Interview mit Martin LeMar, Erik Grösch, Alex Landenburg, Ralf Hubert von Mekong Delta

Vier Jahre ließen sie sich Zeit, nun veröffentlichten MEKONG DELTA mit „In A Mirror Darkly“ ihr neues Album. Zu diesem, seinem Vorgänger und den Trend nur einzelne Songs zu kaufen befragten wir mit Martin LeMar (Gesang), Erik Grösch (Gitarre), Alex Landenburg (Schlagzeug) und Ralf Hubert (Gitarre, Bass) mal eben die komplette Band.

mekong-delta-logoGratulatiomekong Deltan zu eurer neuen Scheibe „In A Mirror Darkly“. Seid ihr mit dem Ergebnis zufrieden?
Martin: Ich bin es erstaunlicherweise. Als ich mit der Arbeit für das Album angefangen habe, hatte ich damit zunächst meine Probleme, da es mich in mehr als nur einer Hinsicht an Grenzen geführt hat. Erst mal aus zeitlichen Gründen, da ich während der langsam ablaufenden Deadline für meine Linien mit Nachtgeschrei auf Tour war und zum anderen weil ich die letzten Monate eher mit „easy listening“ Musik verbracht habe, war das plötzlich ein großer Brocken Arbeit, der da vor mir lag. Aber wie ich immer zu sagen Pflege, wenn du die Grenze erst einmal überwunden hast, geht es plötzlich wie geschmiert.
Am Ende bin ich mit meiner Arbeit auf „In A Mirror Darkly“ sehr zufrieden.

Erik: Ja – was letztendlich aus unserer Vorarbeit und Vorproduktion geworden ist, ist final betrachtet definitiv richtig gut gelungen.

Gibt es auf dem Album etwas, was ihr retrospektiv betrachtet lieber anders gemacht hättet?
Erik: Grundsätzlich gibt es immer Sachen, die man noch besser oder einfach nur anders machen könnte. Bei uns ist nicht nur die Musik so komplex, sondern auch die Anzahl der Spuren und natürlich die Art und Weise, wie wir die Titel rüberbringen wollen. Daher ist das, was man bei Mekong bisher immer besser machen könnte sicherlich der Mixdown, da der immer ein Kompromiss aus Ausdruck der einzelnen Titel und Konzept des ganzen Albums sein muss.

Wie wurde das Album von der Presse und den Fans aufgenommen?
Martin: Erstaunlich gut. Es ist überwältigend zu sehen, wieviele Leute noch bereit sind, sich mit Musik auseinander zu setzen. Mekong macht keine Musik, die auf Anhieb bei allen zündet und das ist auch gut so. Dass es aber so viele sind, die davon sprechen, es immer wieder zu hören und es mehr und mehr zu schätzen, das ist toll und freut einen natürlich.

Erik: Von der Presse bislang und durchweg sehr gut. Und das weltweit. Zu den Reaktionen unserer Hörer kann ich noch nichts sagen, da man sich ja bekannterweise in unser Material erst ‚reinhören‘ muss. Da scheint die CD gerade noch zu laufen…. Die Fans, zu denen wir persönlichen Kontakt haben, sind aber auch schwer angetan.

Alex: Die Reviews aus beiden Lagern waren bisher überwiegend sehr positiv. Was ja immer ne tolle Sache ist, weil man selbst nach der ganzen Arbeit oft keinen Abstand mehr zu einer Produktion hat und sie irgendwie gar nicht mehr selbst beurteilen kann.

Ralf
Wie würdet ihr die neue Platte in den Gesamtkontext der Band und eurer vorherigen Alben einordnen?
Martin: Es ist eine konstante Weiterentwicklung und weist den Weg für das nächste Album.
Stillstand ist ein Fremdwort für Ralf, ebenso auf musikalischer, als auch weltlicher Ebene.
Deshalb ist das „Flussthema“, das ich auf dem nächsten Album erwarte ein gutes Bild für den Kontext der Musik von Ralf Hubert.

