse Erfahrungen sammeln zu können. Und wenn es die Wahl gewisser Leute ist, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen, sollte man sie das tun lassen. Sie werden irgendwann darüber hinwegkommen – wenn auch in einem späteren Leben. Wie gesagt, ich habe keine Patentlösungen für die Probleme der Welt, daher sollte man meine Worte dazu besser nicht auf die Goldwaage legen.

Ein Thema, welches Dir sicher besonders am Herzen liegt, ist die Nahrungsproblematik in der dritten Welt. In Afrika gibt es mit einer Regelmäßigkeit Konflikte, bei denen zunehmend Nahrungsmittel und vor allem Wasser im Mittelpunkt stehen. Wäre hier die „erste“ Welt nicht viel mehr gefragt? Möglichkeiten gäbe es sicher viele.
Ich habe gelesen, dass die ganze Hungerhilfe und die Spenden letzten Endes nicht viel bringen, da sie oft in den falschen Kanälen landen. Laut dieser Berichte wäre den Ländern viel mehr geholfen, wenn man ihnen Hilfe zu Selbsthilfe anbietet und sich ansonsten raus hält, da die meisten dieser Länder durchaus in der Lage wären, sich selbst zu ernähren, wenn die politischen Konstellationen anders wären. Ein anderes Problem ist, dass oft Weideflächen in solchen Ländern verwendet werden, um den hiesigen Fleischkonsum zu bedienen, sprich: Der Westen beutet viele Dritte-Welt-Länder in aus, wo es nur geht – auch finanziell natürlich über Kredite usw. Das müsste man im Grunde zuerst stoppen. Aber ich glaube, auch dieses Thema ist zu komplex, um es bei einem Interview in ein paar Worten adäquat zu erläutern.

So, die Fragen hätten wir somit durch, ich hoffe, Du bist noch fit für das altbekannte Wortspiel, Du kennst das Procedere, einfach die ersten Gedanken zu den folgenden Begriffen, diesmal habe ich ein paar unterschiedliche Bands ausgewählt:
Emperor: „In The Nightside Eclipse“ ist eines der besten Black-Metal-Alben, die ich je gehört habe.
Sigur Rós: Sind für mich der Inbegriff spiritueller Musik, wenn auch mit ganz anderen Mitteln als AETHERNAEUM.
Metallica: Habe ich in meiner Jugend sehr viel gehört, vor allem die Scheiben von „‚Kill ‚Em All“ bis hin zum schwarzen Album – daher auch heute noch hin und wieder ein gerne gesehener Gast in meinem CD-Player.
Heaven Shall Burn: Ich tue mir generell schwer mit Metalcore, da für mich alle Bands gleich klingen, besonders gesanglich, aber Heaven Shall Burn machen ihre Sache auf jeden Fall gut und haben meinen vollen Respekt, da sie es irgendwie geschafft haben, in diesem Bereich ihre eigene Liga zu gründen.
Anathema: Auch eine meiner Faves, da ließe sich wohl der Kommentar von Sigur Rós copy-pasten!

So, jetzt sind wir endgültig durch, Du kannst Dich vom Interview erholen und fange vielleicht schon mal mit dem Fragensammeln für das nächste an! Die letzten Worten gehören selbstverständlich Dir.
Ich bedanke mich für die vielfältigen, gut durchdachten Fragen und wünsche dir und allen Lesern alles Gute. Auf http://www.aethernaeum.de gibt es ein paar Hörproben und demnächst auch einen Videoclip zu einem der neuen Songs. Würde mich freuen, wenn der eine oder andere mal reinhört.

Publiziert am von Jan Müller

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