Interview mit Susanne Grosche, Axel Menzer, Dirk Diederich und Achim Weiler von Hekate

HEKATE haben mit „Die Welt der dunklen Gärten“ einmal mehr demonstriert, was man mit Neo Folk alles anstellen kann, wenn man ihn, angemessen proportioniert, mit umfassenden Einflüssen aus anderen Stilrichtungen kombiniert. Für das somit obligatorische Interview ließen sich dann auch gleich vier Musiker gewinnen, die von Günter Netzer über Facebook bis hin zu Lord Byron zu allem Stellung nehmen, was im HEKATE-Kosmos (k)eine Rolle spielt.

Hi, danke, dass Íhr Euch für das Gespräch hier Zeit nehmt! Kurz vor Pfingsten ist jetzt das neue Album „Die Welt der dunklen Gärten“ erschienen. Geht’s nach den Feiertagen jetzt erst richtig los mit der Promotion?
Dirk: Na ja, es geht auf jeden Fall weiter. Wir haben ja schon vor sechs Wochen angefangen, die Werbetrommel zu rühren und wollen daran natürlich anknüpfen.

Tatsächlich ist euer letztes auf CD gebanntes Lebenszeichen ja schon sieben Jahre her. Habt ihr die komplette Zeit über aktiv an „Die Welt der dunklen Gärten“ gearbeitet oder gab es Faktoren, die hier einschränkend wirkten?
Axel:Wir haben uns doch sehr auf eigene Projekte und Musik außerhalb der Hekate-Welt konzentriert und sind 2009 wieder zurückgekehrt um am Album zu arbeiten. Es gab auch in all den Jahren immer wieder interessante Hekate-Konzerte um den Anschluss nicht zu verlieren.

Wie darf man sich die Arbeiten an HEKATE-Alben generell vorstellen, gerade bezüglich deren Wichtigkeit im Vergleich zu euren Privatleben? Ich nehme an, dass auch der Neo Folk keine Goldgrube ist, die einem jegliche materielle Sorgen abnimmt.
Susi:Naja, so ganz kann man unsere Musik ja nicht mehr dem Neofolk zuordnen – wir bedienen uns zwar in einigen Stücken neofolkloristischer Elemente, aber unsere Musik sprengt ja doch eher diesen eher eng gesteckten Rahmen. Die Produktion einer Platte nimmt sporadisch viel Zeit und Priorität in Anspruch, aber der Spaß dabei rechtfertigt dies in jedem Fall. Und wir sind auch nicht mehr ganz jung und brauchen das Geld nicht…ach, wegen des Geldes funktioniert wohl keine Band so wirklich, dann ist sie „verdorben“ .;-)

Wie funktioniert das Songwriting bei Euch? Gibt es immer eine bestimmte Person, die mit den Grundideen für Songs ankommt, oder erarbeitet ihr diese immer direkt zusammen? Nutzt ihr bspw. das Internet für den Austausch von Songideen und habt ihr Zeit und Elan, regelmäßig (oder überhaupt) zusammen zu proben? Was hat sich über die Jahre geändert?
Achim:Internet? Es soll Musiker geben, die treffen sich tatsächlich noch in echt zum Komponieren und Proben. Dazu gehören auch wir. Ein jeder von uns kommt dabei mit einer Idee, die thematisch zu dem roten Faden des Albums passt, diese wird dann im Proberaum oder direkt im Studio weiterentwickelt und aufgenommen. Und das war schon immer so und wird auch immer so bleiben. Dafür sind wir glücklicherweise zu sehr Musiker.

Wann im Songwriting-Prozess kommen die Texte ins Spiel? Schreibt ihr bereits anhand eines gewissen textlichen Konzepts oder schaut ihr euch im fertigen Song nach der passenden textlichen Komponente um? Und auch hier: Steuert jeder etwas bei (ob nun beim Schreiben selber oder bei der Adaption bereits vorhandener Textvorlagen), oder ist das das Metier nur bestimmter Bandmitglieder?
Axel: Wir arbeiten gerne mit Konzepten, in erster Linie stehen die Texte vor der Komposition, aber es gibt auch Ausnahmen. Susi und ich schreiben die Lyrik oder wir verwenden historische Texte.

Wann und warum habt Ihr Euch dafür entschieden, auch bandfremde Texte zu vertonen? Susi:Ich bin nicht ganz sicher, was Du mit „bandfremd“ meinst. Aber ein Text wird irgendwie im Bauch, im Herz „gefunden“; es gibt Inspirationen, besondere Momente, Geschichten, Bilder oder andere Eindrücke, die einen Text entstehen lassen. Das war schon immer so und wird wahrscheinlich auch so bleiben, das unterliegt nicht wirklich einem Plan oder Entschluss.

