Konzertbericht: Sunn O))) w/ Nadja

19.09.2023 München, Muffathalle

Ein Konzert von SUNN O))) ist eine Grenzerfahrung – für Shows von NADJA gilt allerdings dasselbe. So ist durchaus als mutig zu bezeichnen, wer sich an diesem Dienstagabend in der Münchner Muffathalle gleich beiden Bands aussetzt. Und ja, „aussetzen“ ist hier das richtige Wort.

Als NADJA um 20:00 Uhr die bereits mit einem beeindruckenden Halbrund aus Boxen und Verstärkern „möblierte“ Bühne betreten, schwant nur Unbedarften nicht, was ihnen dreut: Sekunden später verwandelt das Duo aus Kanada die abgehängte Muffathalle in einen schwingenden Körper. Sämtliche Beschreibungen und Floskeln aus der Musikwelt greifen hier ins Leere. Bei dieser Performance scheint es primär darum zu gehen, das Publikum Schummrig zu wummern: Mit Samplepad, Bass und Gitarre, letztere bearbeitet mit Bottleneck und Geigenbogen, bringen NADJA die Halle und jeden Körper darin für 30 Minuten zum Beben. Angenehm ist das nicht unbedingt (es empfielt sich, den Mund leicht geöffnet zu lassen, um Zähneklappern zu vermeiden) – definitiv aber ein faszinierendes Erlebnis.

Ehe um 20:10 Uhr nach 40 Minuten Regenerationszeit SUNN O))) loslegen, wird die Bühne wie gewohnt kräftig eingenebelt. Anders als bei vergangenen Touren, bei denen Bühne und Zuschauerraum gleichermaßen in Nebel verschwanden, macht der Nebel heute wie von Geisterhand gelenkt an der illuminierten Bühnenkante halt und steigt in einem Wolkenturm gen Hallendecke. Zusammen mit drei sonnenartigen Strahlern hinter sowie der mächtigen Verstärker-Boxen-Wand auf der Bühne sorgt das für eine eindrucksvolle Kulisse für die einzigartige Performance.

Auf dieser Tour in ganz klassischer Zweier-Besetzung unterwegs, braucht es nach der Bass-lastigen Nadja-Show etwas, ehe der vergleichsweise höhenlastige Sound von SUNN O))) seine volle Wirkung entfaltet. Spätestens nach 45 Minuten haben SUNN O))) das Publikum mit ihremmeditativ-monotonen Drone-Dröhnen komplett eingelullt. Mit leerem Blick oder geschlossenen Augen empfangen die Zuhörenden jede weitere Minute ohrenbetäubenden Sounds,

Ob die Kuttenträger Stephen O’Malley und Greg Anderson so etwas wie „Songs“ spielen, ist quasi nicht auszumachen – sporadisch eingestreute Unterbrechnungen im dröhnenen Lärm lassen aber zumindest darauf schließen, dass die beiden bei ihrer Performance einer Art Setlist folgen. In jeder dieser kurzen Pausen wäre ein Des-Kaisers-neue-Kleider-Moment denkbar, ein Ausruf aus der Menge: „Das ist doch gar keine Musik!“ Es wäre kaum zu widerlegen – aber vielleicht liegt darin die Stärke von SUNN O)))?

Knapp 50€ für 120 Minuten reinen Lärm – kaum ein Konzert dürfte nicht Metal-affinen Menschen (und auch so manchem Metalhead) schwerer als „gelungener Abend“ erklärbar sein. Und bei aller Faszination, aller puristischen Genialität wird das 90-minütige SUNN-O)))-Set mit von NADJA vorbehandelten Ohren im letzten Drittel auch wirklich etwas zäh. Die unbeschwerte Leere zwischen den Ohren, als der letzte Akkord dann wirklich der letzte ist und widerspenstig verklingt, rechtfertigt dennoch alles. Wer es nicht selbst erlebt hat, kann das wohl nur schwer nachvollziehen – Erklärungsversuche wie dieser sind zum Scheitern verurteilt.

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