Review Tetrarch – Unstable

Erst wird ein Trend von der Zeit überholt, dann rückt er aus dem Fokus des Mainstream, und irgendwann – tada – ist er wieder der „new shit“. Das ist in der Musik nichts anderes als in der Mode. Insofern verwundert es nicht, dass mit TETRARCH derzeit eine Formation als große Hoffnung des „Modern Metal“ inszeniert wird, deren Stil weniger modern denn vielmehr ziemlich retro ist. Die Rede ist jedoch nicht von Hard- oder Glamrock – sondern von Nu Metal.

Dass sich nun schon für dieses gefühlt immer (zu) jung gebliebene Genre ein Revival anbahnt, ist wohl nur für Boomer wie mich überraschend, die die ’90s dauerhaft als „höchstens zehn Jahre“ her abgespeichert haben. Tatsächlich sind die 1990er-Jahre für Teenager heute aber so lange her sind wie für ’90s-Kids die 1960er-Jahre (!) – und wenn eine Spielart im Metal zwischendurch mal restlos abgemeldet war, dann wohl Nu Metal. Beste Bedingungen also und eigentlich höchste Zeit für ein Revival – haters gonna hate.

Tatsächlich gehen TETRARCH die Sache ziemlich konsequent an: Das Cover von „Unstable“ schaut ziemlich authentisch nach ’90s-Rebellion aus, Songtitel wie „I’m Not Right“, „You Never Listen“ oder „Sick Of You“ fügen sich stimmig ins Bild. Und auch der Look der Musiker*innen von TETRARCH mit Chucks, dem kessen Irokesenschnitt von Fronter Josh Fore und passenden Bandshirts bei Diamond Rowe fügt sich perfekt in diese Zeit. Und die Musik? Klingt, als wären TETRARCH, um sich inspirieren zu lassen, mit dem E-DeLorean 30 Jahre in die Vergangenheit und dann „Zurück in die Zukunft“ gereist.

Das macht gleich das erste Song-Duo auf „Unstable“ unmissverständlich klar: Während der Opener „I’m Not Right“ in Riffing und Gesangsstil maßgeblich von Korn beeinflusst sein dürfte, klingt „Negative Noise“ mehr nach Slipknot als so mancher Song der Maskenmänner: Riffs, Vocals und nicht zuletzt die perkussiven Elemente als Herzstück des Songs sind so unverhohlen bei Slipknot abgekupfert, dass man sich entweder über ein Plagiat ärgern oder über einen verdammt gut gemachten Song freuen kann.

In etwas dick aufgetragenem Sound (erinnert an Five Finger Death Punch) geht es dann im Großen und Ganzen weiter: Auch bei den restlichen acht Tracks von „Unstable“ überlegt man unwillkürlich, an welche Band sie einen erinnern; meistens sind es Korn, gelegentlich auch die bereits genannten Five Finger Death Punch („Addicted“) oder, wo es mehr in Richtung Alternative Metal geht, die jüngeren Pain („Stitch Me Up“). Eigene Duftmarken setzen TETRARCH mit ihrem dritten Full-Length leider kaum. So verliert das Album dann auch trotz seiner eher knappen 37 Minuten Spielzeit in der zweiten Hälfte etwas an Reiz – schade, denn prinzipiell haben TETRARCH einiges drauf: Gerade Gitarristin Diamond Rowe liefert immer wieder Soli („Sick Of You“), die Beachtung verdienen. Kein Wunder, dass die Nachwuchs-Gitarristin für ihre Skills in den sozialen Medien nicht nur von Fans, sondern auch von renommierten Kolleg*innen wie Nita Strauss (Alice Cooper) gefeiert wird. Sänger Josh Fore wiederum ist – vor allem in seiner Paraderolle als Jonathan Davis – ein beachtliches Talent als Gesangsstil-Chamäleon zuzusprechen.

TETRARCH spielen auf „Unstable“ absolut stimmigen, „authentischen“ Nu Metal. Dabei orientiert sich die Truppe jedoch deutlich an den mittlerweile ergrauenden Granden des Genres. In der Folge versprüht das Werk weit mehr ’90s-Flair, als einer jungen Band, die auf ein junges Publikum abzielt, eigentlich lieb sein kann. Es sei denn, TERARCH wollen ganz gezielt „Retro-Nu-Metal“ spielen. Aber spannender wäre es natürlich, das Genre weiterzuentwickeln. Davon sind TETRARCH leider noch weit entfernt. Aber wofür hat man schließlich einen E-DeLorean?

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Wertung: 7 / 10

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