Review Spock´s Beard – Live (DVD)

Es ist schon ulkig: Da treffen Spock’s Beard und ihr alter Chefdenker Neal Morse im Rahmen des IO Pages Prog-Festivals als Headliner quasi aufeinander, und dann filmen beide vor Ort auch noch den Gig für einen späteren DVD-Release. Jetzt ist es soweit: Spock’s Beard veröffentlichen das schlicht „Live“ betitelte Dokument, das den kompletten, zweistündigen Festival-Auftritt vom ersten IO Pages-Abend im Mai 2007 enthält. Neals „Konkurrenzprodukt“, einen Tag später gefilmt, erscheint in Kürze.

Sehr erfreulich schon einmal: Bild und Ton der vorliegenden DVD sind spitze, es gibt kein Bildrauschen, die Kameraperspektiven und der Schnitt passen hervorragend zum spaßig-schwitzigen Spock’s Beard-Liveerlebnis. Den Sound gibt es wahlweise in Stereo oder Dolby Digital auf die Ohren – er ist druckvoll, dicht und trotzdem detaillreich. Leider kommt das Publikum nicht besonders gut rüber.

Nach dem Einlegen der Scheibe kommt man schonmal nicht um den bandeigenen Humor herum: Bevor das Menü erscheint, muss der Zuschauer erst die letzten Augenblicke vor dem Auftritt miterleben: Backstage stehen die Jungs in Power-Rangers-Manier im Kreis, während Ryo aufmunternde japanische Phrasen kreischt. Traditionelles Programm, das Fans auch schon von der ersten Spock’s Beard-DVD „Don’t Try This At Home“ kennen.

Das eigentliche Konzert besticht durch eine fehlerfreie Performance und eine gelungene Songauswahl. Vom aktuellen, selbstbetitelten Album gibt es mit „On A Perfect Day“, „Slow Crash Landing Man“, „Skeletons At The Feast“, „Hereafter“, „Rearranged“ und mit vierteiligen Epic „As Far As The Mind Can See“ gleich sechs Tracks. Außerdem haben die Jungs selten gespielte Nummern aus der Neal-Ära ausgegraben: „Crack The Big Sky“, „Thoughts (Part II)“ und „Walking On The Wind“ werten die Setlist unheimlich auf und machen richtig Spaß. Mit „Return To Forever“ hat sich außerdem ein Stück von Alan Morse‘ Soloscheibe „Four o’clock & Hysteria“ eingeschlichen. Ein Highlight ist sicher auch das Drum Duel zwischen Livedrummer Jimmy Keegan und Nick d’Virgilio. Hier muss der Progfan unweigerlich an Genesis denken, allerdings brauchen sich Nick und Jimmy keineswegs hinter diesen Progtitanen zu verstecken! Die Zugabe, ein Medley aus „The Water“ und „Go The Way You Go“, weiß ebenfalls zu überzeugen. Weniger gelungen ist Ryo Okumotos Solobeitrag: Er bietet „Hereafter“ ohne Gesang und stattdessen mit einigen Improvisationen dar. Der ohnehin nicht spannende Track wird dadurch noch zusätzlich in die Länge gezogen. Alans quitschiges Sologegniedel in „Return To Whatever“ dürfte auch nicht überall auf Wohlwollen stoßen, zumal der Song mit nahezu hundert prozentiger Sicherheit überwiegend von Neal Morse geschrieben wurde. Diese Melodien erkennt man sofort!

Allgemein gilt: „Live“ gibt die Stimmung während einer Spock’s Beard-Show gut wieder: Die Band hat unheimlich Spaß und feiert sich vorallem selbst. Egal ob Crowdsurfing von Jimmy oder ein mit allen Vieren auf seinen Keyboards rumturnender Ryo: Die Jungs sind sich für keinen Spaß zu schade. Das Publikum bleibt währenddessen allerdings erstaunlich zurückhaltend und wacht vor allem bei alten Prog-Keulen wie „Thoughts (Part II)“ auf. Gelegentlich empfinde ich das Auftreten der vier Herren auch als ein wenig unprofessionell: Das ohnehin nicht gerade spannende Schlagzeug-Showintro aus der Dose nutzen sie beispielsweise, um vor versammelten Publikum ihre Instrumente ein letztes Mal zu checken und ein paar schiefe Töne vor Showbeginn rauszuhauen. Einfach nur schade, so etwas muss doch nicht sein!

Ein echter Schwachpunkt der DVD: Bonusmaterial gibt es praktisch nicht. Lediglich eine kurze Diskografie-Übersicht mit ein paar Soundschnipseln hat sich hier eingeschlichen; und selbst die wirkt lieblos.

Insgesamt eine gut umgesetzte, aber schwach ausgestattete Live-DVD, die Spock’s Beard so zeigt, wie sie wirklich sind. Passend zur DVD gibt es auch die Doppel-CD, deren Veröffentlichung ich allerdings nicht wirklich nachvollziehen kann: Mit „Gluttons For Punishment“ liegt die letzte Doppel-Live-Scheibe schließlich erst drei Jahre und ein Studioalbum zurück. Für das mehr als magere Bonusmaterial gibt es 0,5 Zähler Abzug.

Wertung: 7.5 / 10

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