Review Wumpscut – Siamese

  • Label: Betonkopf
  • Veröffentlicht: 2010
  • Spielart: Electronic

Wer sich ein wenig mit dem Genre beschäftigt, das bisweilen mit dem schönen Begriff „Aggrotech“ beschrieben wird, kommt auf kurz oder lang an :WUMPSCUT: nicht vorbei – ist das Projekt von Rudolf „Rudy“ Ratzinger doch bereits seit 1991 fester Teil der Szene und somit eine echte Instanz auf diesem Gebiet. Auf elf Alben, diverse EPs und eine Reihe weiterer Veröffentlichungen kann Rudy bereits zurückblicken – mit „Siamese“ folgt nun das zwölfte Studioalbum.

Und auch dieses wird den geneigten Fan des Genres nicht enttäuschen: Geboten wird „Endzeit-Industrial“, gepaart mit Hardcore-Electro und Einflüssen aus Noise und Ambient, so dass das Ergebnis irgendwo zwischen Genregenossen wie dem Norweger Andy LaPlegua beziehungsweise seinem Projekt Combichrist und in der Metal-Szene etablierteren Acts wie Pain oder den Deathstars anzusiedeln ist:
So finden sich auf „Siamese“ zwar auch einige Nummern, die zumindest bezüglich ihrer Beats und Klangmixes genausogut von Combichrist sein könnten (beispielsweise „Ziribit“), jedoch ist das Album alles in allem weit weniger „auf die Fresse“ und dafür ein ganzes Eck düsterer angelegt… was zu genanntem Pain/Deathstars-Vergleich führt (Beispiel: „Siamese“).
Positiv ist dabei zu vermerken, dass die Songs, obwohl sie zu 100% programmiert sind, weit von stupidem Techno-Gestampfe entfernt sind: Die Tracks sind zwar in sich geschlossen und auch sicher kein auditiver Abenteuerurlaub, jedoch mit viel Liebe zum Detail arrangiert und so gefühlvoller und beseelter, als man das von kühlen, synthetischen Klängen erwarten würde – ist es doch, wie man nur all zu oft an Negativbeispielen feststellen kann, alles andere als einfach, sterilen Synthesizerklängen Leben einzuhauchen.
Dass es aufs Ganze gesehen neben härteren Nummern wie „Bam Bam“, das durch eine gnadenlos verzerrte Stimme und einen relativ schnellen Beat auf sich aufmerksam macht, ebensoviele ruhigere elektronische Klänge wie „Blood Stigmata“ oder „Killuh“ auf das Album geschafft haben, ist ein weiterer Grund für die Vielfältigkeit von „Siamese“ – schlängelt sich das Album mit seinen zehn Tracks so gekonnt durch nahezu alle industriellen Extreme-Genres, ohne dabei einen roten Faden missen zu lassen.
Auch auf „Siamese“ wird dabei hinsichtlich des Gesangs viel mit dem beliebten Stilmittel der Vioce-Samples gearbeitet, darüber hinaus findet sich unterschiedlich stark verzerrter Gesang auf dem Album – stets gekonnt der Stimmung des Songs angepasst.

Wer den absoluten Kick mit den härtesten Beats ganz im Sinne der wörtlichen Übersetzung des Genres „Aggrotech“ sucht, wird mit dem bisweilen doch sehr ruhigen „Siamese“, welches auch in den härteren Passagen nie so richtig in Schwung kommt, wohl nicht all zu warm werden – für alle, die sich hingegen auch an ruhigeren, düsteren Industrial-Klängen erfreuen können, ist auch :WUMPSCUT:s 12. Album, welches im Übrigen, wie man es schon von früheren :WUMPSCUT:-Releases kennt, auch in einer exklusiven 2CD-Edition mit vielen Gimmicks erscheinen wird, wieder ein heißer Tipp.

Wertung: 8.5 / 10

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