Review Umphrey´s McGee – Anchor Drops

Schon nach dem ersten Durchlauf von „Anchors Drops“ weiß man, dass es auch in unserer konsumorientierten und auf Gewinnmaximierung gepolten (Musik)welt noch ein paar Menschen gibt, die wirklich aus ihrer Liebe und dem Spaß an der eigentlichen Sache Musik machen. Über die gesamte Spielzeit von etwas mehr als einer Stunde bietet uns die kalifornische Band mit dem komischen Namen „Umphrey’s McGee“ musikalischen Hochgenuss für Bauch, Herz und Hirn; und macht es dabei äußerst schwer, auch nur ansatzweise eine Stileinordnung der Platte vorzunehmen. Fest steht, dass man den 14 hier versammelten Songs den Spaß, den die Jungs beim Aufnehmen im Studio hatten, merklich anhören kann. Das ist keine hochpolierte Spitzenproduktion, hier wird noch erdig und rau drauflosgerockt. Dazu passt, dass der Band hervorragende Livequalitäten nachgesagt werden. Sie machen schließlich schon seit 1997 Bühnen überall auf der Welt unsicher.

Die Stücke sind allesamt so ideen- und abwechslungsreich arrangiert, dass eine Detailanalyse des Songmaterials hier sicherlich jeden Rahmen sprengen würde, aber ein paar Eindrücke möchte ich euch dann doch mit auf den Weg geben. So findet man in „Robot World“ anfänglich eine geschickte Mischung elektronischer und drum’n’bass-ähnlicher Elemente, die einen an Kraftwerk oder die ambitionierten Radiohead erinnern, ehe diese gegen Ende des Tracks durch rockige Gitarrenriffs und Double-Bass-Drum durchbrochen werden. „Bullhead City“ hingegen serviert uns lupenreinen Bluegrass-Country. Mit den beiden „JaJunk“-Parts beweisen sie zudem großes Jam-Feeling; solche Songs werden live bestimmt sehr ausgedehnt, bieten sie doch sehr viel Raum für freie Improvisation. Das fast achtminütige „Wife Soup“ bietet „Gute-Laune“-Prog der Extraklasse. Ein bisschen Latinfeeling und King Crimson-Einflüsse gefällig? Hört euch mal „Walletsworth“ an. Oder soll es lieber der lässig-locker vor sich hingroovende Sound von „Uncommon“ sein?

Irgendetwas dürfte in diesem wilden Stilcocktail in der Tat für jeden dabei sein. Man mag natürlich nun denken, dass eine solch differenzierte Songsammlung unmöglich als Album funktionieren kann. Hat man „Anchors Drops“ aber auch nur einmal gehört, dürfte man, ein bisschen musikalische Offenheit vorausgesetzt, sofort von dem hörbaren Fun der sechs Jungs angesteckt werden. Und ohne das kleine Quentchen Verrücktheit wären Songs wie „Miss Tinkle’s Overture“ oder „Mulche’s Odyssey“ auch nur halb so cool und „The Pequod“ nur halb so schön. Es ist einfach beeindruckend, wie hier einerseits tolle Melodien, aber auch schroffe Gitarrenriffs und -läufe, Rhythmus, Experimentierfreude und Soundcollagen zu einem überaus interessanten und griffigen Ganzen geformt werden. Diese Band nimmt die unterschiedlichsten Musikstile unter Beschlag und formt daraus etwas absolut Unnachahmliches. Dass das Ergebnis den Hörer ein bisschen mehr herausfordert, mag im ersten Moment ein wenig abschreckend wirken. Aber wie Sänger und Gitarrist Brendan Bayliss schon zu sagen pflegt: „If it’s not fun, it’s not gonna get done!“

Wertung: 8.5 / 10

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