Review Cradle Of Filth – Darkly, Darkly, Venus Aversa

Manchmal fragt man sich doch, wie CRADLE OF FILTH überhaupt so groß werden konnten wie sie heute sind. Als ich begann, mich mit Metal zu beschäftigen, was ungefähr zu „Nymphetamine“-Zeiten geschah, hatte ich durch das Feedback auf diese Scheibe noch das Gefühl, dass die Briten die Hörer nur in Lager spalten. Wenn ich mir heute die Reaktionen auf die Promotion von „Darkly, Darkly, Venus Aversa“ anschaue, bekomme ich das Gefühl, dass das dritte Lager, das Lager der Fans, verschwunden ist, es scheint nur noch Leute zu geben, die CRADLE OF FILTH entweder schlicht und ergreifend hassen oder einfach überhaupt keine Kenntnis von der Existenz der Band nehmen. Beides wird der Truppe um Chef-Giftzwerg Dani Filth nicht gerecht.

Denn musikalisch sind CRADLE OF FILTH den meisten anderen Bands ihres Bekanntheitsgrades im Metal weit voraus. Dani Filth mag ein Unsympath sein, aber was der Mann in jedem Song an Ideen bezüglich Melodien und Arrangements verbrät, ist für Extreme Metal beispiellos.
Auch „Darkly, Darkly, Venus Aversa“ fährt dafür wieder einige Paradebeispiele auf: Das dramatische „One Foul Step From The Abyss“ prescht mit wuchtigen, pfeilschnellen Gitarrenriffs voran, behält durch den typischen gotischen Keyboard-Einsatz aber die Note finsterer Romantik bei, die CRADLE OF FILTH auszeichnet. „The Nun With The Astral Habit“ bringt mit hektischen Strophen einerseits und Danis Flüsterpassagen zu Klavier andererseits zwei weitere obligatorische Komponenten des Sounds, bevor „Retreat Of The Sacred Heart“ wieder mit morbider Tragik losrast. Die ersten vier Songs des Albums plätten schonmal, aber die volle atmosphärische Breitseite wird erst ab „The Persecution Song“ aufgefahren – Dynamik, Spannung und Tiefe sind die Eckpunkte, die die Musik bestimmen. Und eben diese manischen Melodien, die mit traumwandlerischer Sicherheit immer ein Quäntchen inspirierter und magischer wirken als die der Kollegen.
Über die Performance der Instrumentalisten muss man sich wohl nicht weiter auslassen, dass bei dieser Band nur Profis am Werk sind, versteht sich von selbst, und man kann durchaus auch zwischendurch mal einen Durchlauf nur damit verbringen, beispielsweise dem Schlagzeug zu lauschen, wie es sich mit einer Menge Abwechslung durch die Songs drischt.Was dagegen immer eine Erwähnung verdient, ist die Gesangsperformance Dani Filths. Wie der Mann mit beinahe beängstigender Sicherheit verschiedenste Schattierungen des Screaming abgrast, röchelt, brüllt und keift ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch beeindruckend. Hier wirken Shouter anderer Truppen im Vergleich eher statisch (wenngleich selbiges natürlich auch auf den Sound dieser Bands zutrifft, weshalb das dann wieder gut zusammenpasst). CRADLE OF FILTH toben sich innerhalb ihrer ganz eigenen Interpretation von Dark Metal kräftig aus, was das Wechselspiel zwischen Bombast, beinharten Riffs und gotischen Ruhepausen, dann gerne auch mit weiblichem Gesang, angeht. Dabei wird es vielleicht nicht ganz so heftig wie auf „Godspeed On The Devil’s Thunder“, dafür gibt es nochmal ein Plus an dramatischen Elementen zu verzeichnen.

CRADLE OF FILTH sind spätestens seit „Nymphetamine“ vollkommen unterbewertet und auch „Darkly, Darkly, Vernus Aversa“ wird durch den etwas befremdlichen Albumtitel, das kitschige Cover und natürlichen den Bandnamen nicht besser abschneiden. Wer die Aversion gegen die Truppe, die Metallern offenbar angeboren ist, überwinden kann, den erwartet ein Album, das sich qualitativ in die Reihe der großen Scheiben wie die angesprochenen „Nymphetamine“ und „Godspeed On The Devil’s Thunder“ einordnen darf.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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