Review Dead Limbs – Spiritus/Sulphur

  • Label: Northern Silence
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Black Metal

Konzeptalben, also Alben, deren Songs eine Geschichte erzählen oder sich mit einem bestimmten zusammenhängenden Thema oder einer lyrischen Vorlage auseinandersetzen, sind gerade im Metal keine Seltenheit. Dass eine Band für eine solche Platte ihren eigenen Mythos erschafft, kommt hingegen nicht alle Tage vor. Genau das haben die brasilianischen Atmospheric-Black-Metal-Newcomer DEAD LIMBS mit ihrem Debüt „Spiritus/Sulphur“ jedoch getan. Die Inspiration für ihre Sage namens „The Ash Seeketh Embers“ fanden DEAD LIMBS in der Hermetik, der griechischen Mythologie und der „Souls“-Reihe. Klingt vielversprechend? Ist es auch und das nicht nur textlich, sondern auch musikalisch!

Die zwar sehr klare, aber vielleicht etwas zu gediegene Produktion, für die Patrick W. Engel verantwortlich zeichnet, mag das Album anfangs eher unscheinbar erscheinen lassen, ebenso die knapp bemessene Spielzeit von 35 Minuten. Doch spätestens ab dem zweiten Hördurchlauf ist nicht mehr zu übersehen, was für ein eindrucksvolles Album DEAD LIMBS hier kreiert haben. Mit ihren zutiefst melancholischen Tremolo-Riffs, mysteriös-hymnischen Gesängen, kratzigen Screams und stimmungsvollen Clean-Passagen (auch abseits der beiden Interludes „The Craven’s Pilgrimage“ und „The Thorncrown’s Blessing“) ziehen DEAD LIMBS den Hörer gänzlich in ihren musikalischen Bann, sofern dieser sich nur darauf einlässt.
Nicht minder fesselnd sind die tristen Lead-Melodien, während das variable Drumming in den doomigen Momenten für schleppende Rhythmen sorgt und den kraftvolleren Ausbrüchen durch gezielte Double-Bass und Blasts zusätzliche Intensität verleiht. Was DEAD LIMBS sogar vielen schon länger existierenden Bands bereits jetzt voraushaben, ist ihr fantastisches Gespür für Songwriting. „Spiritus/Sulphur“ folgt nämlich in stimmiger Weise einem natürlichen musikalischen Fluss. Weder die ruhigen noch die härteren Phasen, wirklich nichts wirkt hier aufgesetzt oder erzwungen.
Darüberhinaus sind die Arrangements nicht nur in sich konsistent, sondern auch mit einigen wirklich einprägsamen und zugleich packenden Melodien ausgestattet. Demnach musizieren DEAD LIMBS weder zu sprunghaft noch zu langatmig. Vergleiche mit Agalloch und Mgła sind durchaus nicht zu hoch gegriffen, an erstere fühlt man sich vor allem im wunderbar erdigen Solo des elfminütigen Abschlussepos „Awake! O Sleeper Of The Land Of Shadows“ erinnert.

DEAD LIMBS haben mit „Spiritus/Sulphur“ ein wahrhaft beeindruckendes erstes Album veröffentlicht, das den drei Brasilianern hoffentlich schnell den verdienten Bekanntheitsgrad in der Szene einbringen wird. Ihr Debüt ist musikalisch, lyrisch und optisch ein ernstzunehmendes Kunstwerk und zugleich ein erster Hinweis auf das enorme Potential der noch jungen Band. Insbesondere mythologisch interessierte, Clean-Gitarren-affine Black-Metal-Hörer dürften über dieses düstere Epos in DEAD LIMBS eine neue Lieblingsband finden.

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Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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