Review Nadja – Sv

In der Noiseszene sind Aidan Baker und Leah Buckareff unter dem Namen NADJA eine feste Institution. Dass außerhalb dieses Genres wohl die wenigsten von NADJAs Mischung aus Ambient, Drone, Doom und Shoegaze gehört haben, liegt sicherlich daran, dass ihre Musik noch nie die einfachste Kost war. Minimalistische, endlos lang gezogene Riffs wechseln sich mit melodischen Einsprengseln ab, elektronisches Fiepsen kollidiert mit monströsen Feedbackschleifen und über allem schwebt eine stets unheilvolle, düstere Stimmung. Dieses Muster wiederholen NADJA auch auf ihrem neuen Album „Sv“. Mit ihrem 42-minütigem Songungetüm weiß das Duo einmal mehr mit einer unglaublich stimmigen, atmosphärischen und hypnotischen Komposition zu begeistern, die sich zwischen zerfasertem Drone und rifflastigem Metal bewegt, und das Spiel zwischen Rhythmik und diffusen Klangflächen bis ins Maximale ausreizt. Der Trip beginnt.

Unheilvolles, leises Dröhnen gepaart mit quietschenden Feedbackgeräuschen eröffnet „Sv“. Ein leises elektronisches Rauschen liegt über allem, das sich über fünf Minuten immer stärker intensiviert, allmählich rhythmische Züge annimmt und nach sieben Minuten durch einzelne Klickgeräusche unterstützt wird. Nach knapp zehn Minuten entwickelt sich das leise Klicken allmählich zu einem polyrhythmischen Drumming und auch bassige Synthies finden ihren Weg in die Musik. NADJA entwickeln aus der Stille und dem Chaos heraus immer mehr Struktur, der sie durch Synthieflächen im Hintergrund einen ganz leichten Tranceeinfluss verleihen. Wie ein weißes Rauschen dröhnen die extrem verzerrten Gitarren immer lauter, bis nach knapp der Hälfte von „Sv“ der Lärmpegel kurz gehalten wird; lediglich eine leise elektronische Spur flirrt über das bereits aufgeschichtete und stetig bedrückendere Klangmaterial. Nach 26 Minuten wird das Rauschen schließlich zu Rhythmus: Der durchgängige, minimalistische Basslauf wird von Gitarrenriffs und Synthietönen unterstützt, sodass die zweite Hälfte des Songs immer mehr zu einem Metalsong mit Shoegaze-Einflüssen gerät. Im letzten Drittel wird auch das Hintergrundrauschen immer leiser, die Rhythmen werden abgehackter und der Schluss des Songs stellt sich schließlich als dynamisches, heftiges Finale dar, bis NADJA in einer Art Outro ein Klavier den Song melodisch ausklingen lassen. Der Trip ist zu Ende.

Mit „Sv“ fügen NADJA ihrer umfangreichen Diskographie ein weiteres Highlight hinzu, das einen unglaublich hypnotischen Sog entwickelt. Wer mit Noise und Drone nichts anfangen kann, wird auch keinen Gefallen an „Sv“ finden und wer ausschließlich auf eingängige Musik steht, sollte um NADJA einen weiten Bogen machen. Alle aufgeschlossenen Musikliebhaber werden von NADJA mit „Sv“ mit der Vertonung eines düsteren, atmosphärischen Trip durch das eigene Gefühlsleben belohnt. Das geschickte Spiel aus Rhythmik und Flächen, aus Lautstärke und völliger Zurücknahme, aus Drone und Metal erreicht hier eine faszinierende Ausprägung und erzeugt über 42 Minuten repetitiver Muster nur in einigen sehr seltenen Momenten ein Gefühl von Ermüdung. Der nächste Trip kann kommen.

Wertung: 8 / 10

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