Erik: Generell ist im Kontext deutlich eine klare Entwicklung von frühen Kompositionen zum jetzigen Stand zu hören. Dabei hat Ralf beim komponieren niemals die eigentliche Grundidee von Mekong aus den Augen verloren. Die Songs erscheinen heute runder. Früher hatten die Titel – wahrscheinlich durch das Experimentieren im Neuland und die technisch bedingten eingeschränkten Möglichkeiten – mehr Direktheit und Charme.

Alex: Für mich ist sie auf einer Ebene mit der “Wanderer” von 2010. Wanderer war vielleicht kompositorisch noch ausgefallener, dafür gefällt mir “In a Mirror darkly” vom spielerischen her besser.

mekong delta - in a mirror darklyIst es richtig, dass „In A Mirror Darkly“ das Konzept des Vorgängers „Wanderer On The Edge Of Time“ (2010) fortführt? Könnt ihr das näher erklären?
Martin: Wanderer zeigte die Geschichte des Geigers, des Protagonisten der Dances of Death, der sich plötzlich in einer postapokalyptischen Welt befand, in der er versuchte zu verstehen, was zur Hölle hier passiert ist. Im dunklen Spiegel erfährt der Geiger, wie sich die Welt in einer parallelen Realität entwickelt hätte, deshalb auch zum Beispiel mein Zitat aus „World in shards“ in „Mutant Messiah“.

Erik: Ja, das ist richtig. Unser Protagonist (der Geiger) führt seine Geschichte fort und versucht immer noch Verständnis für das stellenweise abgefuckte Dasein unserer Menschheit zu finden… Das tut er auch schon seit ‚The Principle of Doubt‘. Die Story könnte man – aus realistischen Gründen – wohl immer fortsetzen… Allerdings denke ich, dass dann sicher der Geiger irgendwann in die Nervenheilanstalt muss.

Wo seht ihr musikalische Gemeinsamkeiten und Unterschiede bzw. Entwicklungen zwischen dem neuen Album und seinem Vorgänger?
Erik: Die meisten Gemeinsamkeiten sind natürlich textlich aber auch in der Gesamtheit der Musikalität des Albums zu finden. Viele der Melodien sind Themen, die auf dem Vorgänger keine Verwendung gefunden haben. Da aber die meisten davon gut genug für andere Titel waren und, wie oben schon erwähnt, z.B. unsere Regierungen durch ihr durchweg dummes Gewäsch, was sie von sich geben, permanent für weiteren Stoff sorgen, mussten wir den Geiger noch weiter musizieren lassen. Entwickelt – besser verstärkt – hat sich der ‚rote Faden‘ der einzelnen Songs. Das aktuelle Album lässt sich irgendwie einfacher hören obwohl es noch komplexer ist als es der Wanderer war.

Erik
Wie läuft das Songwriting bei Mekong Delta ab? Gibt es einen Hauptsongschreiber oder entstehen die Songs gemeinsam im Probenraum?
Martin: Der Hauptschreiber war und ist schon immer Ralf. Er schreibt alles als Sätze für alle Instrumente, ausser dem Gesang. Das ist mein Part, den ich am Ende auf die komplexen Strukturen draufkomponiere. Das ist eine Herausforderung.

Erik: Hauptsongwriter ist Ralf. Da wir auch alle anders Vielbeschäftigt sind, findet selbst das arrangieren nur auf digitaler, bzw. telefonischer Ebene statt. Wir sehen uns zum Proben nur, wenn live-Shows anstehen.

Alex: Ralf schreibt alles was mit Melodie zu tun hat. Die Drum Arrangements kommen von mir, werden aber auch mit Ralf abgesprochen. Meine ersten Entwürfe sind meist zu modern Prog mäßig, also eher in der Dream Theater und Fates Warning Kante weil das die Sachen sind, mit denen ich aufgewachsen bin. Ralf hat aber für Mekong Delta eine klare Vision, und deshalb halten wir auch bei den Drums solange Rücksprache bis wir beide mit dem Ergebnis glücklich sind.

