Review Unitopia – The Garden

Australische Prog-Bands sind äußerst selten. Umso schöner, dass die Szene-Spezialisten von InsideOut dieser Tage den Zweitling der sechsköpfigen Combo UNITOPIA veröffentlichen, die aus dem Land der Kängurus kommt. „The Garden“ heißt ihr neues Werk.

Die bloßen Fakten sollten dem Progfan schon einmal das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen: Auf zwei CDs mit zusammengerechnet 100 Minuten Spielzeit finden sich unter anderem drei mehrteilige Longtracks zwischen 9 und 23 Minuten, zahlreiche verschiedene Keyboardssounds und eine große Zahl an folkloristischen Instrumenten und Perkussion. Dazu gibt es eine Konzeptstory, die sich mit dem Gelingen und Gestalten des eigenen Lebens beschäftigt und das wohl bunteste, kitschigste und überladenste Cover des Jahres.

Die ersten Augenblicke nach dem Einlegen der ersten Scheibe gestalten sich ruhig. „The Garden“ startet mit der ruhigen Pianoballade „One Day“, bei der der Hörer bereits Bekanntschaft mit der angenehmen Stimme von Sänger Mark Trueack macht und zudem klar wird, dass UNITOPIA Freunde des gepflegten Schönklangs sind. Gleich im Anschluss packt die Band dann schon den 23-minütigen Titeltrack der Scheibe aus. In dessen Verlauf präsentiert sich die Gruppe äußerst vielseitig: Folkloristische Akustik-Passagen, wie sie frühe Spock’s Beard gepachtet hatten, treffen auf Jethro Tull-Flöten, Neal Morse-Jazzpiano, Saxophon, das eine oder andere Rockriff, viele Ohrwurmmelodien und die nötige Menge (Keyboard-)Bombast.

Klingt doch nach ziemlich ordentlichem Retroprog, oder? Jein! UNITOPIA fangen zwar stellenweise die traumhafte Atmosphäre der großen Szenebands aus den Siebzigern ein; allerdings fehlt den Kompositionen der rote Faden. „The Garden“ beispielsweise ist kein richtiger Longtrack, sondern besteht aus mehreren einzelnen Songs. Das Problem der flüssigen Übergänge lösen die Australier gleichsam klug und unbefriedigend: Die Enden der einzelnen Parts gestalten sie meistens leise, leiten mit ein paar Perkussion-Figuren zum neuen Teilstück über, welches dann langsam an Dynamik zunimmt. Mit progressivem Songwriting hat das nichts zu tun. Bei Songs wie „Angeliqua“, oder „Don’t Give Up Love“ wird dazu noch ein weiteres Manko sichtbar: Zwischen einigen netten und wenigen wirklich großartigen Melodien, haben sich ein paar allzu Schlager-ähnliche Gesangslinien eingeschlichen, die kitschig und platt daherkommen.

Die Produktion des Doppeldeckers hingegen geht in Ordnung und ist vorallem sehr warmherzig und homogen. Dies geht allerdings zu lasten der Rock-Attitüde, sodass selbst rar gesäten etwas rockigeren Parts ziemlich weichgespült klingen – was natürlich nicht unbedingt schlecht sein muss.

Insofern ist „The Garden“ vor allem etwas für Anhänger epischer Breitwandklänge mit Interesse an Folk (und Schlager). Insgesamt ist das Album nett anzuhören, jedoch viel zu langatmig und ein wenig handzahm. Freunde von Spock’s Beard, Transatlantic oder auch The Tangent dürfen aber generell ein Ohr riskieren, da UNITOPIA in ihren guten Momenten mehr als deutlich nach diesen Bands klingen.

Wer jetzt unsicher ist und die Probe aufs Exempel machen möchte, hört am besten in „Angeliqua“ rein. Wenn ihr das mögt, könnt ihr die Platte ohne Bedenken einpacken. Wer sich eher für die progressive Seite der Band interessiert, teste „Journey’s Friend“.

Wertung: 7 / 10

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