Review Borknagar – Universal

BORKNAGAR sind weiterhin eine der renommiertesten Bands des progressiven Black Metals überhaupt. Das liegt sicher nicht zuletzt darin begründet, dass sie seit langer Zeit eine Sparte bedienen, die sonst höchstens von Vintersorg oder Arcturus, inzwischen vielleicht auch Enslaved, mal gestriffen wird. Das hinderte die Truppe um Mastermind Øystein G. Brun allerdings nicht daran, im Verhältnis zum musikalischen Anspruch relativ unbekannt zu bleiben. Und das, obwohl die Ex-Mitglieder BORKNAGARs großteils zur norwegischen Black Metal-Elite zählen. Inzwischen hat sich das etwas gelegt, bis auf den Chefprominenten Andreas Hedlund befinden sich keine absoluten „Superstars“ der Szene mehr in der Band.

Seit dem letzten vollwertigen BORKNAGAR-Album „Epic“ sind stolze sechs Jahre ins Land gezogen, das Akustik-Album „Origin“ war 2006 zwar eine überaus interessante Exkursionin ruhigere Gefilde, 100% BORKNAGAR war es aber eben trotzdem nicht. „Universal“ soll Abhilfe schaffen. Wie üblich als bestes, tollstes und coolstes Album der Bandgeschichte angekündigt, stellt sich für Fans die Frage nach Qualität des Albums sowieso nicht, die stimmt eigentlich immer. Nein, interessant ist eher für Hörer, denen die Mischung aus Black Metal-Überbleibseln, Keyboardmelodien und Folk-Anleihen zu schwer verdaulich ist, ob BORKNAGAR auf „Universal“ einen neuen Aspekt in ihre Musik integrieren, der den Zugang endlich ermöglicht.
Nach der ersten Nummer „Havoc“ fühlt sich der alteingesessene Fan bereits bestätigt, er denkt sich: Cool, hier kann ja tatsächlich nichts schiefgehen. Der Opener ist gewohnte BORKNAGAR-Kost, straight voranpreschend, Hedlund kraftvoll krächzend in mittlerer Stimmlage, ein bisschen zügiges Akustik-Geschwurbel zwischendurch und natürlich nicht zuletzt der berüchtigte „Space Folk“-Sound, an dem sich die Geister ebenso scheiden, wie an Hedlunds knödeligem Klargesang.Und man mag es kaum glauben, Mr. Brun ließ sich nicht lumpen und integrierte wirklich eine neue Komponente in die Musik, die in Form von Keyboard- (oder auch tatsächlich gesungenen?) Chören auf einigen Songs in den BORKNAGAR-Sound Einzug hält. Das ist ganz cool, weil zu diesen Gelegenheiten der oft arg verspielte, überladene Stil der Truppe in abgespeckter Form präsentiert wird. Da geht es dann stattdessen mit dezent hymnischem Charakter zur Sache, eine überaus begrüßenswerte Abwechslung, die etwa „Worldwide“ zu einem der gänsehautträchtigsten BORKNAGAR-Songs überhaupt macht. Aber auch „Fleshflower“ mit seinen getragenen Melodien sticht positiv hervor, ebenso wie das abschließende „My Domain“. Hier feiert ICS Vortex ein kleines Revival am Mikro, und ob dessen mitreißenden Gesangs kann man schonmal etwas nostalgisch werden, was den Charakter des Songs auch perfekt träfe. Trotzdem ist Hedlund gesanglich natürlich über jeden Zweifel erhaben, und auch seine Mitstreiter sind Profis auf ihren Posten, die dies weniger offen an bestimmten Stellen zeigen, als dass sich die Erkenntnis vielmehr aus dem dauerhaft anspruchsvollen Soundgewand ergibt.
War „Universal“ dann nochmal besser als „Epic“ macht, ist größere Homogenität unter den Songs: Wo auf dem Vorgänger der Kontrast zwischen Songs wie bspw. „The Weight of Wind“ auf der einen und „Future Reminiscence“ auf der anderen Seite so deutlich war, dass man fast von einer Songansammlung sprechen musste, verbreitet „Universal“ kontinuierlich eine locker-leichte, futuristische Space-Atmosphäre, die nochmal eine gute Portion umfassender, freier und ungezwungener wirkt als auf vorangegangenen Alben.

Noch beim Rezensieren bemerkte ich ab dem fünften mit jedem weiteren Durchlauf, dass sich kein einziger Song auf diesem Album eine Blöße gibt und dass man mit diesem Album auch nicht Gefahr läuft, durch Überkonsum der zu verspielten Atmosphäre (wie es bei „Epic“ schon mal der Fall war) genervt zu werden, vielmehr wächst „Universal“ immer weiter zu einer Einheit zusammen, aus der sich mit jedem Anhören wieder neue Höhepunkte entwickeln. Auf einzelne Elemente einzelner Songs weiter einzugehen, würde den nicht besprochenenen aufgrund der Vielfalt und Klasse, die in jedem einzelnen Lied geboten wird, nicht gerecht, weshalb nur noch bleibt, eine klare Kaufempfehlung auszusprechen: BORKNAGAR haben Schwächen ausgemerzt, Stärken hinzugewonnen, werden ihrem Ruf gerecht, und wegen der neuen, etwas zugänglicheren Ausrichtung dürfen sich auch bisher eher abgeneigte Genüge nochmal an den Jungs versuchen.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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