Review Shinedown – Amaryllis

  • Label: Roadrunner
  • Veröffentlicht: 2012
  • Spielart: Rock

Das moderne US-Rock-Genre schwappt kaum mehr nach Übersee. Während früher Bands wie 3 Doors Down hierzulande immer für einen Charthit gut waren, hat die Euphorie rund um diese Form des straighten (New) Rocks besonders in den letzten Jahren merklich nachgelassen. Eine der wenigen Ausnahmen: SHINEDOWN. Die Jungs rund um Sänger Brent Smith sind nicht nur regelmäßiger Gast bei Rock im Park bzw. Rock am Ring, sondern füllen nach ihrer Hitsingle „A Second Chance“ nun auch regelmäßig auf Europatourneen die Hallen der Bundesrepublik. 2012 folgt mit „Amaryllis“ ein weiterer Meilenstein in der Bandvita. So schwer der Albentitel anfangs von der Zunge geht, so leicht wandert die Musik ins Ohr.

Dabei machen die Männer aus Jacksonville genau genommen nichts anderes als viele andere Bands wie z.B. Black Stone Cherry auch: Sie sind nur besser darin. Egal, ob schnelle intensive Rocknummern wie das brachiale „Enemies“ oder sanfte Streicherballaden wie „Unity“ – Sänger Brent Smith verdient das Prädikat Goldkehlchen. Selbst die etwas halbgare Singleauskopplung „Bully“ mit (pseudo-)sozialkritischem Hintergrund und etwas deplatziertem Kinderchor am Ende rettet er mit damit vor der drohenden Bedeutungslosigkeit. Scheinbar mühelos klingen in seiner Stimme druckvolle Höhen über die Lautsprecher und transportieren das, was man als geneigter Musikhörer bei solchen Rocknummern oft vermisst: Gefühl. Das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten klingt viel zu selten so hitverdächtig und selbst textlich heben sich SHINEDOWN vor allem bei ruhigeren Nummern etwas von der breiten Massenware ab, besonders wenn man auf den Wortschatz achtet.
Nur Vollblutmetaler dürften auf „Amaryllis“ (trotz vielversprechendem Auftakt mit „Adrenaline“ nebst Double Bass) etwas den letzten Arsch in der Hose vermissen Der Rotz und Dreck im Sound fehlt etwas, besonders im Vergleich zu den Live-Auftritten der Band. Ansonsten ist die Produktion sehr gelungen, werden die verschiedenen Elemente doch wunderbar ausbalanciert und zusammengefügt. Dazu gesellen sich wie in „Enemies“ und „Nowhere Kids“ bombastische Hooklines von einem Kaliber, wie man sie anno 2012 selbst von Genregrößen wie Nickelback nicht mehr hört – trotz größeren Erfolgs.

Auch an der Balladenfront haben SHINEDOWN am Klangspektrum gearbeitet: Wird „I’ll Follow You“ noch mit einem Piano eingeleitet, so ist es bei „Miracle“ eine Akustikgitarre, die das gesamte Stück trägt, welches darüber hinaus textlich mit am meisten überzeugt. In „I’ll Follow You“ werden auch die Streicher des bereits erwähnten „Unity“ noch einmal aufgegriffen, wenngleich musikalisch anders verpackt und in mehr Dramatik gekleidet. Den schmalen Grad zwischen viel und zu viel Herzschmerz – SHINEDOWN meistern ihn auf „Amaryllis“ größtenteils überzeugend. Gegen Ende tauchen die Streicher in der Mid-Tempo-Nummer „For My Sake“ ein drittes Mal auf und zusammen mit dem leicht orientalischen „My Name (Wearing Me Out)“ als treibende Folgenummer setzen die US-Amerikaner gegen Ende noch einmal deutliche Akzente im Hinblick auf ihre Qualitätenvielfalt – nur um am Ende mit Pauke und Xylophon im orchestralen „Through The Ghost“ erneut mit einem gänzlichen neuen Ansatz zu überraschen. Insgesamt ist „Amaryllis“ ein rundum gelungenes musikalisches Überraschungsei von einer ausgezeichneten Band. Reinhören!

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert