Review Angband – Visions Of The Seeker

Es kommt mir gar nicht lange vor, da flatterte eine äußerst exotische Promo ins Haus: ANGBAND spielen thrashigen Powermetal, soweit ist das ja nichts besonderes, aber über die Situation der Band in ihrer Heimat Iran (!) war doch schon zu reden, immerhin ist Metal wie so manch andere bei uns sehr normale Sache schlicht verboten und man weiß als Musiker nie, wie weit man gehen kann bzw. ob man nicht schon eine Grenze für den gestrengen Mullah überschritten hat. Scheinbar ging es soweit ganz gut für die Jungs, denn mit „Visions Of The Seeker“ legen sich gleich mal mit ihrem zweiten Album nach, welches als erstes iranisches Metalalbum weltweit veröffentlicht wird.

Ich muss ja zugeben, „Rising From Apadana“ hatte vor allem aufgrund des Hintergrundes einen ganz eigenen Charme. Über songwriterische und vor allem soundtechnische Schwierigkeiten sah man gerne hinweg, da man ja doch so oder so etwas Außergewöhnliches in der Hand hielt. Der Kükenbonus der iranischen Metalemanzipation ist zwar noch nicht zur Gänze aufgebraucht, aber es versteht sich von selbst, dass das Auge dieses Mal etwas kritischer hinsieht. Das Bemühen um Weiterentwicklung ist daher auch schnell erkennbar, die Songs sind insgesamt etwas verschachtelter, die Riffs bringen mehr Abwechslung in die Lieder. Der Weg bleibt dennoch ein steiniger, denn im Vergleich zum Debüt schneidet „Visions Of The Seeker“ eher etwas schlechter ab, wie die folgenden Einschätzungen zeigen werden.

Dass man durch einen Plattenvertrag mit einer europäischen Firma gleich ungeahnte Möglichkeiten hat, ist dann aber doch nicht der Fall, bei „Visions Of The Seeker“ krankt es mehr denn je an einem für eine thrashige Metalband viel zu dünnen Sound. Sicher, wenn man offenbar bei Nacht und Nebel in irgendeinem Keller schnell mal ein paar Gitarrenspuren oder Drumtracks aufnehmen muss und dabei von der ungenügenden Technikversorgung arg im Stich gelassen wird, kann man sicher keinen hochprofessionellen Sound erwarten, aber Metal funktioniert ohne ein gewisses Maß an Druck einfach nicht. Und so kommt dann eines zum anderen: der Gesang, meistens im klassisch-hohen Bereich der alten Helden gehalten, klingt zum dünnen Soundsüppchen irgendwie eher kuschelig-süß als kraftvoll und energisch, insgesamt geht hier viel Hörgenuss verloren. Die zweite Schwachstelle ist trotz aller Bemühungen um interessantes Songwriting dieses selbst, denn nach drei oder vier Liedern weiß man schon nicht mehr, wieviele Songs man eigentlich gehört hat, ein sicheres Indiz, dass das Gut etwas gleichförmig geraten ist. Das balladeske „Forsaken Dreams“ bildet dabei eine rühmliche Ausnahme, nicht unbedingt, weil der Song so großartig ist oder weil ich Balladen immer super finde, es ist eher ein kleiner Weckruf, dass „Visions Of The Seeker“ mehr als im Midtempo gehaltene Songs eines durchaus ähnliches Formats zu bieten hat.

Verstehen wir uns nicht falsch, ANGBAND liefern hier keineswegs die ultimative Katastrophe ab, aber mehr als gesunder Durchschnitt kam dann doch nicht raus. Mag sein, dass die Hintergründe der Band immer noch für den einen oder anderen Interessenten sorgen, aber für kommende Veröffentlichungen muss schon neuer Wein in die Schläuche (ach ne, der ist im Iran ja bestimmt auch verboten). Etwas mehr Pep beim Songwriting und vor allem eine druckvollere Produktion, dann kann man auch über eine höhere Wertung reden als

Wertung: 6 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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