Konzertbericht: Spiritual Beggars /w Zodiac

18.04.2013 München, Backstage Club


So manches Bandpackage hätte es äußerst schwer am heutigen Tag: Nach gefühlt zehn Monaten Winter scheint der Frühling doch endlich ernst zu machen, eröffnet die Biergartensaison und treibt die Münchner aufs Grüne sowie den letzten winterdepressiven Stubenhocker aus dem Haus. Perfekt getimed aber kommen die Schweden SPIRITUAL BEGGARS mit ihrem achten Studioalbum „Earth Blues“ in die bayerische Landeshauptstadt. Knapp zwanzig Jahre ist es her, als Gitarrist Michael Amott Carcass verließ, um zusammen mit Grand-Magus-Schlagzeuger Ludwig Witt eine Band zu gründen, deren oberstes Gebot ist, sich mit einer Menge Siebziger-Vibes beim Abfeiern alter Helden zu vergnügen.

Mit im Gepäck haben die Bettler die jungen Münsteraner ZODIAC, die den Job haben, mit ihrem bluesgetränkten Hard Rock die Menge im kleinen Backstage Club auf Betriebstemperatur zu bringen. Erst im Herbst mit The Sword unterwegs, ist die Truppe nun schon wieder auf der Straße. Sowohl die Demo als auch das Full-Length-Debüt wurden mit Lob überhäuft, sogar am Roadburn in ein paar Tagen haben die Jungs die Ehre, den Afterburner-Sonntag abzuschließen.


So großartig das Album zugegebenermaßen ist, so geht der Truppe um Long-Distance-Calling-Drummer Janosch Rathmer die Bühnenpräsenz ab. Die Atmosphäre vom Band live zu reproduzieren ist sicher nicht die einfachste Aufgabe. Im Großen und Ganzen ist die Performance zwar äußerst solide, allen voran Sänger Nick van Delft beeindruckt mit seiner kräftigen whiskeygetränkten Stimme, doch irgendwie will der Funke nicht überspringen. Obwohl das Songmaterial wie das voranpeitschende „Diamond Shoes“, das ZZ-Top-Cover „Blues Jean Blues“ oder der facettenreiche, gefühlsvolle Zehnminutenepos „Coming Home“ wirklich alle Mittel dazu bereitstellt, gibt es weder Gänsehautmomente noch nimmt Begeisterung überhand. Das können ZODIAC ganz sicher besser, denn wer so tolle Musik schreibt, hat einfach das gewisse Feeling. So geht ein sicherlich nicht enttäuschender Gig zu Ende – mehr erwartet habe ich trotzdem.

Setlist ZODIAC:
Diamond Shoes
Horror Vision
Blue Jean Blues
A Bit of Devil
Down Town
Coming Home

Kurz an die frische Luft, Raucherpause nutzen, Beine vertreten. Danach füllt sich der Club noch ein Stück weiter, als es bei ZODIAC der Fall war. Um in die vorderen Reihen zu kommen, sind ein paar „Sorry“ und Schulterklopfer nötig. Direkt vor der Bühne ist dann überraschend viel Platz, als ob das Münchener Publikum mal wieder zu scheu wäre. Aber als die Band mit dem Demons-Intro „Inner Strength“ den Startschuss in einen Abend voller Stoner- und Classic-Rock-Feeling abgibt, widerlegt mich die Meute recht schnell. Da wirbeln Haare, Köpfe und Hände durch die Luft, die immer heißer und stickiger zu werden scheint.


Fünf vor Spielfreude strotzende Musiker genießen die Intimität und Nähe zu den Fans, welche mit ihren jeweiligen Hauptbands kaum noch möglich ist. Grand Magus ziehen im Normalfall mehr als nur knapp 120 Zuschauer und Arch Enemy headlinen inzwischen ganze Festivals. Die Präsenz auf der kleinen Eckbühne ist also enorm. Nicht einmal das Backdrop, das hinter den groß gewachsenen Protagonisten an der Wand hängt, hat genügend Platz.

Ohne Fehler zocken die Jungs sich durch das Set. Sänger Apollo Papathanasio ist ununterbrochen tamburinschwingend darum bemüht, dass der Funke überspringt. Mit seinem kraftvollen Organ setzt er sich sogar problemlos gegen den zeitweise zu laut dröhnendem Bass seines hünenhaften schwarzlockigen Kollegen Sharlee D’Angelo durch. Über die Qualität von Dauerdudler Michael Amott sind kaum Worte nötig. In Mittelpunkt rückt auch immer wieder Synthie-Orgler Per Wiberg, der seit dem letzten Album eine größere Rolle einnimmt als noch zuvor. Kräftig haut er in die Tasten seines indisch-orientalisch verzierten Keyboards und unterstützt die Rhythmusfraktion, wo er kann. Songs vom neuen Album wie das im Uriah-Heep-Stil groovende „Kingmaker“ klingen fast eins zu eins wie auf Konserve. Wow.

Im Allgemeinen jedoch werden die Songs von „Earth Blues“ weniger gut aufgenommen. Erstens, weil das neueste Werk der Schweden erst seit wenigen Tagen auf dem Markt ist. Und zweitens ist das Album meiner Meinung nach wesentlich schwächer als seine Vorgänger. Dass die Lieder geschrieben wurden, um live performt zu werden, wertet die mehr im Classic Rock angesiedelten Neulinge kaum auf. Die Stärke der Band liegt definitiv in den heftigeren Nummern wie dem mächtig aufs Gaspedal tretenden „Throwing Your Life Away“ vom grandiosen „Demons“-Album, dessen eingängige Hooklines und Refrains auf „Earth Blues“ nicht zu finden sind. Und so tut sich die Band den Gefallen, zu Ende der Spielzeit sich nur am besten der acht Full-Length-Scheibchen zu bedienen.

Nach „Mantra“ ruft das Publikum ungeduldig nach einer Zugabe, die selbstverständlich sofort nachgelegt wird. Mit dem obligatorischen Bandmitglieder-Vorstellen und Abfeiern ziehen die Bettler den zum Ende hin immer besser werden Gig in die Länge. Dazu ellenlange „Ooooooohhhhhh“-Mitsingspielchen zu der an Black Sabbaths „Heaven and Hell“ angelehnten Gitarrenmelodie im Abschluss „Euphoria“.

Wegen des gelungenen Endspurts bleibt der Auftritt der SPIRITUAL BEGGARS ganz sicher positiv in Erinnerung. Dass Amott und der Rest der Band danach noch lange ohne irgendwelche Rockstarallüren mit den Fans, die nicht gleich das Weite gesucht haben, plaudern, gibt eine Portion Sympathiebonus. Gerne wieder!

Setlist SPIRITUAL BEGGARS :
Inner Strength
Beneath the Skin
Wise As A Serpent
Left Brain Ambassadors
Young Man, Old Soul
Turn The Tide
Wonderful World
Fool’s Gold
Dreamer
Lost in Yesterday
One Man Army
One Man’s Curse
Sedated
Kingmaker
Throwing Your Life Away
Mantra
Blind Mountain
Euphoria

Publiziert am von Michael

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