Konzertbericht: Russian Circles w/ Cloakroom

26.02.2017 München, Strom

Wenige Bands prägen derzeit das Feld instrumentaler Rockmusik so stark wie RUSSIAN CIRCLES. In schöner Regelmäßigkeit veröffentlicht der Dreier aus Chicago neue, stets umwerfende Alben zwischen Post-Rock-Melodien, alles niederwalzenden Riffs und nackenbrechenden Rhythmen. In ebenso schöner Regelmäßigkeit bespielt die Band seit einigen Jahren auch Deutschland. Kein Wunder, nimmt die Nachfrage doch bei jedem Konzert von RUSSIAN CIRCLES zu: Während die Band bei ihrem ersten Auftritt in München noch als Support im Hansa 39 zu Gast war, zeigte die Band in der Zwischenzeit der Kranhalle sowie dem Hansa 39 auch als Headliner seine Kapazitäten auf. Die logische Folge: Mit ihrem neuen Album „Guidance“ kommen RUSSIAN CIRCLES Anfang 2017 ins größere Strom, das kurz vor Konzertbeginn bereits mehr als beeindruckend gefüllt ist.

Um 21 Uhr betreten CLOAKROOM pünktlich die Bühne. Mit ihren fetten Gitarrenwänden und einer kristallklaren Abmischung passt die Band nahezu perfekt zum Headliner des heutigen Abends. Dass zum Stilmix aus melodiösem Doom, verträumten Shoegaze, dreckigem Grunge und fuzzigem Stoner auch nöliger Gesang gehört, ist dabei Ehrensache. Leider sind neben diesen tollen Grundlagen am heutigen Abend auch so einige Probleme festzustellen: Nahezu alle Songs geraten zu lange, bewegen sich so gut wie nie über das immer gleiche Midtempo hinaus und auch das Set gerät mit 45 Minuten einfach zu lang. CLOAKROOM haben das Potential, großartige Musik abzuliefern, und sind technisch einwandfrei am Werk – live fehlt allerdings das nötige Charisma, um über die doch sehr zerfaserten, zu wenig stringenten Songwritingfähigkeiten hinwegsehen zu lassen. Dennoch sollte man die Band auf dem Radar behalten!

Die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm erzeugt der Mischer des heutigen Abends, indem er in der knapp halbstündigen Umbaupause den Puls der Anwesenden durch Bohren & Der Club Of Gore senkt. Um 22:10 Uhr ist es dann aber so weit, und RUSSIAN CIRCLES betreten die Bühne. Mit „Asa“, dem Opener ihres neuen Albums „Guidance“ beginnen die Musiker sehr ruhig, nur um direkt danach sowohl die Dezibelzahl, als auch die Intensität in schier unermessliche Höhen zu treiben. Wirbelnde Schlagzeugsounds, knarzender Bass, geloopte Gitarrenmelodien, tonnenschwere Riffs: RUSSIAN CIRCLES spielen alle ihre Stärken aus und können auch mit ihrer Songauswahl, die sich auf die letzten drei Alben fokussiert, überzeugen.

So richtig mag der Funke allerdings nicht überspringen: Während im vorderen Hallenbereich einige fliegende Mähnen erkennbar sind, ist im Rest der Halle eher gemütliches Kopfnicken angesagt. Dies ist umso erstaunlicher, da der Jubel nach jedem Song riesig ausfällt und das Strom mittlerweile ausverkauft ist. Auch an der Konzeption der Show kann es nicht liegen: RUSSIAN CIRCLES verbinden alle ihre Songs durch Samples, Loops und Drone-Klänge, sodass ein durchgehender Fluss entsteht, der auch vom minimalistischen Lichteinsatz unterstützt wird. Nach knapp 70 Minuten verabschiedet sich die Band mit „Mladék“ von der Bühne, nur um kurz darauf das Konzert mit der Zugabe „Youngblood“ unter lautem Jubel zu beenden.

  1. Asa
  2. Vorel
  3. Deficit
  4. 309
  5. Afrika
  6. Harper Lewis
  7. 1777
  8. Mota
  9. Mlàdek
  10. ———-

  11. Youngblood

Auch wenn Cloakroom sich in ihrem eigenen Sound ein wenig verzettelt haben, und RUSSIAN CIRCLES die Spannung ihrer beeindruckenden (und vor allem: lauten) Musik nicht das gesamte Konzert über halten konnten, zeigt dieser Auftritt doch, dass die drei Musiker aus Chicago Garant für mitreißende und packende Konzertabende sind.

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Ein Kommentar zu “Russian Circles w/ Cloakroom

  1. Ich war auf dem Konzert der beiden Bands in Köln. Das Schlechte zuerst: Cloakroom! Ohne Ausnahme jeder Song spielt sich im gleichen Tempo ab, der Bassist ergeht sich in Viertelnoten am laufenden Meter und der Gesang nervt vor lauter Unaufdringlichkeit. Definitiv eine der schlechteren Vorbands, die ich je gesehen habe, und der Zuspruch des Publikums war so mau, dass der Gitarrist sich nach ein paar Stücken erkundigte, ob selbiges schon in Trance sei. Da war leider der Wunsch Vater des Gedankens.
    Aber dann! Russian Circles! Du lieber Himmel. Einen derart urgewaltigen Druck von der Bühne habe ich noch selten verspürt. Der Sound war unheimlich laut und mächtig, vermied aber unangenehme bis schmerzhafte Spitzen – großartig! Klar, auf das wortkarge, stoische Gebaren der Drei auf der Bühne muss man nicht unbedingt stehen; ich persönlich finde, dass es der Musik sehr angemessen ist. In ihrer eigenen musikalischen Nische sind Sullivan, Cook und vor allem Dave Turncrantz am Schlagzeug erstaunlich vielseitig, fast virtuos unterwegs. Ich war sehr beeindruckt und werde bestimmt wieder hingehen. Glücklicherweise scheinen Livekonzerte das absolute Lebenselixier der Jungs zu sein, so oft, wie sie unsere Gefilde mit Touren beehren. :)

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