Review Windir – Arntor

  • Label: Head Not Found
  • Veröffentlicht: 1999
  • Spielart: Black Metal

„Arntor“, ein norwegischer Freiheitskämpfer des späten 12. Jahrhunderts, der sich gegen die Unterdrückung des Königs Sverre wehrte und im Kampf vermutlich fiel. Nicht nur die Geschichte um Valfars vermeintlichen Vorfahren diente als Vorlage für Musik und Lyrik dieses und auch aller anderen WINDIR Alben, das lyrische Konzept basiert noch immer auf der gesamten Historie rund um das Tal am Sognefjord. „Arntor“ ist vermutlich das legendärste WINDIR Album, da es in gewisser Weise den Grundstein für den späteren Stil der Gruppe legte, fuhr man auch auf „1184“ wieder eine etwas andere Schiene. Der rohe Black Metal Anteil wurde etwas zurückgeschraubt und folkloristische Melodien weiter in den Vordergrund gestellt. Auch wenn für mich dieses Album auf gleicher Stufe mit den anderen steht, so verdient es doch einen Platz in der Loge der außergewöhnlichen schwarzmetallischen Alben. Selten war Black Metal ursprünglich, symphonisch und episch zugleich und dabei auch noch derartig individuell. Leider wurde den Norwegern bis zum Tode Valfars 2004 nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt, danach war ein regelrechter Boom auszumachen, der mir persönlich eher gegen den Strich geht. Da war mir selbst die Zeit, in der die Band noch keinem geläufig war, lieber. Nunja, auch dieser „Trend“ wird sich vermutlich legen und soll auch nicht Kern meiner Rezension sein.

„Byrjing (The Beginning)“ ist ein ruhiges, aus Synthesizern, Bass, Akkordeon und Schlagzeug zusammengesetztes Intro, das schon sehr gut die ohnehin grandiose Atmosphäre des Coverartworks wiederspiegelt und schon den epischen Stil des gesamten Albums aufbaut, bevor „Arntor, Ein Windir“, der wahrscheinlich legendärste Song WINDIRs, einsetzt. Das Leitmotiv wird hier fort- und perfekt umgesetzt. Die Produktion ist genau passend, alle Instrumente sind gut hörbar (fällt vor allem sehr positiv beim Bass auf!), nicht überproduziert und der schallende Klang der Leadgitarre versetzt den Hörer mitten in eine verschneite Berglandschaft Norwegens. Auch Valfars charismatischer Gesang ist durch und durch druckvoll, ebenso wie die klaren Gesangseinlagen Steinarsons. Gegen Mitte des Stücks kommt die folkloristische Ader noch einmal sehr zum Vorschein, was dieses Album schon einmal etwas von „Sóknardalr“ unterscheidet. Auf dem Erstling wurden Folk-Elemente noch eher selten so offensichtlich eingebaut. Ein ruhiges Keyboardintro leitet das um einiges melancholischere „Kong Hydnes Haug (The Burial Mound Of King Hydnes)“ ein, bevor auch hier wieder die großartigen Leadgitarren einsetzen, die den WINDIR-Sound auf diesem Album maßgeblich bestimmen. Der Titel weiß meiner Meinung nach durch die Melodien und den klaren Gesang im Refrain zu überzeugen, selbst wenn viele hier von einem eher schwächeren Song reden. Diese Meinung teile ich absolut nicht.

Den absoluten Höhepunkt stellt für mich das nun folgende „Svartesmeden Og Lundamyrstrollet (The Blacksmith And The Troll Of Lundamyri)“ dar. Dieser Song ist wohl neben „Fagning“ vom 2003er „Likferd“ mein absoluter Lieblingssong dieser Gruppe, auch wenn es mir hier schwer fällt, mich festzulegen. Der Song bietet von Anfang an alles, was einen großartigen Windir Song ausmacht, melodisch schallende Leadgitarren, eine unglaublich epische und melancholische Atmosphäre und den mit allem perfekt in Einklang stehenden Gesang Valfars. Eine derartige Intensität ist für mich in dieser Form bei keiner anderen Band zu vernehmen. „Kampen (The Struggle)“ ist auf dem Album der einzige Song, der mich zwar auf voller Linie, aber nicht zu 100% so überzeugen kann, wie der Rest des Albums. Im Vergleich zu den anderen Songs geht man hier etwas zu langsamer zu Werke und auch wenn ich die altertümlichen Melodien sehr zu schätzen weiß, gibt es in diesem Titel ein paar kleinere Schwachstellen, die ich in keinem Song vorher ausmachen konnte. Dennoch ein überdurchschnittlich guter Titel, zwischen den anderen Songs aber ein kleines bisschen zurückbleibend. Alleine stehend jedoch auch großartig. „Saknet (The Longing)“ … Dieser Song geht musikalisch Hand in Hand mit „Svartesmeden Og Lundamyrstrollet“, auch hier wird wieder alles geboten, in einer perfekten Art und Weise, die das Herz hüpfen lässt. Textlich geht „Saknet“ jedoch in eine völlig andere Richtung, diesmal keine Sage oder ein historisches Ereignis, nein, er behandelt – wie der Titel sagt – Verlangen, Schmerz und die dunklere Seite des menschlichen Seins. Ein großartiger Text, der in übersetzter Fassung im Booklet der CD vorliegt. Der Song ist durchsäht mit großartigen Melodien und der Umbruch gegen Ende des Liedes zählt wohl zu den schönsten Momenten, die jemals auf CD gepresst wurden. Der letzte Song, „Ending (Ending)“, versprüht wieder die ähnliche Atmosphäre wie der Titelsong und fährt auch wieder eine etwas flottere und härtere Schiene, stellt aber ein perfektes Ende dar.

Hier bleibt nicht mehr viel zu sagen, „Arntor“ sollte in jeder Black Metal Sammlung vorhanden sein, denn dieses Album ist zeitlos und faszinierend. Von mir erhält diese Scheibe ein ganz besonderes Individualitätsprädikat, denn was hier geboten wird, gab es noch nie vorher und danach auch nicht mehr, was natürlich nicht heißt, dass die folgenden WINDIR-Alben auf irgendeine Weise an Qualität abgenommen hätten. Jedoch muss der größte Laie zugeben, dass die Atmosphäre auf jedem Album wieder eine völlig andere und nicht mit den anderen zu vergleichen ist. „Arntor“ ist schlicht gesagt ein Meisterwerk. Auch wenn für mich persönlich eine Wertung für dieses Album außer Frage steht, will ich dieses Mal trotzdem ganz subjektiv die Höchstnote vergeben… Auch wenn ich aus diversen Ecken möglicherweise Protestrufe hören werde. ;)

Wertung: 10 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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