Review War From A Harlots Mouth – In Shoals

Alles, was auf „-core“ endet, ist mir sowieso schon mal von vorne herein suspekt, das gebe ich offen zu. Allerdings lasse auch ich mich gerne eines Besseren belehren, Killswitch Engage und Atreyu höre ich mittlerweile relativ gern, auch Shadows Fall können was und was den neueren aufstrebenden Underground angeht, da haben mich auch die Kollegen von Seneca oder zum Beispiel Crisis Never Ends (wobei die schon ziemlich deutliche Melodeath-Anleihen am Start haben) mehr oder weniger begeistert. Also war’s wohl nur eine Frage der Zeit, bis ich mal mit dem sogenannten Mathcore aneinander geraten würde. Ich hab mich ein wenig gedrückt, nicht weil mir die experimentelle Ausrichtung dieses Genres irgendwie gegen den Strich ginge, ich hab experimentelle Musik eigentlich relativ gern, aber die technische Schlagseite des Mathcore gab mir zu Denken auf, ich bin ja schon mit Prog Metal nicht so grün. Dann kamen aber Senecas Labelkollegen WAR FROM A HARLOTS MOUTH daher, die laut eigener Aussage die technische Breitseite von Mathcore mit der Brutalität von Grindcore, dem Spirit des Hardcore und einem kleinen Schuss Jazz vermischen, und ich entschied mich dazu, doch endlich mal die Vorurteile Vorurteile sein zu lassen und mir mal ein eigenes Bild von dem Schaffen der Berliner zu bilden.

Die bringen dieser Tage ihr zweites Album namens „In Shoals“ heraus und die Fachpresse ist gespannt, war der Vorgänger „Transmetropolitan“ doch eine ziemlich große Nummer und schürte Erwartungen. Ich hörte ihn nicht, also kann ich völlig unvorbelastet an den Zweitling herangehen und hoffe nur etwas hörbares vorgesetzt zu bekommen und nicht quasi die Wiedergeburt Christi in Musikform. Sollte doch machbar sein, oder?
Und doch schaffen WFAHM es in Nullkommanix alle geschürten Erwartungen (also bei mir namentlich den Nullpunkt) zu unterbieten. Der Opener „They Come In Shoals“ trifft mich direkt auf dem falschen Fuß. Da ist die etwas dumpf geratene Produktion mit dem nach Plastik klingenden Schlagzeug noch nicht mal das größte Verbrechen, die passt nämlich ganz toll zu dem Material, dem jegliche Form von Power fehlt. Die trockenen Palm-Mute-Gitarren lassen den Soundhintergrund arg leer dastehen, Drummer Paule macht alles mögliche, nur nicht die restlichen Instrumente unterstützen, und Sänger Nico krächzt Saft- und Kraftlos sein Metalcoregeheule durch die Gegend. Man merkt dem Song schon irgendwie an, dass WFAHM gerne einen mächtig ballernden, brutalen Kracher geschrieben hätten, das geht aber dummerweise völlig in die Hose, so dass man einen mit fast vier Minuten viel zu langen Song hat, der sich ewig lang auf denselben belanglosen Riffs ausruht.

Auch in der Folge tritt kaum eine Besserung ein, dazu agieren die Berliener viel zu gleichförmig. Ich kenne mich mit Mathcore jetzt nicht unbedingt so gut aus, verbessert mich, wenn ich falsch liege, aber eigentlich sollte das Zeug doch aus geordnetem Chaos bestehen, also eine Idee, die noch verrüüühüüückter als die nächste ist auf mathematische Art und Weise an den vorherigen Part dranaddieren. Wenn ja, dann haben WFAHM sich schon wieder arg verkalkuliert, was sie hier abliefern ist nämlich kein geordnetes Chaos sondern geordnete Langeweile. Ja, Abwechslung ist da, das kann man nicht bestreiten, dummerweise wirkt es so, als ob immer die gleichen Bausteine abgewechselt werden. Sprich: Man nahm einmal ein paar Palm-Mute-Powerchord-Riffs auf, dann noch mal das Gleiche ohne PM, dafür schön ausklingen lassen (was immerhin in Sachen Brutalität zumindest in meinen Ohren eine Steigerung zu dem Vorigen ist), und dann noch mal ein paar hyperschnelle, total sinnlose Lead-Spielereien. Und nachdem die alle im Kasten waren (also jeweils eine, in Zahlen: 1), puzzelte man sich daraus eine komplette CD von 36 Minuten länge zusammen. Oh, halt, ich vergaß: die obligatorischen Jazz-Einspieler. Die wirken aber auch uninspiriert und langweilig, so als ob die Band sie eingeflochten hätte, um ihre Fans, die eben dies erwarteten, zufrieden zu stellen. In dieser Hinsicht gehen die Berliner unglaublich ideenlos zu Werke und das in einem Genre, das von seinen verrückten Ideen lebt, wenn ich das nicht falsch verstanden habe. Naja, bei „Copyriot“, dem einminütigen Klopper, der dem ersten Jazz-Zwischenspiel „Justice from the Lips of the highest Bidder“ folgt, haben sie gegen Ende noch mal sich selbst beim Klatschen und Gröhlen gesampelt. Wenigstens ein paar Leute, denen’s gefällt…

Und kurz bevor die CD dann genau so schlecht und belanglos wie sie angefangen hat ausklingen konnte, da sind WFAHM noch mal aufgewacht und haben mit „…Stays In the District (I’m the Black Sheep Of her Country)“ urplötzlich einen Song eingetrümmert, der nicht nur im Kontext des qualitativ Löcher aushebenden Albums als „gut“ zu bezeichnen ist, das Ding prügelt sich knappe drei Minuten durch die Landschaft und kann endlich mal gefällige Riffs und (wo kommen die denn plötzlich her?) ordentliche Vocals auffahren. Der Track ist toll, keine Frage, aber wieso nicht mehr davon? Okay, mit dem nachfolgenden „Scully“ (als ich beim ersten Mal auf die Songlänge schaute und achteinhalb Minuten sah, da dachte ich mir ernsthaft, dass die’s jetzt noch mal so richtig verkacken) leistet man nicht ganz so gute Arbeit, dazu fehlen einfach die zündenden Ideen für so eine epische Länge, aber der Track ist trotzdem besser als die ersten neun Songs der Scheibe zusammen.

Zwei gute Tracks kurz vor Torschluss können ein Album aber nicht retten und so ist „In Shoals“ trotz seinem gelungenen Abschluss doch eine furchtbare Angelegenheit. Nicht nur ist die CD extrem langweilig geraten, nein, in ihren schlimmsten Augenblicken (und die sind leider alles andere als rar) schafft sie es auch noch, (und wieder greife ich mit beiden Händen in den Fundus der Floskeln, die ich über all die Jahre zusammengeklaut… äh… zusammengetragen habe) aktiv zu nerven. Was WFAHM hier abliefern ist nicht chaotisch, nicht experimentell, nicht brutal und absolut nicht gut sondern einfach nur… naja… lest einfach noch mal den Anfang des Absatzes. Da kann auch das coole Artwork nix mehr retten…

Wertung: 2.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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