Interview mit Tannöd

Wenn eine Black-Metal-Band behauptet, es gehe ihr nur um die Musik und nicht um die Personen dahinter, endet das meist mit theatralischen Auftritten und Fotos verhüllter Personen, die dann doch wieder irgendwie ihr geheimnisvolles Auftreten in den Mittelpunkt stellen. Ganz anders ist das bei TANNÖD. Das Kollektiv verzichtet komplett auf Fotos oder sonstige Promomittel, sondern lässt allein die Musik sprechen. Darum sind wir besonders froh, dass uns das Kolletkiv ein paar Fragen rund um TANNÖD und ihr erstes Album beantwortet hat.

Hallo und danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Alles gut bei dir?
Hallo auch und danke für die Möglichkeit, bei Metal1.info präsent zu sein! Alles gut hier, danke, der Spätherbst lässt noch einige schöne Bergtouren zu.

Viele unserer Leser werden noch nichts von TANNÖD gehört haben. Stellt euch doch bitte kurz vor:
TANNÖD wurde als reines Gedankenkonstrukt im Jahre 2014 geboren. Der Name kann einfach als Bild einer verlassenen Hütte in tiefen Wäldern verstanden werden, aber natürlich werden einige die Verbindung zu einem der mysteriösesten Kriminalfälle der bayerischen Geschichte ziehen. Ich möchte gar nicht näher darauf eingehen, bei Interesse braucht man nur „Hinterkaifeck“ in die Suchmaschine des Vertrauens eingeben, die Thematik wurde auch bereits verfilmt. So geheimnisumwittert wie diese Morde soll auch unser Kollektiv sein und bleiben, Namen sind nur Schall und Rauch. Wir sind erstmals auf der Split „Spukgeschichten“ zusammen mit Rauhnåcht und Hanternoz in Erscheinung getreten und haben nun das erste volle Album produziert.

Ihr bezeichnet euch selbst als Kollektiv, wo seht ihr bei euch den Unterschied zu einer regulären Band?
Wir haben seit vielen Jahren in verschiedenen Funktionen mit Bands zu tun und immer wieder zeigt sich, dass diese als Spielwiese für das Ausleben verschiedener Aspekte der Egos der beteiligten Musiker dienen. Dabei sollte die Musik stets wichtiger sein als die Musiker, jeder Musiker hat sich dem Werk unterzordnen. Natürlich gibt es auch bei TANNÖD einen gewissen Rahmen, Black Metal mit Inspiration aus der Natur des bayerischen Alpenraums und dessen Sagenwelt, und es gibt auch eine Person, die darauf achtet, dass dieser Rahmen eingehalten wird, aber wer in welcher Form Ideen und Darbietungen beiträgt, bleibt völlig offen. In den nächsten Stücken könnten völlig andere Musiker zu hören sein, die Instrumente sogar von verschiedenen Personen eingespielt werden. Wichtig ist nur, dass der Geist vorhanden ist, die richtige Stimmung und Inspiration. Über die Mail tannoed.kollektiv@web.de können Musiker mit dem Kollektiv in Kontakt treten und Ideen liefern, wobei wie gesagt jeder damit leben muss, dass er oder sie nicht namentlich erwähnt wird. Dann wird man sehen, wer sich für eine Teilnahme qualifiziert. Es ist auf jeden Fall sehr befreiend und befriedigend, sich losgelöst vom Ego der Musik unterzuordnen.

Mit „In dunkler Stunde“ habt ihr gerade euer erstes Album herausgebracht. Wie fühlt ihr euch dabei? Seid ihr zufrieden?
Die Herangehensweise war die, dass ohne viel Herumüberlegen alles einfach aufgenommen wurde, sehr spontan und roh. Erst im Endmix gab es ein wenig Feinschliff, aber es wurden nicht alle Spielfehler korrigiert oder alles in der heute üblichen Form geradegerückt. Aus der Spontanität entstanden auch einige interessante Dinge, die man nicht planen kann. Das Resultat ist aus unserer Sicht stimmig, hat eine gewisse Bandbreite und klingt gut, aber nicht überproduziert.

