Review Graveworm – Collateral Defect

Nicht gerade in aller Munde, aber durchaus öfters im Gespräch waren GRAVEWORM 2005 mit ihrem derzeitigen Release „(N)Utopia“. Gut erinnere ich mich noch an die Werbezeilen in Printmagazinen, wo groß und breit für dieses Album geworben wurde, wodurch auch der Vorgänger „Engraved in Black“ wieder mehr Beachtung fand. Ich fand damals aus unerfindlichen Gründen keine Gelegenheit, auch nur in eines der beiden Alben reinzuhören, auch wenn der angepriesene Stilmix durchaus interessant gewesen wäre – melodischer Black Metal mit Gothic-Einschlag. In Form von „Collateral Defect“ liegt nun also doch endlich etwas von dieser Band vor, und um das gleich vorwegzunehmen, nach intensivem Hören kann ich verstehen, warum die Truppe trotz langjährigem Bestehen und etwas überbeworbenen Alben nie zu echter Größe gelangte.

Womit ich GRAVEWORM aber nicht musikalische Qualität absprechen möchte, hier lässt man sich nicht lumpen und bietet immer solide Kost in Form von der Rhythmus-Fraktion, der sich hier auch die Gitarren anschließen, und den Lead-Melodien, die das Keybard zumeist übernimmt. Dieses gliedert sich aber gut in den Gesamtsound ein und passt gut zum Rest – ebendies trifft auch auf die Vocals von Stefano Fiori zu, der sich durch das Album kreischt und growlt, wobei er immer sehr markig klingt, von Drucklosigkeit kann hier keine Rede sein. Für das ganze Album gilt: Es wirkt alles sehr präzise eingespielt/eingesungen und in jedem Fall professionell, GRAVEWORM wissen genau, was sie machen und wie sie es machen, hier passt auch die solide Produktion sehr gut, die alles sehr klar durch die Boxen tönen lässt. Genau in dem Bewusstsein der Band, dass sie nur genau den Stil spielen, den sie spielen wollen, liegt aber auch das Problem des Albums: Man will Melodic Black Metal mit Gothic-Einschlag und Keyboard-Leads spielen, gepaart mit zwischen Death- und Black Metal wechsenden Vocals – Das tut man auch, aber hier bleiben irgendwie jegliche Emotionen ein wenig auf der Strecke. „Bloodwork“, „Touch of Hate“ oder „The Day I Die“ sind beileibe keine schlechten Songs, aber sie gehen, um das klipp und klar zu sagen, zum einen Ohr rein und zum anderen raus. Keine echten Höhepunkte sind in den Liedern zu erkennen, man spart einfach zu sehr an allen Elementen. Weder wird man jemals von einer fetten Keyboard-Wand atmosphärisch erdrückt, obwohl hierfür meiner Meinung nach durchaus Ansätze zu erkennen wären, noch ergeht man sich je in irgendwelchen aggressiven Metzel-Orgien. Ich will hier auch nicht sagen, die Band hätte keine Anstrengungen in die Platte investiert, denn wie gesagt hört man, dass alles sehr genau überdacht worden ist. Trotzdem fehlen mir irgendwo die Emotionen, die doch sowohl Gothic als auch Black Metal ausmachen sollten. Das gilt nicht nur für den instrumentalen Teil der Platte, auch Stefano Fiori scheint sich hier nie so recht seine Wut, seinen Schmerz, oder was auch immer ihn so leitet, aus dem Bauch schreien zu wollen, die Vocals klingen theoretisch zwar klasse, aber irgendwo eben auch zu genau berechnet. Nie wird mal eine Silbe über mehrere Takte gehalten, in welchen man dann das Gefühl hat, da würden gerade die Stimmbänder reißen. Auch die Keyboard-Melodien sind zwar wirklich nicht schlecht, und während man zum Beispiel „Bloodwork“ anhört, findet man durchaus Gefallen an dem, was geboten wird, wirkt alles durchaus beschwingt, aber wenn der Song aus ist, kann man sich auch nicht mehr wirklich daran erinnern.

Würde das Album auf einer Party nebenbei laufen, wäre es wohl die perfekte Untermalung für diese – Es hält sich durchweg dezent im Hintergrund, man kann den Songs in einer ruhigen Minute sehr gut auch aufmerksamer lauschen. Damit hat es sich dann aber auch, ich habe zwar kein Problem, „Collateral Defect“ zu hören, aber ich könnte keine plausiblen Gründe nennen, es sich zu kaufen. Ich halte es also für etwas fraglich, ob Graveworm mit diesem Album viel reißen werden. Die Band hat es zweifellos drauf, aber Mitreißendes, Emotionales, was Musik meiner Meinung nach ausmacht, wird hier nicht geboten.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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