Review Marathonmann – Holzschwert

Es gibt immer wieder Bands, die auf einmal wie aus dem Nichts auftauchen, die Straßen mit ihren Stickern voll kleben, auf einmal quasi auf allen Konzerten, auf die man geht, Vorband sind – nur um kurz darauf genauso schnell wieder zu verschwinden. Als Anfang des letzten Jahres MARATHONMANN in den sozialen Netzwerken mit dem großartigen Song „Die Stadt gehört den Besten“ auf sich aufmerksam machten und plötzlich an jeder Steckdose in München spielten, hatte man zunächst das Gefühl, hier könnte es sich um eine weitere „dieser“ Bands handeln. Ein Jahr später ist die Band zwar immer noch quasi ununterbrochen als Support für größere Bands zu sehen – die Einschätzung, dass man es hier mit einem kurzlebigen, nur auf München beschränkten „Run“ zu tun hat, hat sich allerdings spätestens mit dem Deal bei Century Media, einer Tour mit Comeback Kid, Auftritten mit Boysetsfire und dem nun erscheinenden Debütalbum „Holzschwert“ gänzlich geändert. MARATHONMANN darf man sicherlich in den nächsten Jahren als deutschlandweit Konstante im Bereich des emotionalen Punkrocks einplanen, was sich auch an der Qualität ihrer Songs festmachen lässt.

Musikalisch orientieren sich MARATHONMANN zum größten Teil an sehnsüchtigen, melodischen Punkbands wie Muff Potter, Turbostaat oder Tagtraum, lassen dabei aber auch immer wieder Elemente aus Hardcore und Post-Hardcore in ihre Musik einfließen. Das Ergebnis dieser Mischung ist, dass ein Song wie „Unter Tränen“ an Bands wie Escapado erinnert, der packende Opener „Wenn du dem Teufel deine Hand gibst“ in Richtung Defeater ausschlägt und „Räume“ auch von einer der letzten Muff-Potter-Platten stammen könnte. Dabei schafft es die junge Münchner Band, einen eigenen Stil zu entwickeln, der stets wiedererkennbar und charakteristisch ist, wozu sicherlich auch der heisere, zwischen Sprechen und Singen einzuordnende Gesang von Bassist Michael beiträgt. Die gesamte Attitüde der Band wirkt musikalisch wie textlich authentisch und direkt, und verzichtet auf eine künstlich hergestellte Affektiertheit. MARATHONMANN halten die klassischen Strophe-Refrain-Bridge-Schemata brav ein, da es ihnen nicht darum geht, großartig herumzuexperimentieren. Stattdessen setzt die Band ganz auf leidenschaftliche, sehnsüchtige Momente und Melodien.
Dennoch besitzt „Holzschwert“ neben seinen großartigen Momenten einige Mankos, die den Hörgenuss merklich schmälern. So sind die Chorgesänge und Gangshouts, wie beispielsweise in „Wir sind immer noch hier“, „Wenn du dem Teufel deine Hand gibst“ oder auch in „Die Stadt gehört den Besten“ (welches für „Holzschwert“ noch einmal neu aufgenommen wurde), nicht druckvoll genug und wirken schlicht und ergreifend deplatziert. Das ist insbesondere schade, da die Musik auf „Holzschwert“ auch ohne diese Skatepunk-/Hardcore-Attitüde funktionieren würde. Während Songs wie „Unter Tränen“, „Holzschwert“ oder „Räume“ uneingeschränkt begeistern und herausstechen, sind sich einige Songs strukturell ein bisschen zu ähnlich und gehen im Gesamteindruck unter.

„Holzschwert“ ist ein mitreißendes Album geworden, das sich zwischen emotionalem Punkrock und Post-Hardcore pudelwohl fühlt. Zwar hakt das Räderwerk an manchen Stellen noch etwas und benötigt etwas mehr Feinschliff – in Anbetracht der Tatsache, dass MARATHONMANN erst letztes Jahr in die alternative Musiklandschaft hineingepurzelt sind, ist dieses Debütalbum allerdings eine amtliche Ansage. Gekommen um zu bleiben.

Wertung: 7 / 10

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