Review Nidingr – The High Heat Licks Against Heaven

  • Label: Indie
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Black Metal

Teloch dürften die meisten Hörer, ob nun bewusst oder unbewusst, vor allem durch seine letzte Arbeit mit Mayhem kennen. Er trat den Black-Metal-Legenden 2011 bei und veröffentlichte zusammen mit ihnen 2014 das vielgelobte „Esoteric Warfare“, für das er den Großteil des Songwritings beisteuerte. Tatsächlich aber war Teloch schon lange zuvor aktiv. Neben diversen Session- und Livejobs bei Bands wie Gorgoroth, God Seed, Myrkur und Ov Hell sowie seiner Arbeit bei NunFuckRitual startete er bereits 1992 sein eigenes Projekt NIDINGR (welches von 1992 bis 1996 noch Audr hieß). 25 Jahre später erscheint nun das gerade einmal vierte Werk der Black-Metal-Truppe mit dem zunächst verheißungsvollen Namen „The High Heat Licks Against Heaven“.

Obgleich der Albumtitel es noch nicht so ganz erahnen lässt, befasst sich auch NIDINGRs aktueller Release wieder „nur“ mit nordischer Mythologie. Nicht, dass diese Mythologie nichts hergäbe oder nicht spannend genug wäre, aber nach etlichen Jahren, in denen unzählige Black-Metal-Kapellen sich dieser Sammlung an Geschichten angenommen haben, dürfte man im Jahre 2017 ja vielleicht etwas mehr Kreativität in der Themenwahl erwarten. Aber nun gut, mit Songtiteln wie „Gleipnir“, „Naglfar Is Loosed“ oder „Ash Yggdrasil“ weiß man immerhin direkt, woran man ist, auch wenn die Band stolz erzählt, dass die Lyrics in zwei Jahren harter Arbeit mit alten englischen Übersetzungen der beiden Edda-Werke verfasst wurden. Ob das die ganze Angelegenheit interessanter macht, muss wohl jeder selbst für sich entscheiden.
Wesentlich eigenständiger und kreativer ist glücklicherweise die Musik. Die Parallelen zu „Esoteric Warfare“, beziehungsweise Mayhem generell, werden auf „The High Heat Licks Against Heaven“ schnell deutlich: Teloch arbeitet viel mit den charakteristischen, chromatischen Mollakkordfolgen, die den Sound der Black-Metal-Veteranen formte. Bei NIDINGR schafft er es aber, den Stücken zusätzlich seinen eigenen Stempel aufzudrücken, sodass die Songs nicht wie ungeschickte Mayhem-Kopien wirken. Tatsächlich ist deren Entscheidung, den talentierten Gitarristen und Songwriter in die Band aufzunehmen, durchaus nachvollziehbar. Mit äußerst gelungenen Kompositionen wie „On Dead Body Shore“ oder „Surtr“ zeigt Teloch eindrucksvoll, wie er Härte mit einer packenden Atmosphäre kombinieren kann. Das funktioniert bei flotteren Nummern, wie dem Opener „Hangaguð“, ebenso wie bei Doom-Ausflügen, wie dem trippigen „Gleipnir“ oder „Ash Yggdrasil“, dem garstigen Duett mit Ulver– und ex-Arcturus-Vokalist Garm. Nicht unerwähnt sollte außerdem der wundervolle Gastbeitrag von Sängerin Myrkur beim abschließenden „Naglfar Is Loosed“ bleiben, die dem Stück durch ihre sanften Clean-Vocals noch mal einen ganz eigenen Charakter verleiht.

Was beinahe allen Songs auf „The High Heat Licks Against Heaven“ jedoch fehlt, ist eine sinnvolle Struktur und ein konsequenter Spannungsbogen. Manche der Stücke wiederholen die gleichen Ideen und Konzepte immer wieder oder reihen sehr ähnlich klingende aneinander und lassen so selbst bei kurzer Songdauer Abwechslung vermissen – ein Problem, das letztlich auch dafür verantwortlich ist, dass einige Stücke auf dem Album kaum auseinanderhaltbar sind. Denn so kreativ die Einfälle Telochs und der an Shinings Niklas Kvarforth erinnernde Gesang Cpt. Estrella Grasas auch sind, wirklich groß ist die musikalische Farbpalette am Ende dann leider doch nicht.
Richtig stören tut das allerdings selten, denn NIDINGR können eben mit zahlreichen spannenden Riffs und einer fiesen, düsteren Stimmung punkten. Warum die Scheibe allerdings zwar druckvoll und transparent, gleichzeitig aber auch ein klein wenig knacksig und übersteuert produziert wurde, erschließt sich auch nach diversen Durchläufen nicht wirklich. Die überwiegend auf kompositorischem Wege erzeugte Grundstimmung des Albums unterstützt dieser Kniff jedenfalls letztlich nicht wirklich.

Mit „The High Heat Licks Against Heaven“ ist NIDINGR ein überzeugendes viertes Werk gelungen. Wenngleich die Platte thematisch kein Neuland betritt und in Sachen Songwriting etwas auf der Stelle tritt, hält sie dennoch mehr als genug spannende Momente und Ideen bereit, um die meisten Fans mayhemschen Black Metals begeistern zu können. Kein Meisterwerk oder Pflichtkauf, aber auf definitiv empfehlenswert.

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Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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