Review Creeper – Sanguivore

Rückblick: Im November 2022 wurde CREEPER-Frontmann Will Gould auf ziemlich blutige Art und Weise im Rahmen einer Show im Camden Roundhouse von einer Art Vampir angegriffen und schließlich geköpft. Damit beendete die Band nicht nur besagtes Konzert, sondern auch den Zyklus ihres letzten Albums „Sex, Death And The Infinite Void“ sowie der zugehörigen EP „American Noir“. Aufmerksame Fans hatten natürlich sofort den Verdacht, dass sich CREEPER mit ihrem nächsten Langspieler dem Thema Vampire widmen würden und tatsächlich dreht sich „Sanguivore“ um die Beziehung zwischen der ewig jungen Vampirin Mercy und dem älteren Herrn Spook, der in ihre Gewalt geraten ist. Musikalisch sind CREEPER mit Album Nummer drei dem Emo-Punk der Anfangstage vollständig entwachsen und zeigen sich als Band, die gekonnt zwischen allen Stühlen sitzt und diverse Genres zu einem einzigartigen Sound-Cocktail vermischt.

Wobei reiner Emo-Punk ohnehin noch nie das treffende Genre für CREEPER war, schon immer ging es eher in die „The Black Parade“-Phase von My Chemical Romance. Genau diesen Bombast und diese Theatralik treibt das Quintett auf „Sanguivore“ nun auf die Spitze und öffnet sich noch mehr musikalischen Einflüssen. Mit dem Opener „Further Than Forever“ stellen CREEPER gleich mal den längsten und bombastischsten Song der Platte an den Anfang. So mancher Hörer dürfte sich an die „Bat Out Of Hell“-Phase von Meat Loaf erinnert fühlen und tatsächlich hat Frontmann Will Gould dessen Erfolgsproduzent Jim Steinman als wichtige Inspirationsquelle für das Songwriting genannt. In typischer Rock-Oper-Manier mäandert die Nummer zwischen sanften, von Piano getragenen Phasen und kraftvollen Bridges und Refrains, die sofort ins Ohr gehen. Schon mit dem Folgenden „Cry To Heaven“ treibt es CREEPER aber wieder in eine andere Sound-Richtung: Statt Steinman-Epik gibt es nun an Depeche Mode erinnernde Keyboards, düster-poppigen Goth-Rock und einen weiteren Killer-Refrain mit starken Vocals von Keyboarderin Hannah Greenwood. Auch wenn „Sanguivore“ am besten am Stück gehört funktioniert, lassen sich doch mit „Cry To Heaven“, „Sacred Blasphemy“ und „Teenage Sacrifice“ drei echte Hits ausmachen, deren Refrains einem nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Gerade Fans der frühen CREEPER werden mit „Sacred Blasphemy“ und auch „Chapel Gates“ ihre Freude haben, kommt bei ihnen doch der Horror-Punk à la Misfits und Co. am deutlichsten zur Geltung und Gitarrist Ian Miles darf richtig freidrehen. Man darf aber nicht den Fehler begehen zu glauben, CREEPER würden einfach nur genannten Bands nacheifern. Den Engländern gelingt es auf „Sanguivore“ vielmehr, die Stärken ihrer Vorbilder zu nehmen und damit eine ganz eigene Form von bombastischem Gothic-Rock mit Punk-Elementen zu erschaffen. Für absolute Gänsehaut sorgen die Balladen „The Ballad Of Spook & Mercy“ und besonders „More Than Death“. Die stimmliche Varianz und Kraft von Will Gould ist ja bereits bekannt, diese beiden Balladen sind aber seine bisherigen Meisterstücke. So intensiv, verletzlich und in den Refrains dann wieder unheimlich kraftvoll hat man den charismatischen Frontmann bisher noch nie gehört und treffender als mit „More Than Death“ kann man ein Album wie „Sanguivore“ auch nicht beenden.

CREEPER haben mit „Sanguivore“ etwas gewagt und damit ein absolutes Hit-Album aufgenommen. Die Scheibe strotzt nur so vor Hooks, Epik, großen Gefühlen und einer sexy Gothic-Attitüde, die der Band sehr gut steht. Top-Produzent Tom Dalgety hat dem Ganzen auch noch eine perfekte Produktion verpasst, wodurch „Sanguivore“ vollends zu einem süchtig machenden Hörerlebnis wird. Wohin auch immer CREEPER sich nach diesem Zyklus musikalisch wenden werden, mit ihrem dritten Langspieler haben sie bereits jetzt einen Klassiker erschaffen.

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Wertung: 9.5 / 10

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