Ihr bezeichnet euren Stil als Bavarian Alpine Black Metal. Beschreibt doch mal eure Musik für jemanden, der sie noch nie gehört hat?
Von rockigen Parts über hypnotisch-nordische Riffs, epische Akustik-Parts bis hin zu Doom- oder Death-Anleihen ist alles erlaubt. Der Bogen darf sich spannen, aber er darf natürlich nicht reißen. Diese spezielle naturverbundene Stimmung, das Eins-Sein mit den Ahnen und alten Zeiten muss beim Erarbeiten der Songs präsent sein. Außerdem darf immer eine Portion Bathory mitschwingen oder man sich ruhig an „Under The Sign Of The Black Mark“ und „Hammerheart“ erinnert fühlen, durchaus auch beides innerhalb von ein und demselben Song.

Verfolgt ihr ein bestimmtes lyrisches Konzept auf eurem Debüt?
Auch hier wurde sehr pragmatisch vorgegangen. Es wurden alte Sagenbücher zusammengetragen, wie auch diverse Heimatgedichte und alles so miteinander verbunden, dass sich die Stimmung des Songs in den Worten wiederfindet und passende Gesangslinien möglich waren. Arbeit an TANNÖD bedeutet immer intuitive Arbeit. Wenn man aufhört, zu verkopft zu sein, sich ganz hingibt und es einfach fließen lässt, findet auch zusammen, was zusammengehört.

Auf eurer Facebookseite steht ein Zitat von Alexander Freiherr von Humboldt. Wieso inspiriert genau er euch? Gibt es noch andere Persönlichkeiten, die euch inspirieren oder beeinflussen?
Wir haben keinen näheren Bezug zu ihm, uns hat einfach sein Zitat mit der Ehrfurcht vor den Bäumen gefallen. Es gibt so viele bekannte und unbekannte, reife und weniger reife Menschen und von allen kann man etwas lernen oder das eine oder andere von ihnen zitieren. Man braucht niemanden über alle anderen stellen oder speziell inspirierend finden, sollte sich aber auch davor hüten, Personen oder Ideen unbesehen abzulehnen.

Auf „In dunkler Stunde“ gibt es teilweiße Folk-Passagen zu hören, die eurem recht klassischen Black Metal deutlich bereichern. Könnt ihr euch vorstellen diese Passagen auf euren nächsten Releases noch zu erhöhen?
Alles ist möglich. Auch künftige Releases werden aus dem Augenblick heraus entstehen und in einer Art von Zusammenarbeit, die sich spontan ergeben wird.

Eure erste Split habt ihr zusammen mit Rauhnacht und Hanternoz veröffentlicht. Was verbindet euch mit diesen Bands?
Beide Bands sind sozusagen Brüder im Geiste. Wir wurden gefragt, ob wir bei einer musikalischen „Brückenbildung“ über verschiedene Regionen der Alpen dabei sein wollen, und da mussten wir nicht lange überlegen. Es kann durchaus auch in Zukunft die eine oder andere Split mit Bands geben, denen wir uns verbunden fühlen. Nur einzelne oder wenige Songs zu einem Gesamtwerk beizusteuern, kommt unserer Herangehensweise sehr entgegen.

Werdet ihr auch Live-Shows spielen oder seid ihr ein reines Studioprojekt?
Es wird sich zeigen, in welche Richtung sich unser Kollektiv entwickeln wird und ob sich Mitstreiter für Konzerte finden, die sich würdig erweisen und auch bereit sind, ihr Ego entsprechend hintanzustellen.

Besten Dank für Zeit und Antworten. Zum Abschluss ein Brainstorming: Was fällt dir spontan zu folgenden Begriffen ein?
Oktoberfest: Viel zu viele alkoholisierte Menschen
Kommunismus: Als philosophischer Ansatz begrüßenswert, allerdings ist die Mehrzahl der Menschen noch zu materialistisch und egoistisch für eine praktikable Umsetzung.
Okkultismus: Ein Sammelbegriff für vieles, das zwar für viele dunkel und verborgen sein mag, tatsächlich jedoch ganz natürlich ist und wiederentdeckt werden will.
Lieblingsalbum: Bathory – „Hammerheart“

Die letzten Worte gehören dir – gibt es noch etwas, was du unseren Lesern mitteilen möchtest?
Sucht das Glück nicht im Außen, sondern hört auf eure innere Stimme! Danke für das Gespräch.

 

 

 

 

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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