Review Turisas – The Varangian Way

Achtung, Finnen erzählen uns eine Geschichte von Schweden, die durch Russland und die Ukraine bis nach Byzanz reisen. Alles verstanden? Gut!
TURISAS sind im Viking Metal längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Nach einem erfolgreichen Debütalbum vor drei Jahren und zahlreichen Auftritten in ganz Europa kamen sie aber auch durch den tragische Unfall des Gitarristen Georg Laakso, der nun an den Rollstuhl gefesselt die Band verlassen musste, in die Schlagzeilen der Metalmagazine. Nun melden sich die trinkfreudigen Herren rund um Mastermind Mathias „Warlord“ Nygård mit einem neuen Langeisen zurück.

Das Konzeptalbum „The Varangian Way“ erzählt, wie bereits grob umrissen, den Weg von Warägern (Bezeichnung für die osteuropa-orientierten Wikinger) durch das Baltikum und die russischen Flüsse hin zum sagenhaften Miklagard, dem heutigen Istanbul.Der Opener „To Holmgard And Beyond“ wurde schon im Vorfeld als Singleauskopplung in Finnland gefeiert und weist gleich den Weg, wo Turisas 2007 stehen. Waren die Arrangements auf „Battle Metal“ noch teils sehr hektisch und wirr, geht die aktuelle Nummer deutlich straighter zu Werke, ohne auf orchestralen Bombast zu verzichten. Ein hymnenhafter Refrain, der tatsächlich Radiotauglichkeit verspricht, krönt die vergleichsweise simple, aber effektive Nummer, die sofort ins Blut geht. So geradlining wird’s aber nie mehr auf der CD, denn der weitere Verlauf von „The Varangian Way“ lässt sich schon fast als Metaloper bezeichnen: Während „A Passage To The Unknown“ noch sehr getragen und episch mit kraftvollen Chören daherkommt, ist „Cursed Be Iron“ ein ganz eigenartiges Stück, in dem sich knallharte, stampfende Passagen mit hypnotischem Singsang abwechseln. Unterstützt wird die Nummer von den eigenwilligen Reimen eines Ausschnitts aus dem finnischen Nationalepos „Kalevala“.

Das wiederum bombastische „Fields Of Gold“ mag nicht richtig hängen bleiben, was bei Turisas ja eher die Ausnahme ist. Von „At The Court Of Jarisleif“ kann man das nicht behaupten, das Stück, was hauptsächlich aus dem gemeinsamen Amoklauf des Akkordeonspielers und des Violinisten besteht, ist so abgefahren witzig, dass man fast den kurzen Vokalteil in der Mitte verpasst, der jedoch auch einfach nur zum Mitgröhlen einlädt. „Five Hundred And One“ wiederum leidet unter einem ähnlichen Problem wie „Fields Of Gold“, trotz eines schicken Klanggewandes fehlt einfach der Wiedererkennungswert, so dass das Stück etwas untergeht. Hauptsächlich – das merkt man gerade zum wiederum starken Ende hin, wo ein Erzähler, gefolgt von einer grandiosen Choreinlage, auftritt – dient es dazu, die Geschichte voranzubringen.

Der Abschluss von „Varangian Way“ schlägt dem Fass aber jetzt den Boden aus: Für „The Dniepr Rapids“ und „Miklagard Overture“ wird ein klassischer Chor ausgepackt, der einem nur so die Gänsehaut einjagt. Bei ersterem sieht man förmlich den Fluss vor dem inneren Auge tosen, und der Schlusstrack sorgt ebenso für grandioses Kopfkino. Hiermit spreche ich eine der größten Stärken von „The Varangian Way“ an: Die Geschichte wird nicht lieblos heruntergespult, wie man es von vielen anderen „Konzeptalben“ kennt, die ganze Reise, die Hakon der Bastard und seine Männer begehen, schlägt sich vielmehr super in den Liedern der CD nieder, so dass eine Menge Eindrücke, Stimmungen und Bilder geschaffen werden. Dabei schaffen sie es, genial mit einem Retortenorchester umzugehen, dass hier stets passt und die richtigen Akzente setzt. Das Nachlesen der Texte lohnt sich wirklich, denn wo gerade in diesem Sektor der harten Musik oft Kitsch und Klischee einander jagen, bringen Nygård und Co. noch tatsächlich Inhalte rüber, die über die Glorifizierung der „guten alten Zeit“ weit hinausgehen. Wie erwähnt, erinnert „The Varangian Way“ in seiner Vielfalt an ein Stück Musiktheater, und das ist ausgesprochen positiv gemeint. Leider ist die CD bereits nach viel zu kurzer Zeit vorüber, hier hätte ich mir wirklich noch ein paar Songs gewünscht. Denn das Problem bei all der Abwechslung ist, dass unterm Strich wenige gute echte Songs bleiben, da gerade im Mittelteil zwischen all den Ausflügen in die Volksmusik die Metalsongs zu kurz kommen. Bleibt zu hoffen, dass „Miklagard Overture“ wirklich deswegen eine Overtüre ist, weil noch ein zweites Album an die Geschichte anschließt, die auch textlich noch nicht ganz abgeschlossen wirkt.

Unterm Strich haben Turisas mit „The Varangian Way“ ein großes Werk vollbracht, das im Grunde nur in seinem Umfang ausbaufähig ist. Zwei langweiligere Stücke, die zwar beileibe keine schlechten Lieder sind, die insgesamt aber rund ein Viertel der CD ausmachen, würden bei einer längeren Spielzeit auch weniger ins Gewicht fallen. So hinterlässt das Album einen überaus starken Eindruck, aber eben auch noch den Wunsch nach mehr.

Wertung: 7 / 10

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