Um das ganze mal auf ein konkretes Beispiel, sinnigerweise das neue Album zu projizieren: Welche Vorlagen wurden hier warum verwurstet, was habt Ihr Euch bei Euren eigenen Texten gedacht und welcher Grundidee folgt „Die Welt der dunklen Gärten“? Gebt uns doch bitte ein paar Eckdaten zu den Songs und zum Konzept.
Axel: Na, es gibt hier ein Grundkonzept „Der Welt der dunklen Gärten“. Der Titel ist eine Metapher für die Welt, die zwischen Traum und Wirklichkeit entsteht. Dort wo die Sehnsucht, Trauer und Vergänglichkeit wartet. Wir verwenden Lord Byron, Eichendorf und Löns. Das Leben Lord Byrons hat mich schon immer fasziniert. Ein Exzentriker, Abenteurer und fantastischer Poet. Ich liebe seine Gedichte und es ist einfach fantastisch wie sie sich auch in die heutige Zeit übertragen lassen. Joseph von Eichendorf ist für mich persönlich der Heimatdichter überhaupt. Seine Novellen und Gedichte treffen ins Herz jeden Romantikers. Die Freiheit in der Natur wird angestrebt und in der Wanderung erfahren. Das Ende der „Mondnacht“ sagt alles: „Und meine Seele spannte, weit ihre Flügel aus flog durch die stillen Lande, als flöge sie nach Haus“. Hermann Löns wurde eher wegen dem von uns vertonten Gedicht verwendet.

Das Artwork erinnert mich in der klaren Abgrenzung von Titel und Motiv an das Cover eines Hörspiels. Findet Ihr das auch? Und wenn ja, kann man daraus Rückschlüsse daraus ziehen, wie man sich die Scheibe anhören sollte?
Axel:Das ist sehr interessant. Ich bin großer Hörspielfan, das war aber nie so geplant oder angedacht.

Wer hat das Artwork denn dann effektiv umgesetzt? Wie viele Vorgaben habt ihr gemacht?
Dirk:Die Idee für das neue Cover inklusive Bildrecherche kommt von Axel. Das Layout hat Hagen Freigang aus Wien übernommen. An mir lag es letztendlich, die Reinzeichnung des Gesamtpakets inklusive der Gestaltung der „Gesammelte Werke“ Box zu erledigen. Das Bildmaterial ist von Karl Wilhelm Diefenbach. Das Design der CD liegt ganz klar in unseren Händen; da hat uns bisher auch noch keiner reingeredet.

Seit 2003 erscheinen Eure Albun über Prophecy Productions bzw. Auerbach Tonträger. Wie kam es damals zur Zusammenarbeit?
Axel:Martin Koller hat uns damals nach einem Hagalaz Runedance Konzert angesprochen, ob wir Interesse haben zu seinem Label zu kommen. Das war eine gute Entscheidung, die wir bis heute nicht bereut haben. Habe ja später sehr lange mit Tony gesprochen, ich denke, wir sind dort sehr gut aufgehoben.

Seid ihr immer noch zufrieden mit dem Label? Zumindest Zeitdruck scheint Ihr für das neue Album ja nicht gehabt zu haben.
Axel:Ja, man lässt uns künstlerische Freiheit und es ist eine sehr enge Zusammenarbeit.

Mit Sol Invictus, Orplid und Neun Welten habt ihr ja durchaus prominentere Vertreter der (Neo) Folk-Szene als „Labelmates“. Hört Ihr euch einerseits deren Musik an, andererseits die des Hauptlabels Prophecy, die ja oft eher metallisch ausgerichtet ist?
Axel: Ich muss ehrlich gestehen, dass ich kaum noch aktuelle Musik höre, ich bin zu weit entfernt von musikalischen Strömungen und aktuellem Musikgeschehen. Ich habe letztes Jahr eine Tour in der USA gehabt und dort mit Agalloch gespielt, deren neues Album derzeit ständig in meinem Auto läuft. In Amerika bin ich wieder so ein wenig zum „alten Metal“ gekommen. Ich höre derzeit sehr viel Rainbow, Saxon und Whitesnake.

Fühlt Ihr Euch insofern gut aufgehoben in der Bandauswahl? Was wären die Traumbands, neben welchen HEKATE-Alben erscheinen sollten?
Axel: Na ja Dead Can Dance, Arcana und Faun würde mir gefallen.

