Review Pigeon Toe – The First Perception

Die Geschichte der Freiburger Progger PIGEON TOE geht bereits auf das Jahr 2008 zurück, als sich die Brüder Martin und Hans Fischer entschlossen, neben ihren Bands Fear My Thoughts, Backslide und Mongouse ein weiteres Projekt zu starten. Während es bei den Stammgruppen früher oder später zur Auflösung kam, stießen zur neuen Formation nach und nach weitere Musiker hinzu, wobei drei der fünf Mitglieder aus dem Dunstkreis der 2010 zu Grabe getragenen Fear My Thoughts stammen. Im selben Jahr spielte das Quintett auch erste Shows, unter anderem mit Karnivool, zuletzt konnte man sie im Vorprogramm von Long Distance Calling auf deren letztjähriger Tour kennenlernen.

Mit „First Perception“ hat der Fünfer aus Süddeutschland nun sein Debütalbum über sein neues Label Lifeforce Records auf den Markt gebracht. Darauf zu finden sind elf Tracks, die zwischen Neun-Minuten-Epos und kurzem, instrumentalem Interlude eine gute Dreiviertelstunde melodischen, entspannten Progressive Rock bieten. Die Songs tönen größtenteils verträumt und verspielt aus den Boxen und sorgen für eine gelöste bis verzaubernde Atmosphäre, die den Hörer in entrückte Klanglandschaften entführt, um ihn dann mit aufbegehrenden, härteren Passagen immer wieder aus jenen zu entreißen.
Das Gitarrenspiel ist erwartungsgemäß vielschichtig und abwechslungsreich ausgefallen, mal plätschern glasklare Clean-Töne vor sich hin, mal dröhnen organische Crunch-Sounds und mal werden dichte Gitarrenwände aufgebaut – auch Akustik- und Banjo-Klänge haben auf „The First Perception“ einen Platz gefunden. Die Soli bleiben ebenfalls vorwiegend im lockeren Bereich, hektisches Geschredder überlassen PIGEON TOE ihren Kollegen aus härteren Gefilden. Drummer Norman Lonhard bearbeitet seine Kessel mal dezent, mal kraftvoller, jedoch stets präzise und überzeugend, und sorgt zusammen mit Basser Ben Krahl und den Synth-Sounds von Drittgitarrist Patrick Hagmann für eine solide Grundlage, während die Gebrüder Fischer mit ihrem warmen Gesang und ihren mehrstimmigen Harmonien den Sound perfekt ergänzen.
Wenn „The First Perception“ Angriffsfläche zur Kritik bietet, dann ist es bei den teils wirr oder auch undurchdacht wirkenden Songstrukturen. So gehört es natürlich zum kleinen Einmaleins progressiver Musik, dass man aus konventionellen Schemata ausbricht, dementsprechend stört man sich nicht weiter an nicht vorhandenen Strophe/Refrain-Einteilungen oder ähnlichem. Allerdings wirken einzelne Passagen manchmal willkürlich eingesetzt und aneinandergereiht, dazu kommt, dass Tracks wie „Sneak“ oder „The Man With The Cat“ wie aus heiterem Himmel beendet werden, und auch „Second Try“ ist schon wieder fertig, als es gerade erst richtig angefangen hat.

Interessanterweise sind dies die kürzeren Lieder des Albums, was zur Folgerung führt, dass PIGEON TOE sich zukünftig gerne vermehrt auf Langstücke wie den Titeltrack, „The Chase“ und „A Broken Man“ konzentrieren dürfen, denn diese sind wirklich gelungen. Im Übrigen kann „The First Perception“ vor allem dadurch punkten, dass es nicht mit technischem Gefrickel überladen wurde und somit trotz instrumentaler Dichte den Hörer nicht überanstrengt. Die des Öfteren ausufernden Instrumentalpassagen (von den nicht spärlich gesäten reinen Instrumental-Tracks ganz zu schweigen), egal ob energetisch oder sanft, stellen das Rückgrat eines gelungenen Albums dar, dass vielleicht nicht perfekt, für ein Debüt jedoch definitiv stark ausgefallen ist.

Wertung: 7.5 / 10

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