Review Wumpscut – Schrekk & Grauss

  • Label: Betonkopf
  • Veröffentlicht: 2011
  • Spielart: Electronic

13 Alben seit 1993, seit 2004 jedes Jahr ein Album-Release… die Produktivitäts-Statistik des deutschen Ein-Mann-Industrial-Projekts :WUMPSCUT: kann sich durchaus sehen lassen. Doch dass gerade im kreativen Bereich Effizienz nicht immer ein Garantiemerkmal ist, zeigt sich leider gerade hier in aller Deutlichkeit – kann „Schrekk & Grauss“ doch leider nicht ansatzweise mit dem Vorgänger, „Siamese“, mithalten – so das denn überhaupt das Ziel von „Rudy“ Ratzinger gewesen ist…

Mit dem Vorgänger kann „Schrekk & Grauss“ nämlich nur schwer verglichen werden, ist das, was hier unter dem Namen :WUMPSCUT: an den Mann gebracht wird, doch schlicht komplett andere Musik. War „Siamese“ noch mit flotten Beats gesegnet und so, um Beispiele aus der Metal-Welt aufzugreifen, am ehesten mit Pain, den Deathstars oder Combichrist zu vergleichen, ist das, was den Fan auf „Schrekk & Grauss“ erwartet, doch fast schon Minimal-Techno, der, gewollt oder ungewollt, nie richtig in Fahrt kommt:
Es entwickelt sich nichts, von einem „Spannungsbogen“ ganz zu schweigen. Monoton, mit einer auf das Nötigste beschränkten Effektzahl pro Stück und unerwartet soft plätschert so Song um Song durch die Boxen: Die Aggression, die man noch auf dem Vorgänger ausmachen konnte, ist hier über weite Strecken einer lähmenden Gleichgültigkeit gewichen – und selbst die roheren Passagen wirken zumeist belang- und ausdruckslos. Dabei ist sicher nicht jede Idee auf dem Album schlecht – allein in der gewählten Zusammenstellung kommen nur die wenigsten richtig zur Geltung: Als Ruhepunkt für ein ansonsten energiegeladenes Album würden die meisten Songs einen guten Job tun – ein komplettes Album in diesem Stil? Ermüdend…
Doch selbst, wenn man sich auf die Musik einzulassen bereit ist, wird es einem nicht eben leicht gemacht, „Schrekk & Grauss“ liebzugewinnen – sind die Texte doch bisweilen wirklich eine Zumutung. Niemand erwartet von einer Industrial-Band sonderlich anspruchsvolle Lyrics – doch das, was Rudy hier abliefert, ist mitunter nur schwer zu ertragen. So ist das Konzept, einen Song auf Gutachterstatements zum Krankenbild des Patienten A., bei dem es sich, wie nicht erst in der sorgfältig vorbereiteten Auflösung am Ende des Stücks, sondern eigentlich schon nach den ersten Zeilen deutlich wird, um Adolf Hitler handelt, ebenso witzlos wie „Kikeriki“ oder „Alles Aus“, das im Text über den Titel und dessen englische Version nicht hinauskommen. Bei aller Liebe, aber ein bisschen mehr Hirnschmalz darf auch in diesem Genre auf die Texte aufgewendet werden, zumal diese zumeist auch noch klar und deutlich verständlich sind…

Nachdem wirklich starken „Siamese“ ist „Schrekk & Grauss“ eine herbe Enttäuschung: Wo vorher Beats und Melodien standen, die dafür gemacht schienen, in ohrenbetäubender Lautsärke zuckende Körper auf der Tanzfläche dunkler Elektro-Schuppen zu durchzuprügeln, schleppt sich :WUMPSCUT: hier von Song zu Song, ohne dabei schlagkräftige Argumente vorzubringen, warum ein DJ ausgerechnet dieses Album auflegen sollte. Ruhige Songs: Gerne auch in diesem Genre. Aber bitte nicht so uninspiriert und witzlos, wie man es hier geboten bekommt.

Wertung: 4.5 / 10

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