Konzertbericht: Creeper w/ Milk Teeth, Puppy

10.04.2017 München, Strom

Jung, aufstrebend, energiegeladen sowie offen für Neues – was sich wie ein Bewerbungsschreiben liest, ist tatsächlich eine Charakterisierung, die auf CREEPER, MILK TEETH und PUPPY zutrifft. Drei Perlen des englischen Rock-Undergrounds, die die Veröffentlichung des CREEPER-Debütalbums zum Anlass nehmen, um gemeinsam Europa unsicher zu machen.

Als erstes dürfen PUPPY auf die Bühne und vom Start weg hat man das Gefühl, dass sich das Trio auf selbiger pudelwohl fühlt – ein Umstand der auch auf die anderen Bands des Abends absolut zutrifft. PUPPY spielen eine spannende Mischung verschiedenster Stile, wobei stehts Power, Groove und ein Sinn für Melodie im Vordergrund stehen. So mischen die Londoner Grunge („Arabella“) mit Deftones-Style-Nu-Metal („My Tree“) und gelegentlichen Gesangsharmonien, die massiv an Ghost erinnern („Entombed“). Mit diesem Sound, ihrem sympathischen Auftreten sowie eine energiegeladenen Darbietung kann die Band die Anwesenden im Handumdrehen für sich gewinnen, so dass es kräftig Applaus gibt und nicht wenige Köpfe fleißig nicken. Auch wenn PUPPY noch kein Album veröffentlicht haben, macht dieser Auftritt klar, warum die Band als „die momentan spannendeste Band des UK“ (CREEPER) oder sogar als „die neuen Metallica“ (MILK TEETH) bezeichnet werden.
Doch auch die folgenden MILK TEETH haben das Publikum ganz schnell auf ihre Seite gezogen, als die drei Herren und Frontfrau Becky die Bühne betreten und ihre Mischung aus (modernem) Grunge und Punk Rock zum Besten geben. Der Fokus des Sets liegt dabei auf dem aktuellen (Debüt-)Album „Vile Child“. Aber auch ein paar ältere Songs finden am heutigen Abend Gehör. Dabei alterniert die Truppe zwischen sattem Punk Rock mit jeder Menge Energie und Durchschlagskraft („Brickwork“) und zarten, fast zerbrechlichen Passagen, deren Höhepunkt sicher  das lediglich mit Gitarre und Gesang vorgetragene „Kabuki“ ist. Dass diese Klänge beim Publikum gut ankommen lässt sich an der gesteigerten Bewgung ebenso festmachen wie am Applaus, den die Band als Lohn für ihren tollen Auftritt erhält. MILK TEETH haben auf der Bühne einfach so viel Spaß am eigenen Tun, dass man schlicht nicht anders kann, als sich ebenfalls daran zu erfreuen.


  1. Brickwork
  2. Burger Drop
  3. Cut You Up
  4. Crows Feet
  5. The Ballad Of Charlie Holmes
  6. No Fun
  7. Kabuki
  8. Swear Jar
  9. Brain Food
  10. Vitamins

Dass, bei aller bereits erlebten Qualität, der Headliner des heutigen Abends aber nur CREEPER sein kann, wird schon deutlich, bevor die erste Note gespielt ist. Die Anspannung und Erwartung der Anwesenden ist förmlich greifbar und als das Intro zu „Black Rain“ erklingt, gibt es kaum jemand im Publikum, der dieses nicht mitspricht und anschließend den kompletten Text des Songs mitbrüllt. Dieser Umstand, ebenso wie der Fakt, dass die meisten Fans hier auch bereits sämtliche anderen Texte der Band auswendig können, obwohl das Debütalbum „Eternity, In Your Arms“ gerade einmal seit zwei Wochen draußen ist, legt den Schluss nahe, dass der Name der Bandwebsite „creepercult“ ein Zukunftsversprechen ist. Denn die Hingabe, die den jungen Engländern entgegenschlägt, ist bemerkenswert. Mit ihrer Mischung aus Punk Rock mit Hardcore-Schlagseite und jeder Menge Gothic-Elementen (optisch wie musikalisch) treffen CREEPER ganz offensichtlich einen Nerv. Dazu hat die Band mit Will einen Frontmann, der gut ausieht, ein bisschen freakig und mysteriös ist und eine „larger than life“-Persönlichkeit verkörpert – alles Markenzeichen einer Szeneikone.
Das klingt hochtrabend und angesichts von rund 70 Konzertgängern übertrieben, aber CREEPER zeigen mit ihrem heutigen Auftritt, dass sie das Potential haben, all diese Versprechungen wahr werden zu lassen. Denn neben den flotten Brechern der ersten beiden EPs (die es natürlich auch auf dem Album zu hören gibt), etwa „Poison Pens“, hat die Band seitdem mit Hannah am Keyboard jemand dazugewonnen, der die Energie der Band kanalisiert und zudem mit einem Sinn für großartige Melodien („Suzanne“, „Down Below“) die Songs zu Meisterwerken arrangiert.
So wirkt auch ein Stücke wie „Crickets“ – vorgetragen nur mit Akustikgitarre und Hannahs Gesang – keinesfalls wie ein Fremdkörper. Und als nach einer Stunde „I Choose To Live“ erklingt, wird klar, dass CREEPER in die größten Hallen gehören. Denn wie hier die theatralsiche Größe Queens mit Punk-Rock-Ethos und Gothic-Zerbrechlichkeit kombiniert wird, ist schlicht umwerfend. Dies gilt ebenso ohne Einschränkung für „Misery“, den vielleicht besten CREEPER-Song, mit dem die Band ihren Zugabenblock beschließt und nach rund 75 Minuten die Bühne verlässt.

  1. Black Rain
  2. Poison Pens
  3. Black Mass
  4. The Honeymoon Suite
  5. Suzanne
  6. Lie Awake
  7. We Had A Pact
  8. Valentine
  9. Down Below
  10. Crickets
  11. Hiding With Boys
  12. Astral Projection
  13. I Choose To Live
  14. ————-

  15. VCR
  16. Misery

Drei Bands, drei mal höchste Qualität der Songs und mitreißende Liveshows – der heutige Abend lässt das immer wieder bemühte „rock is dead“ zu bloßen Plattitüde verkommen. Denn mit jungen Bands wie PUPPY und MILK TEETH sowie CREEPER als Anführern der Bande geht es der Rockmusik gerade so gut wie lange nicht. Zudem versprechen diese (und andere) junge Bands Großes für die kommenden Jahre – es lohnt sich gerade wieder wie lange nicht mehr, das Ohr am Untergrund zu haben.

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Fotos von: Christoph Emmrich

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