Interview mit Anna Katharina Kränzlein

Aller guten Klänge sind drei. Doch manchmal will gut Ding mehr Weile haben als gedacht. So auch im Falle des dritten Albums von ANNA KATHARINA KRÄNZLEIN: Durch ihre Schwangerschaft und die Geburt ihrer Tochter musste die Künstlerin ihre neueste Klassikveröffentlichung „Dreiklang“ auf den Herbst verschieben. Im Gespräch mit uns berichtet die Ausnahmegeigerin nun ausführlich über ihr Werk und was sich seit „Neuland“ und „Saitensprung“ in ihrer Musik und ihrem Leben verändert hat.


Seit deinem letzten Album „Saitensprung“ sind drei Jahre vergangen. In dieser Zeit hat sich vor allem privat bei dir einiges verändert. Du bist u.a. Mutter geworden und inzwischen in den Bayerischen Wald gezogen. Wie hat sich das auf „Dreiklang“ und das Songwriting ausgewirkt?
Gar nicht :-)
Das Songwriting war schon abgeschlossen und die CD quasi schon im Kasten bevor ich umgezogen bin bzw wusste, dass ich Nachwuchs bekomme. Die CD sollte ursprünglich schon im Februar rauskommen.

Wie verhält sich „Dreiklang“ im Vergleich zu „Saitensprung“ und deinem Debüt „Neuland“?
Wir haben die neuen Songs dieses Mal alle im Vorfeld live auf der Bühne ausprobiert, um dann wieder am Arrangement zu arbeiten und ihnen den nötigen Feinschliff zu verpassen. Ich liefere zwar zu den meisten Titeln die Grundideen (bis auf „Eros“, ein wunderschönes Stück von meinem Bassisten Michael Ende), aber wir haben im Trio das daraus gemacht, was nun zu hören ist. Außerdem spiele ich auf „Dreiklang“ neben Geige und Drehleier auch erstmals Klavier und singe öfter.

Am Schlagzeug gab es bei dir einen recht regen Wechsel. Inzwischen sitzt dort Philipp Renz, doch auch Leonhard Schwarz hat auf dieser Position noch an „Dreiklang“ mitgewirkt. Mit Michael Ende am Bass arbeitest du hingegen seit 2008 zusammen, sowohl live als auch im Studio. Wie hat sich das wechselnde Bandgefüge auf dein Soloprojekt ausgewirkt?
Aus Gründen, die ich hier nicht nennen will, scheiden sich manchmal Wege. Wir hatten eine wunderschöne Zeit mit Leonhard am Schlagzeug, und er hat auch viel am Songwriting mitgewirkt. Als klar war, dass wir einen neuen Schlagzeuger brauchen, hat Micha sofort an Philipp Renz gedacht. Unser erstes Zusammentreffen war im Studio. Er integrierte sich sofort in unseren Sound, brachte gute Ideen ein – und spielen kann er auch echt gut. Ich kann nur sagen, dass es gerade wunderbar harmonisch und entspannt ist und ich mich sehr wohl fühle mit den beiden!

Seit 2009 stehst du regelmäßig mit Wolfgang Ambros auf der Bühne, u.a. bei „Der Watzmann“. Außerdem warst du mit Pippo Pollina auf Europatournee. Eben jener Pollina ist bei „Mondnacht“ auch auf „Dreiklang“ zu hören. Was konntest du explizit von diesen beiden Musikern und deiner Zusammenarbeit mit ihnen für dich mitnehmen?
Die Auftritte mit Wolfgang waren in vielerlei Hinsicht sehr lehrreich. So durfte ich z.B. die E-Gitarrensoli bei den Duoabenden übernehmen und das ist für eine Geigerin sehr spannend, da ich von mir aus nie auf solche Linien kommen würde. Pippo hat mich ebenfalls sehr inspiriert. Seine Musik hat mich sehr berührt und er als Musiker ist einfach mitreißend. Für mich die schönste Stimme, die ich kenne.

Live hast du in den letzten Jahren in vielen unterschiedlichen Locations gespielt, z.B. in kleinen Clubs und auch in der Allianz Arena und der Erdinger Therme. Wo hast du dich mit deiner klassischen Seite am wohlsten gefühlt?
In „kleineren“ Locations wie Theatern, Kulturhäusern oder Kleinkunstbühnen ist die Stimmung eine ganz andere. Da ist das Publikum viel näher da und man kann das ganze Spektrum an Dynamik ausspielen. Dort passen wir einfach sehr gut hin.

Mit Schandmaul sind eure Tourneen und Konzerte quasi Selbstläufer geworden. Als wie schwierig empfindest du es, Menschen, die nicht explizit deine Konzerte besuchen, sondern wie in der Allianz Arena sozusagen ungefragt deiner Musik konfrontiert werden, von dir und deinen Kompositionen zu überzeugen?
Das kommt natürlich darauf an, was für ein Publikum da gerade sitzt. Prinzipiell sind solche Auftritte zu Promozwecken ganz nett, aber richtig wohl fühl ich mich in den oben genannten Orten.

Kann man sich mit einer eher klassischen Ausrichtung wie deiner überhaupt ein breites Publikum erspielen oder ist das gar nicht deine Absicht?
Eine richtig klassische Ausrichtung sähe anders aus. Ich habe schon das Gefühl, mit meiner Musik ein breites Publikum erreichen zu können. Da kommt das Kulturpublikum genauso wie jüngere Leute, die sich sonst nie etwas Klassisches anhören würden, das ganze aber mit E-Bass und Schlagzeug schon wieder cool finden. Und die Eigenkompositionen gehen ja auch in andere Stilrichtungen.

