Review Siebenbürgen – Delictum

Das mittlerweile dritte Album der Schwedenvampire von Siebenbürgen bietet nicht nur optische Veränderungen (das Cover ist nun farbig!), auch hat sich das Line-Up-Karussel gedreht und man verabschiedete sich von der Vokalistin Lovisa Hallsted, die Platz für eine Dame namens Kicki Höijertz macht. Ebenso ist man nach der verkorksten Produktion des letzten Albums ins Six String Studio zurückgekehrt. (DANKE!) Darüber hinaus gibt es auch einen inhaltlichen Wandel: Waren auf den Vorgängeralben „Loreia“ und „Grimjaur“ noch alle Texte in der Landessprache, so bedient man sich hier fast ausschließlich der englischen Sprache. Aber kommen wir zur Musik:
Eingeleitet von einem bombastischen, diabolischen Intro bricht mit „Majesties Infernal“ der erste Song von „Delictum“ los. Hui, was für ein Gebrezel, infernalisch beschreibt diesen Song mehr als gut, ein Highspeedkracher allererster Güte mit kreativen, höllisch sägenden Melodieläufen und einem Ohrwurmrefrain. Oh ja, Siebenbürgen sind wieder wer. Der Klang lässt diesmal keine Wünsche offen, so sind wir also gespannt, ob man aus den Fehlern von „Grimjaur“ wirklich gelernt hat:
„Storms“ macht einen stilistischen Wandel deutlich, ließ sich der Opener noch bequem in die Kategorie „Black Metal“ einordnen, ist davon nun nur noch der Gesang Marcus Ehlins übrig. Die neue Dame am Mikrofon hat hier ihren Einstand und macht sich gut, insbesondere im Duett mit Ehlin. Der Rest dieses Songs lässt sich als schleppendes, verträumtes Düstermetall bezeichnen, das über weite Strecken vom „Instrument“ Kicki Höijertz lebt. „Thou Blessed Be By Night“ wartet zunächst mit einer beinahe fröhlichen Leadgitarre auf, die aber bald anständigerweise wieder in die schnörkellose Düsternis abdriftet. Ja, vom Schwarzmetall der Anfangstage ist diese Band nun weg, instrumental ist das eher melodischer Schwedendeath mit starker Heavy-Schlagseite, was aber auch dem Exotenstatus der Truppe zu Gute kommt. Wer kümmert sich um Bezeichnungen, wenn das Ergebnis gut klingt? Und das tut es zweifellos, wenngleich mit dem „Majesties Infernal“ der einzige wirklich aggressive Song schon vorbei ist.
Militant, wie ein Marsch beginnt „As Of Sin“, dass wieder mehr Frauengesang parat hat. Es wird immer auffälliger, wie sehr die schnellen Attacken, wie sie noch auf „Grimjaur“ zelebriert wurden, abgenommen haben. Man konzentriert sich mehr auf stimmungsvolle, melodische Midtemposongs, denen allerdings etwas die Wu(ch)t fehlt. „Levande Begravd“, das mit zehn Minuten sehr ausladend ausfällt, betört durch herrliche Gänsehaut-Gesänge im Kontrast zu genial-morbidem Gekrächze, was ausnahmsweise mal wieder in schwedischer Sprache gehalten ist. Im Mittelteil wird’s ruhiger, die Gitarren liefern sich ein gekonntes Duell, stets begleitet von Kickis hervorragender Stimme, der aber ein so langes „Solo“ auferlegt wird, dass es irgendwann nervt. Dieser Song ist zum Aktiv-Hören eindeutig zu lang geraten, daran ändert auch das fantasievolle Gitarrensolo nichts.
Als „kurz und knackig“ lässt sich das folgende „Thy Sister Thee Crimson Wed“ nicht bezeichnen, immerhin acht Minuten währt diese Geschichte von geschwisterlicher Verführung. Die angenehmen Seiten der englischen Texte ist zweifellos die Verständlichkeit, denn mit Herrn Ehlin haben die Siebenbürger einen wahrhaftigen Poeten an Bord. Somit wird nicht nur der abermals im Duett vollzogene Refrain zum akustischen Hochgenuss, auch das Lesen der Lyrics sollte man nicht vernachlässigen. Allerdings ist auch „Thy Sister Thee Crimson Wed“ nicht frei von Längen.
„Opacitas (Queen Of The Dark)“ dagegen verspricht wieder mehr Tempo und flotte Melodien, die von Chorgesang begleitet werden. Hier fällt auf, dass die Siebenbürger auf diesem Album gelegentlich dezente Keyboards einsetzen, was aber dem Song keinesfalls schadet. Streckenweise fehlen aber auch hier die Ideen, und solides, unspannendes Riffing plätschert vor sich hin.Der letzte echte Song namens „A Dream Of Scarlet Nights“ zeigt sich nach einem langsamen Beginn wieder etwas straighter, kann aber über die volle Länge von zehn Minuten auch nicht fesseln. Zwar ist für Abwechslung gesorgt, der Spannungsbogen erschlafft allerdings etwas. Das abschließende Instrumental „Oculus Malus“ besteht aus nichts als angenehmem Akustikgeklampfe und einem Synthie-Orchester, was nach zweieinhalb Minuten ausklingt. Eine Minute später wird man dann von den Pornoklängen des W.A.S.P.-Covers „Animal (I Fuck Like A Beast)“ aus dem Schlaf gerissen, ein witziges, wenngleich nicht wirklich nötiges Gimmick.

Abgesehen vom ersten Song, der nun fast deplaziert wirkt, ist damit aber klar, was dieses Album darstellt: Melancholie und Finsternis, Träumerei und dunkle Fantasie. Hiermit wurde in würdiger „echter“ Nachfolger des hervorragenden Debüts geschaffen, der zwar natürlich bei Songs der Marke Überlänge seine unspektakulären Phasen besitzt und doch den einen oder anderen Ausbruch vertragen könnte, dafür aber einfach eine wahrhafte Friedhofsromantik ins Wohnzimmer zaubert. Unter diesem Gesichtspunkt muss Siebenbürgen einfach betrachtet werden, wer nicht abschalten und träumen kann, macht mit diesem Album einen Fehlkauf. Wer aber ein Faible für morbide, fast schon erotische Vampir- und Gruselästhetik hat, sollte zweifellos zugreifen.

Wertung: 8 / 10

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