Review Syberia – Resiliency

Entgegen ihres unterkühlten Bandnamens handelt es sich bei SYBERIA nicht um eine Black-Metal-Truppe aus dem hohen Norden, sondern um eine Instrumental-Post-Rock-Band aus dem sonnigen Spanien. Auch bezüglich ihrer Musik sollte man sich nicht von ihrem Namen fehlleiten lassen, denn diese klingt wesentlich offener, heller und leichtfüßiger, als man es erwarten würde. „Resiliency“ ist der Nachfolger ihres 2012er-Debüts „Drawing A Future“ und zeigt das Quartett aus Barcelona zwar keineswegs von einer innovativen, dafür aber von einer durchwegs überzeugenden Seite.

Tatsächlich beginnt der Eröffnungstrack „Desertica“ alles andere als überraschend: Langsam lauter werdende, sphärische Klänge werden alsbald von melancholischen Clean-Gitarren abgelöst, bis die Gitarren plötzlich härter und griffiger werden. Auch die typischen, stimmungsvollen Post-Metal-Tremolo-Einlagen wurden natürlich nicht übergangen. Also einfach nur schnöder Post-Rock-Einheitsbrei? Mitnichten. SYBERIA verstehen sich nämlich vortrefflich darauf, die gängigen Stilelemente in einem stimmigen Spannungsbogen zu arrangieren, sodass die Musik zwar nicht allzu leicht zugänglich oder eingängig ist, dafür aber äußert kohärent und mitreißend.
Die Songs wollen merklich als ganzes Album gehört werden, gehen fließend ineinander über und stehen doch ebenso für sich allein. Trotz dieses „Flusses“ unterscheiden sich die Songs ausreichend voneinander, sie reichen von kurzen Interludes bis hin zu neunminütigen Longtracks und klingen dabei mal entspannt, dann wieder atmosphärisch oder heavy. Immer wieder stößt man auf neue Highlights, so zum Beispiel die hoffnungsvollen Klänge in „Hiraeth“, die stimmigen Leads in „Taunus“ oder die zurückgelehnten Post-Rock-Gitarren in „Black Olympics“, die im späteren Verlauf des Songs einem wundervollen Crescendo weichen.
Besonders schön sind die offenen, sonnigen Melodien im Titeltrack, die in ihrem Ausdruck sogar an Alcests „Shelter“ heranreichen. Selbstredend sind es vor allem die Gitarren, die den Ton angeben, aber Multiinstrumentalisten müssen sich keine Sorgen machen, auch Drums und Bass kommen zum Zug und helfen dabei, „Resiliency“ zu einem Erlebnis zu machen. Langweilig wird es also zu keinem Zeitpunkt, dafür haben SYBERIA hinreichend gesorgt.

Generell gibt es also praktisch nichts, was man den Spaniern vorwerfen könnte. Die Songs auf ihrer zweiten Platte sind zwar nur selten eingängig, das liegt jedoch keinesfalls daran, dass sie belanglos oder ununterscheidbar wären. Setzt man sich also mit ihnen auseinander, stellt man fest, dass sie viel Potential in sich tragen. SYBERIA sollte man auf jeden Fall im Auge und im Ohr behalten und „Resiliency“ einem eingehenden Hördurchgang unterziehen. Es lohnt sich, mehr als nur ein Ohr zu riskieren.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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