Review Glare Of The Sun – Theia

  • Label: Lifeforce
  • Veröffentlicht: 2019
  • Spielart: Doom Metal

„Theia“ ist der Name einer Titanin aus der griechischen Mythologie, die Bezeichnung eines Protoplaneten, der vor mehreren Milliarden Jahren mit der Erde kollidiert sein soll, und seit Mitte 2019 auch der Titel des zweiten Albums von GLARE OF THE SUN. Nach dem überaus hörenswerten Debüt, dem 2017 erschienenen „-Soil-“, verspricht also schon der Titel des Nachfolgers ein weiteres interessantes Hörerlebnis. Dass die österreichischen Post-Doom-Metaller ihre neuen Songs lediglich mit römischen Ziffern bedacht haben, macht umso neugieriger darauf, was wohl hinter den kryptischen Stücken stecken mag.

Die einzelnen Songs eines Albums bloß der Reihe nach zu nummerieren, kann sich erfahrungsgemäß sowohl positiv als auch negativ auswirken. Sind die Stücke wie etwa auf Batushkas „Litourgiya“ (2015) wie aus einem Guss arrangiert und als zusammengehöriges Ganzes konzipiert, forciert der Verzicht auf unterscheidbare Songtitel die Wahrnehmung der Platte als Gesamtkunstwerk. Im umgekehrten Fall erscheint ein ohnehin schon nicht besonders überwältigendes Album umso ausdrucksschwächer, wenn man die paar Eigenheiten der Tracks nicht an ihren Bezeichnungen festmachen kann. GLARE OF THE SUN tendieren auf „Theia“ leider eher zu Letzterem.

Zwar hat sich an ihrer bewährten Kombination aus wuchtigen Doom-Parts und geheimnisvollen, unverzerrten Post-Rock-Abschnitten im Grunde nichts geändert, zünden wollen die zwölf Nummern aber doch nicht so richtig. Dabei finden sich durchaus einige ansprechende Arrangements – wenn man nur gewillt ist, sie zurückzuverfolgen, um sie sich einzuprägen. Unter allen Tracks stellt „IV“ mit seinen anfangs träumerischen, stimmungsvollen und später extrem kehligen Clean-Vocals, die zum Teil von Thom Kinberger (Our Survival Depends On Us) beigesteuert werden, definitiv das Highlight dar. Auch das auf elegante Weise melancholische Akustik-Zwischenspiel „VI“ und das luftige „XII“ sind äußerst schön anzuhören.

Den Großteil der 66 Minuten langen Laufzeit über gelingt es GLARE OF THE SUN jedoch kaum, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Insbesondere den Passagen, in denen die Band markige Screams, wuchtige Distortion-Gitarren und schleppendes Drumming in den Vordergrund stellt, fehlt es an herausragenden Wendungen. Den Mangel an prägnantem Songwriting kann leider auch die dank des Mixings von Martin Schirenc (Pungent Stench) und des Masterings von Dan Swanö bewundernswert kraftvolle und definierte Produktion nicht aufwiegen.

Weshalb „Theia“ gefühlt nicht so recht in die Gänge kommen will, ist schwer zu beurteilen. Vielleicht liegt es an dem Fehlen von Songtiteln, vielleicht an dem recht opulenten Umfang oder vielleicht ist GLARE OF THE SUN beim Schreiben auch einfach nicht viel Prickelndes eingefallen. Womöglich hat auch jeder dieser Punkte einen kleinen Anteil an der mäßig aufregenden Wirkung der Platte. Schlecht ist das zweite Full-Length der Österreicher keineswegs – die eine oder andere Stelle wie etwa „IV“ bleibt auch im Nachhinein im Gedächtnis. In seiner Gesamtheit hat „Theia“ jedoch leider eine deutlich geringere Langzeitwirkung als „-Soil-“. Es bleibt zu hoffen, dass GLARE OF THE SUN beim Ausfiltern der Tracklist ihres nächsten Albums wieder etwas strenger zu sich selbst sein werden.

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Wertung: 6 / 10

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