Kommen wir mal kurz zum Genre, in das Ihr gerne gesteckt werdet, Neo Folk. Seid ihr mit dieser Einordnung einverstanden, bzw. wie würdet Ihr selbst Eure Musik beschreiben?
Achim:Neofolk ist Gesang, Gitarre, Trommel und eine Streicherspur. So sagt es zumindest Wikipedia! Wir sind hingegen immer auf eine musikalische Vielfalt bedacht, somit ist die Band nach unserer Ansicht auch nicht in strenge Reglementierungen von Musikgenren einzuordnen. Dafür ist wohl unsere musikalische Neugier und Experimentierfreude verantwortlich. Mit der aktuellen Produktion verbinden wir sowieso eher eine Weiterentwicklung. Hekate ist hybride Musik: die Verbindung von historischen und modernen Stilelementen hin zu einem facettenreichen Musikstil! Und ohne den Bezug zu unseren Wurzeln zu verlieren, wollen wir mit unserer Mischung aus Folk, Klassik, Liedermacher und Mittelalter eine weitaus größere Zuhörerschaft als zuvor ansprechen.

Mein Problem mit der Genrebezeichnung ist, dass ich oft an sich sehr elitär fühlende Menschen denken muss, die sich alleine mit einer Akustikgitarre in die Natur setzen und dazu dann mords intellektuelle Texte vom Stapel lassen. Ist das tatsächlich ein Bild, das man von Neo Folk haben kann, oder bin ich da falsch gepolt? Als wie lebendig und erfinderisch seht ihr die Szene an, welche Bands stechen heraus und gehen neue Wege?
Axel: Na ja, interessant ist, dass die meisten Bands, die dem Genre zugerechnet werden, am liebsten gar nichts damit zu tun haben wollen. Siehe Current 93 oder Gae Bolg. Ich glaube das Neo Folk ein ausgereiztes Musikgenre ist. Hier ist alles gelaufen. Interessant finde ich Bands wie Rome oder Spiritual Front, die gehen wirklich neue Wege und sind musikalisch auf höchstem Niveau. Ich glaube das Bild der sich elitär fühlenden Menschen entsteht eher durch manche Fans, die oftmals so wirken und ihre eigene Interpretation von den Machern und Protagonisten haben.

Glaubt Ihr, das Eure Musik rein von Seiten ihrer Zugänglichkeit gesehen eine größere Hörerschaft ansprechen könnte, als sie das aktuell tut?
Achim:Generell spricht unsere vielfältige musikalische Ausrichtung eine größere Zuhörerschaft an, die meisten wissen nur noch nichts von uns. Durch unsere musikalische Weiterentwicklung wird sich die Schar der Zuhörer hoffentlich nun erweitern. Und es gibt anscheinend auch viele Metal-Freunde, die unsere Musik mögen.

Desto größer die Hörerschaft ist, die man anspricht, desto mehr ist die Musik allerdings gefährdet, nicht mehr wirklich aufmerksam angehört zu werden, zumindest ist das meine Wahrnehmung. Wie wichtig ist es für Euch, dass sich Hörer mit der Gesamtidee HEKATE inkl. Musik, Texte, visuelle Umsetzung, Bandgeschichte usw. beschäftigen? Wollt Ihr Eure Hörer wirklich erreichen, oder ist es auch in Ordnung für Euch, wenn man zum neuen Album ein paar Bier kippt und schlafen geht?
Dirk:Bei der Entstehung der einzelnen Songs ist es für uns natürlich sehr wichtig ein Gesamtkonzept zu verfolgen. Wir achten darauf dass Musik, Text und Gestaltung gut miteinander harmonieren. Derjenige, der möchte, kann sich auch tiefergehend damit beschäftigen und wird darin viel entdecken. Ich für meinen Teil hab aber auch nichts dagegen, sich die CD bei nem Bierchen anzuhören. Manchmal hört man ja Musik, weil man gerne Musik hört. ;-) Also jeder wie er mag.