Mit Günter Gebauer als Produzent und Sven Peks als Toningenieur haben die gleichen Männer an „Dreiklang“ gearbeitet wie an „Saitensprung“. Welche Erfahrungen – positive wie negative – konntet ihr bei der neuen Veröffentlichung umsetzen?
Wir wussten, in welchem Ton wir miteinander reden konnten. Musik ist sehr emotional und da ist es einfach wichtig zu wissen, wann wer an seine Grenzen gekommen ist und wann man ihn noch ein bisschen reizen kann, damit es noch besser wird. Außerdem wussten wir wo’s das beste Essen und den besten Wein gibt :-)

Dein „Drandachtjodler“ und „Chiemsee“ sind sehr heimatverbunden. Warum ist diese Thematik in deinem Soloprojekt gelandet und nicht z.B. in anderer Form bei Schandmaul, wo du ebenfalls textest?
Naja, der Text beim Drandachtjodler ist Hodeloioeiareiaooooohhh. Das würde zu Schandmaul einfach nicht passen bzw. würde der Thomas sich weigern, soetwas zu singen ;-) Und Chiemsee ist ja ein instrumentales Stück.

Generell: Behandelst du die Texte für Anna Katharina anders als die für Schandmaul oder schreibst du immer aus dem Gefühl heraus das, was dich gerade beschäftigt und ordnest sozusagen im Nachhinein zu?
Ich komponiere und texte ohne mir vorher einen Plan zu machen, in welche Richtung es gehen soll. Im Nachhinein ordne ich es dann Schandmaul oder Anna Katharina zu.

Du singst auf deinem neuen Album ausschließlich Deutsch und rückst die Geige deutlich in den Vordergrund. Deine Drehleier ist seltener zu hören. War dies beides eine bewusste Entscheidung deinerseits oder Zufall?
Die Drehleier ist beim Drandachtjodler mein Hauptinstrument. Das ist zwar nicht der Sound, den man von einem Drehleierstück erwartet, aber gerade das finde ich sehr spannend. Dass die Texte diesmal Deutsch sind, war eher Zufall. Im Nachhinein bin ich sehr froh drüber, da mir die Inhalte viel bedeuten. Und ich kann mich natürlich im Deutschen viel besser ausdrücken.

Die klassischen Kompositionen auf „Dreiklang“ umfassen Brahms, Vivaldi und de Sarasate. Besonders die Eröffnung mit dem 5. ungarischen Tanz von Brahms dürften die meisten vom Hören kennen, ebenso wie die „Vier Jahreszeiten“ von Vivaldi. Wolltest du auf „Dreiklang“ einen höheren Wiedererkennungswert für eben jene Stücke schaffen?
Die genannten Stücke sind auf alle Fälle Klassiker in der klassischen Musik, und das nicht ohne Grund. Aber auch auf „Saitensprung“ gab es mit „In den Hallen des Bergkönigs“ absolute Hits jener Epochen. Mich hat es gereizt, diesen eine Frischzellenkur zu verpassen und sie zusammen mit meinen beiden Mitmusikern in die heutige Zeit zu holen.

„Eros“ geht hingegen auf deine Support-Tour mit der Letzten Instanz und deinen Bassisten Michael Ende zurück. Wieso hast du dich explizit für diesen Song entschieden? Standen noch Alternativen zur Wahl?
Ich fand den Song schon beim ersten Mal Hören wunderschön. Und da die Besetzung bis auf das Cello identisch ist, lag es nahe, den Song mit ins Programm zu nehmen.

„Obacht, Miss Marple!“ erinnert an den Soundtrack zu einem alten Schwarz/Weiß-Krimi. Geht das Ergebnis auch ein wenig auf deine Fernsehgewohnheiten zurück?
Da ich so gut wie nie fernsehe, eher nicht. Aber natürlich kenne ich die Miss Marple-Filme und find sie nach wie vor sehr cool.

Es fällt auf, dass an der Entstehung von „Dreiklang“ viele Musiker beteiligt waren, die darüber hinaus in diversen Studios ganz unterschiedliche Elemente wie Akkordeon, Klarinette und Klavier aufgenommen haben. Wie hast du sichergestellt, dass das Gesamtwerk trotzdem wie ein homogenes Ganzes klinkt, obwohl alle Studios ihre Eigenheiten besitzen?
Das ist einzig und alleine unserem Tontechniker Sven Peks zu verdanken, der die Platte auch gemischt hat. Ich war hin und weg, als ich „Mondnacht“ fertig gehört habe. Da spielen wir nämlich auf zwei unterschiedlichen Flügeln (Steinway und Bösendorfer) in unterschiedlichen Räumen (Konzertsaal und Studio) und es hört sich an, als wäre es ein Instrument und ein Spieler.

Wie sehen deine Pläne für die Zukunft von Anna Katharina aus?
Ich freu mich auf die November-Tour und bin gespannt, was die Freiburger Musikmesse im nächsten Februar für uns nach sich zieht.

Du hast nun deine eigene Familie mit Kind. Gehen deine Gedanken mehr in Richtung zweites Kind oder viertes Soloalbum?
Sowohl als auch :-)

Ich würde das Interview gerne mit dem traditionellen Metal1.info-Brainstorming beenden: Ich nenne dir ein paar Begriffe, und du sagst einfach, was dir dazu als erstes einfällt:
Nachbarn: haben wir die besten auf der ganzen Welt!
Ehe: bald ein Jahr :-)
Volksmusik: sollte mehr gepflegt werden
Haustiere: unbedingt
Land- und Stadtmenschen: ich bin ein Landei
Zukunft: freu ich mich drauf

Vielen Dank für das Gespräch!

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