Review Mayfair – Behind …

Zu spät geboren zu werden kann Gunst und Fluch zugleich sein; das eine schafft Schuldlosigkeit und das andere – Ahnungslosigkeit. So habe ich bis dato noch nie etwas von der österreichischen Undergroundhoffnung MAYFAIR gehört und war zu Beginn meines Kontakts mit dieser Band auch etwas skeptisch: eben ganz Kind eines Zeitalters voller überflüssiger Reunions schon damals zweitklassiger Bands. Und nun?
Sozusagen als Vorgeschmack auf ein noch für dieses Jahr geplantes neues Studioalbum, legt Pure Steel Records das 1993 erstveröffentlichte Album „Behind …“ der Österreicher MAYFAIR in modernisiertem Soundkleide noch einmal auf. Und wer damals die Band verpasst hatte oder wie ich der Einschulung entgegensah, dem wird hier die Chance gegeben, ein völlig eigenständiges, verspieltes Album zu entdecken.

Inwiefern sich die neue Produktion der CD von der Qualität der Erstveröffentlichung unterscheidet, kann ich nicht beurteilen – aber anno 2013 besticht „Behind …“ durch einen glasklaren Klang, der es ermöglicht, selbst kleine instrumentelle Spielereien deutlich herauszuhören. Das kommt der Musik enorm zugute, handelt es sich doch bei selbiger um eine ziemlich eigenwillige Mischung aus teils klassischen Metal-Riffs, denen große Mengen an doomigen Läufen und frühe Gothic-Elemente beigemischt werden. Dazu kommt eine ziemlich vertrackte Rhythmusarbeit, die wenig bis keine Geradlinigkeit aufkommen lässt – der Prog-Touch, der der CD anhängt, bedingt sich vor allem durch diesen Umstand. Riesiger Pluspunkt hierbei: das großartige Schlagzeugspiel, das immer wieder für Überraschungen sorgt, Rhythmen verschleppt, plötzlich anzieht und für sich genommen schon beinahe ein Kaufgrund darstellt.

„Behind …“ entwickelt beim Hören eine ziemlich düstere, melancholische Atmosphäre, die aber wenig mit der klassischen „Zeig-mir-den-Weg-nach-unten“-Attitüde diverser Gothic-Bands zu tun hat, weil die CD diese Stimmungen immer wieder mit teils äußerst skurrilen Passagen aufbricht – Paradebeispiel hierfür der „Jippi-Jippi-Jaja“-Part in „Madame Pest“ (was ein Groove!). Dass überhaupt so etwas wie Gothic-Amtosphäre aufkommt, liegt auch an der Entscheidung der Band, englische und deutsche Texte zu mischen. Und: Es funktioniert ganz wunderbar, beide Sprachen ergänzen sich in ihren Ausdrucksmöglichkeiten aufs Beste. Ähnlich eigenwillig wie die instrumentalen Passagen ist auch der Gesang ausgefallen, der klar und fragil klingt und immer wieder in sehr hohe, an King Diamond erinnernde Schreie ausbricht und sich harmonisch mit den von der Gitarre eingestreuten, langsamen Lead-Läufen mischt.

Als Bonus wird dem Album eine weitere CD beigelegt, auf der sich unter anderem auch die beiden Stücke der ersten Demo „Find My Screams Behind This Gate“ sowie bis dato unveröffentlichtes Material mit teils etwas dürftiger Soundqualität findet. Aber „Behind …“ wäre auch ohne diesen Zusatz eine lohnenswerte Anschaffung, gibt es hier doch eine schwer einzuordnende, überraschende und spannende Scheibe zu entdecken.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Manuel Förderer

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