Review Helestios – Your Pain Tastes Good

(Heavy / Progressive / Melodic Death Metal) Wer bei dem Namen HELESTIOS an Griechenland denkt, der liegt zumindest ein bisschen richtig – zu einem Viertel, um genau zu sein: Immerhin Leadgitarrist Stelios Aggelis kommt aus dem südeuropäischen Land am Mittelmeer, während seine Kollegen aus Lettland und den Niederlanden stammen. Und als ob das nicht schon Beweis genug für die Internationalität der Gruppe wäre, gibt die Band auch noch das englische Basingstoke als ihren Heimatort an. Mit „Your Pain Tastes Good“ hat das Quartett jüngst in Eigenregie sein Debütalbum vorgelegt. Ob das so gut klingt, wie unser Schmerz schmeckt, darum soll es im Folgenden gehen.

So international die Combo personell aufgestellt ist, so vielfältig offenbart sie sich im Hinblick auf ihre stilistische Ausrichtung. Das beginnt bereits mit dem eigentümlichen Kehlkopfgesang, mit dem Bassist Agnis Aldiņš den Opener „Sacrifice“ einläutet. Dieser bietet in der ersten Minute bereits aggressive Twin-Leads, peitschende Thrash-Beats an der Grenze zum Blast und einen Death-Metal-Scream par excellence. In die knapp fünf Minuten haben HELESTIOS aber auch schleppende Passagen zu zackigem Stakkato-Riffing und Keyboard-Begleitung, vertrackt-progressive Drum-Patterns sowie melodische Soli gepackt.

Davon, ihre Hörer zu überfordern, sind die vier Musiker trotz allem Abwechslungsreichtum dennoch weit entfernt. Im Laufe des Albums wird vielmehr klar, dass HELESTIOS auf kompaktes Songwriting setzen. Das geht zum Teil so weit, dass sie etwa den Track „Black Storm“ schon nach dem Part, der strukturell nach einem ersten Refrain klingt, alsbald beenden. Auch das getragene „Back To Where It Starts“, das die Hörer mit einer Uptempo- und sogar einer kurzen Blast-Passage aus seiner sonst träumerischen Atmosphäre mit Synthie-Begleitung herausreißt, geht unmittelbar nach dem zweiten Refrain und deutlich unter der Vierminutenmarke über die Zielgerade. Daran ist prinzipiell ebenso wenig auszusetzen wie daran, dass sich HELESTIOS nicht in repetitiven Songstrukturen verlieren, doch fällt es gerade bei gelungenen Tracks wie diesen etwas negativ auf – sie wirken abgewürgt. „Always leave them wanting more“, hat sich die Band dabei wohl gedacht.

Demgegenüber stehen die Langstücke, das titelgebende „Your Pain Tastes Good“ und der Rausschmeißer „Return To Baalbek“. Beide Tracks hat die Band mit Intros ausgestattet, ersteren mit klassischen Akustikgitarren, letzteren mit orientalisch klingenden Saiteninstrumenten. Sänger Henrijs Leja wechselt mühelos von kraftvollen Death-Growls in den Strophen zu mal rauem, mal melodischem Klargesang. Der Titeltrack wartet schon nach dem ersten Refrain mit einem metalcorelastigen Breakdown-Part zum gefühlvollen ersten Solo auf, während das zweite zu traditionellem Heavy-Metal-Riffing und galoppierender Bass-Drum dargeboten wird. Auch im albumfinalen Song bauen HELESTIOS einen Break nach dem ersten Refrain ein, um sich von Clean-Gitarren zu einem rasenden Doublebass-Part zu steigern. Hier darf Leadgitarrist Stelios im Anschluss ebenso mit seinen Solo-Fertigkeiten glänzen.

Angesichts des Genremixes und dem hohen Maß an Variation könnte man nun den Eindruck erhalten, dass HELESTIOS eine Band ist, die ihren Stil erst noch finden muss und den Hörern bis dahin einen Flickenteppich aus Genrefetzen anstatt ein kohärentes Album vorlegt. Während in ersterem Aspekt ein Funken Wahrheit liegen mag, klingt „Your Pain Tastes Good“ jedoch tatsächlich ausgereift und in sich geschlossen. Neben den näher betrachteten Songs bietet das Quartett auch in den restlichen vier Tracks eine hörenswerte Mischung aus modernem bis proggigem Heavy auf der einen und melodischem bis schlagkräftigem Death Metal auf der anderen Seite. Frontmann Henrijs fühlt sich sowohl im klaren wie auch im gutturalen Gesang zuhause, während sich seine Mitstreiter als überaus talentierte Instrumentalisten erweisen. Verpackt wurde die Platte in einen druckvollen, transparenten Sound, der bei Eigenproduktionen nach wie vor keine Selbstverständlichkeit ist. So bleiben unterm Strich neben der etwas knappen Spielzeit von gut 34 Minuten – nicht zuletzt bedingt durch das (vor)schnelle Ende mancher Tracks – höchstens noch das klischeetriefende Cover-Artwork und der nicht minder ausgelutschte Albumtitel zu beanstanden. Dennoch: Hut ab vor diesem Debüt.

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Wertung: 7.5 / 10

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