Was für Musik hört Ihr Euch selbst privat zu Hause an? Hat sich hier über die Jahre was geändert?
Dirk: OK ich fange mal an einer Seite des LP/CD-Regals an und zieh virtuell einfach mal ein paar raus: Da steht ne Iron Maiden „Powerslave“ und noch fünf weitere aus meiner frühen Jugend. Dann kommt ne Chick Corea und zwar die „Friends“. Das ist die mit den Schlümpfen drauf. Hier und da ein bisschen Hardcore „Gorilla Buiscuits“ Social Distortion usw. Blood Sweat and Tears und ein wenig Ska. Mehr handgemachte als elektronische Musik. Aber quer durch den Garten ;-) und alles immer mal wieder.
Susi:Ich schätze und mag nach wie vor die Wave-Gothics-New Romantics der 80er und 90er Jahre, das wurde doch irgendwie „mit der Muttermilch aufgesogen“. Aber auch Klassik, Romantik oder Musik der 20er und 30er Jahre gehören zu meinen Favoriten. Ist halt schön, in „altem Plunder“ zu stöbern. Neuzugänge müssen schon wirklich gut sein, um sich in die Sammlung einreihen zu dürfen!
Axel: Ich höre derzeit sehr viel progressiven Krautrock, Can, Popol Vuh, und Amon Düül.

Im Gegensatz zu vielen anderen Bands habt Ihr eine sehr schön gestaltete Bandhomepage, seid aber auch auf alle anderen relevanten Plattformen vertreten. Als wie wichtig stuft ihr die Social Networks im Vergleich zur klassischen Homepage ein, gerade nun, nach dem Niedergang von MySpace?
Achim:Kurz und bündig: sehr wichtig! Die Leute wollen auf vielfältigste Art informiert werden. Punkt!

Sind über Facebook & Co. tatsächlich aktuellere Informationen und vielleicht auch mal kleinere Anekdoten von Euch zu finden, oder reicht es Euch, einfach nur repräsentiert zu sein? Nutzt Ihr die Plattformen auch, um direkt mit Fans in Kontakt zu treten?
Susi:Bislang „repräsentiere“ ich nur, aber was nicht ist, kann ja noch werden!
Axel: Ich nutze meine eigene Facebook Seite, um mit Fans in Kontakt zu treten, darüber hinaus findet man aktuelle News auf unserer Homepage.

Wie sieht der Fahrplan für HEKATE in nächster Zukunft aus? Ihr habt vage Liveaktivitäten angekündigt. Könnt Ihr da schon ein paar genauere Informationen geben? Ist neben Einzelkonzerten auch eine kleine Tour vorstellbar?
Axel: Es sind einige Anfragen da wir müssen schauen wie wir das mit unserem Privatleben verbinden können.

Ihr sagt auf Eurer Homepage, dass das HEKATE-Konzept besonders live gut wahrnehmbar ist. Warum ist das so? Heißt das im Umkehrschluss, dass man die Band nur auf Album gar nicht ausreichend erfassen kann? Gibt es spezielle „Gimmicks“ wie Bühnengestaltung, Lichteffekte o.ä., die für eine HEKATE-Show wichtig sind?
Axel: Es ist so, dass wir fast alles Live spielens unsere beiden Percussionisten haben eigens zwei Perkussion Sets aufgebauts die sich doch sehr von herkömmlichen Drumsets unterscheiden. Das heißt, Hekate live ist nicht mit herkömmlichen Bands vergleichbar, alles ist doch sehr aufwendig und unterscheidet sich sehr von CD, die Musik, sie wird ganz anders wahrgenommen.

Einige von Euch betreiben HEKATE nun auch schon seit 18 Jahren. Fühlt Ihr Euch aktuell bereit, die selbe Zahl an Jahren nochmal obendrauf zu setzen oder zeichnen sich bereits auf die ein oder andere Weise mögliche Schlusspunkte in der Bandhistorie ab?
Axel: Es gibt für mich derzeit keine Überlegung einen Schlusspunkt zu setzen, ob ich aber noch einmal 18 obendrauf setze, das kann ich nicht sagen.

Beenden wir das Interview mit einem kleinen Brainstorming. Was fällt Euch als erstes ein, wenn Ihr an folgende Begriffe denkt:
Veltins V+: Kinderbier,
Günter Netzer: Fussballfutzi mit Bluthochdruck,
Kunstdünger: Scheiße
Ikea: Billigmöbel
Empyrium: Geile Band
Dominique Strauss-Kahn: Keine Ahnung, wird wohl kein französischer Präsident sein
Borkenkäferbefall: Oh je, habe gerade den Hausbock in der Scheune
metal1.info: Rockt

Danke Euch ganz herzlich! Viel Glück für Euch und die Band in Zukunft. Falls Ihr noch was loswerden wollt, tut das hier:
Wir haben zu danken Love and Light an Euch Grüße von den Hekate\’s

Publiziert am von Marius Mutz

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