Review Nordein – Nordariket

Schon als der Black Metal noch in seinen pechschwarzen Kinderschuhen steckte, haben sich bereits die ersten Bands daran versucht, traditionelle Folkmusik in diese neue extreme Kunstform zu integrieren. Während manche Vorreiter wie etwa Ulver diese scheinbar grundverschiedenen Stilrichtungen auf meisterhafte Weise in einen gemeinsamen Kontext setzten, gelang dies anderen Bands wie etwa Satyricon auf ihren dilettantischen Frühwerken weniger gut. Dass der Grat zwischen authentischer Feinfühligkeit und pathetischem Kitsch in der volkstümlichen Musik ein äußerst schmaler ist, ist offenbar auch Jørn Øyhus (Varde, ex-Nordjevel) bewusst. Aus der Beschreibung zu „Nordariket“, dem Debütalbum seines Folk-Soloprojekts NORDEIN, ist sein Bestreben, ernstzunehmende Musik zu schaffen, deutlich herauszulesen – dennoch klingt das Album nicht so stoisch, wie man vermuten würde.

Anstatt eine Sammlung kurzer, einfach gestrickter und genügsam instrumentierter Akustik-Nummern zusammenzustellen, hat NORDEIN mit „Nordariket“ ein ausgiebiges und überaus vielseitiges Album kreiert. In den zwischen sechs und elf Minuten langen Liedern setzt Øyhus unter anderem hymnischen Gesang, nicht unähnlich jenem auf Ulvers „Kveldssanger“, teils spröde, teils grazile Akustikgitarren, scharrende Streicher, urige Bläser und unaufdringliche Perkussionen ein. Die Vielfalt der Platte erschöpft sich jedoch nicht in der bloßen Bandbreite des Instrumentalrepertoires, sondern schlägt sich auch im Songwriting nieder.

So baut sich etwa der zehnminütige Opener „Tia“ langsam und erhaben auf, „Máni“ klingt hingegen geheimnisvoll und schwermütig und „Klok Og Tagal“ besitzt einen neugierig machenden, wundersamen Charakter. Seine besten Einfälle hat NORDEIN sich jedoch für den späteren Teil des Albums aufgehoben: Das beschwingte, fast schon feierliche „Alvedans“ und das nachdenkliche „Norner“ mit seinem anfangs noch zurückhaltenden, mit der Zeit luftiger und verspielter werdenden Akustikgitarrenarrangement bilden – so verschieden sie auch sein mögen – die beiden Höhepunkte des Albums.

Wer physischen Tonträgern nicht grundsätzlich abgeneigt ist, tut außerdem gut daran, zur CD-Version zu greifen. Das darauf als Bonustrack enthaltene Cover des schwungvollen Nordjevel-Tracks „Norges Sorte Himmel“ klingt so natürlich, als sei das Stück schon immer als Folk-Nummer vorgesehen gewesen, was eindeutig für Øyhus‘ kompositorisches Geschick spricht. Soundtechnisch lässt „Nordariket“ dank seines klaren, ausgeglichenen Klangs keine Wünsche offen, sodass man NORDEIN schlussendlich allenfalls vorwerfen kann, dass manche der Songs ein wenig langatmig ausgefallen sind.

Mit „Nordariket“ stellt Jørn Øyhus unter Beweis, dass er es nicht nur versteht, mittels Black Metal die eisige Kälte seiner Heimat zu vertonen, sondern auch die passende musikalische Begleitung zu einem wärmenden Lagerfeuer bereitzustellen. Von andächtig („Máni“, „Norner“) bis ausgelassen („Alvedans“) deckt NORDEIN auf seinem ersten Album mehr oder minder sämtliche Stimmungen ab, die man für gewöhnlich in einem klassischen nordischen Folk-Album sucht. Die dreiviertelstündige (bzw. inklusive Bonustrack knapp einstündige) Platte klingt weder zu schwülstig noch amateurhaft und macht somit trotz der einen oder anderen mengenmäßig zu aufgebauschten Passage gespannt darauf, was man in Zukunft von NORDEIN noch zu hören bekommen wird.

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Wertung: 7.5 / 10

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