Review Ascension Of The Watchers – Apocrypha

  • Label: Dissonance
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Electronic

Bis vor ein paar Jahren war es bei Fear Factory noch die Brutalität ihrer Musik, die auf unbedarfte Hörer eine fast schon desorientierende Wirkung hatte. Inzwischen ist es jedoch eher die chaotische Situation um die ungewisse Zukunft der Industrial-Metal-Band, die unter Fans für Verwirrung sorgt: Nachdem ein Namensrechtsstreit die Amerikaner seit „Genexus“ (2015) lahmgelegt hatte, kündigte Gitarrist Dino Cazares im September 2020 doch einen absehbaren Release einer neuen Platte an – nur, um im selben Monat noch über die sozialen Medien von Sänger Burton C. Bells Ausstieg zu erfahren. Dieser widmet sich nun also mit seinem Ex-Bandkollegen John Bechdel (Ministry) ihrer gemeinsamen Darkwave-Band ASCENSION OF THE WATCHERS, die mit „Apocrypha“ ganze zwölf Jahre nach dem Debüt „Numinosum“ ihr zweites Album herausbringt.

Erholung von den Querelen in seiner ehemaligen Hauptband fand Bell bei der Entstehung des Albums allerdings gewiss nicht. „Apocrypha“ sollte ursprünglich über eine Crowdfunding-Plattform finanziert werden, welche jedoch bankrott ging, sodass ASCENSION OF THE WATCHERS letztlich zehn Jahre brauchten, um die Platte zu realisieren. Auch gibt es sicherlich Entspannenderes als den angeblichen Spuk in den von der Band bezogenen Northstone Studios im britischen Court Colman Manor, der in den Aufnahmen des Titeltracks zu hören sein soll.

Leider ist „Apocrypha“ jedoch nicht bloß für seine Macher ein überaus strapaziöses Album. Legen ASCENSION OF THE WATCHERS mit dem geradlinig treibenden, von hypnotischen Vocals, unterkühlten Gitarren und verspielten Electro-Sounds getragenen „Ghost Heart“ noch einen recht mitreißenden Start hin, so entwickelt sich die über eine Stunde lange LP danach allzu bald zu einer enttäuschenden Talfahrt. Abgesehen von ein paar vereinzelten atmosphärischen Nummern wie dem geheimnisvollen Titeltrack und dem leicht unheilvollen Instrumental-Stück „Stormcrow“ schwankt die Platte in ihrer Wirkung immerzu zwischen betäubender Langeweile („The End Is Always The Beginning“) und geradezu aufdringlicher Banalität („A Wolf Interlude“).

Sowohl der monotone, mitunter geradezu absurd penetrant nachbearbeitete Gesang („Honoree“) als auch die sich kaum einprägenden Gitarrenarrangements und die allzu simple Rhythmusfraktion wirken furchtbar uninspiriert. Dass die omnipräsenten Keyboards neben dem schalen Rest der Instrumentierung oftmals zu dominant und kitschig klingen, ist keine große Überraschung. Ein fast noch schlimmeres Bild als das dürftige Songwriting gibt jedoch die seichte, verwaschene und leblose Produktion ab, die ASCENSION OF THE WATCHERS in einem umso schlechteren Licht dastehen lässt.

Dass ASCENSION OF THE WATCHERS selbst in ihren kräftigeren Songs nie auch nur mit gemäßigteren Fear-Factory-Tracks wie „Descent“ („Obsolete“) gleichziehen, ist an sich kein Problem – im Darkwave gibt es Wichtigeres als rohe Kraft. Was „Apocrypha“ zum Verhängnis wird, sind vielmehr der Mangel an fesselnden Ideen und der enttäuschend dünne, künstliche Sound, die die an manchen Stellen aufkommende Stimmung weitgehend zunichtemachen. Da ist es auch kaum von Belang, dass ASCENSION OF THE WATCHERS mit ihrem Akustik-Cover des Terence-Trent-D‘Arby-Hits „Sign Your Name“ eine unsäglich schnulzige, ungewollte Ohrwurmnummer ans Ende der Platte gesetzt haben. Nach einem derart unspektakulären Album macht ein weiterer Fehltritt wohl auch keinen Unterschied mehr.

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Wertung: 4 / 10

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