Ihr mischt Thrash mit Progressive Metal und beinahe klassischen Gitarren – was ist der Ausgangspunkt, wenn ihr neue Musik schreibt? Sind zuerst die Riffs da oder die Idee eines Arrangements?
Erik: Ideen und Riffs sind immer da. Ein Arrangement entwickelt sich dann aus tonal passenden Sequenzen. Meistens sogar sehr schnell. Im Laufe dieser Arbeit entsteht erst das Konzept zu dem Album. Ob die Konzert Gitarre einen Ausgangspunkt darstellt, lässt sich eher nur spezifisch erklären und ist nicht für alles relevant.

Alex
Eure Musik fordert vom Hörer Zeit, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Wie passt das für euch in den Kontext der digitalisierten Welt, in der viele Menschen nur noch einzelne Lieder kaufen und hören, statt sich wirklich mit einem Album auseinanderzusetzen?
Martin: Wie ich schon vorher erwähnte, ist es erstaunlich, wie viele doch tatsächlich noch dazu bereit sind, sich damit auseinander zu setzen. Es gibt sicherlich Musik oder Bands, bei denen ich auch nur einzelne Lieder höre, weil es zum Beispiel kein Konzept gibt, oder die Bands one-hit Songs haben, die mit dem Rest einfach nicht mithalten können.
Aber wenn wir von Konzeptalben, oder anspruchsvoller Musik sprechen, ist das natürlich Käse. Da Ralf die Alben als klassisches Musikstück komponiert, macht es eigentlich bei den meisten Alben von MD kaum Sinn, einzelne Songs zu hören. Aber ich kann niemandem vorschreiben, wie er Musik zu hören hat. Musik ist zwar Geschmackssache, aber in mancher Hinsicht auch etwas sehr persönliches. Da viele Menschen unterschiedliche Bezüge zu bestimmten Liedern oder Alben haben. Aber für Mekong, sollte man sich schon etwas Zeit und Ruhe mitnehmen. Als Hintergrundmusik fürs Candlelight Dinner taugt es sicherlich nur für die Wenigsten.

Erik: Das kommt auf den Hörer selbst an. Wir z.B. sind und werden nie Mainstream. Wenn der Mensch selbst mit Musik seine Seele streicheln oder seine Gefühle anregen möchte, wird er eher unsere Musik hören als den völligst überbewerteten 3 Akkorde Radioscheiss, 4 to the floor Mist. Auch das einzelne Titel als mp3 für’s Smartphone downgeloaded werden, sagt schon alles, da so niemals der entsprechende Sound oder gar das Konzept eines Künstlers erfasst werden kann. Das ist sicher nicht unser Bereich…

Alex: Das passt leider Null in den Kontext der modernen Zeit. Zum Glück gibt es aber noch viele Mitmenschen die die Zeit und Geduld aufbringen sich Musik richtig anzuhören. Für mich eins der größten Probleme unserer Zeit. Die Musik verkommt leider zur “Hintergrundmusik”.

Meinst ihr anspruchsvolle Musik hat eine Zukunft und wird wieder stärker gefragt werden, oder geht der Trend immer mehr zu einfach gestrickten Hits, weg von zusammenhängenden Alben?
Martin: Trends in Musik zu erkennen vermag ich eigentlich nicht. Ich höre mir persönlich einfach nur an, was mir gefällt und erhebe auch nie den Anspruch, dass die Musik, die ich höre, anspruchsvoll oder kompliziert sein muss. Eine meiner Lieblingsbands zum Beispiel sind „Poets of the Fall“, die jetzt eher in die Pop-rock schiene passen.
Aber im Falle von Mekong, glaube ich nicht, dass wir jemals Mainstream sein werden, bzw. uns jemals darum scheren werden, was Mainstream ist. ;)

Erik: Könnte ich in die Zukunft schauen, würden wir trotzdem nicht anders Arbeiten.
Ich glaube nicht, dass einfach gestrickte Hits die Erfüllung für einen Musikliebhaber / Musiker sind. Daher wir es – egal wie – auch mehr oder weniger – immer anspruchsvolle Musik geben.

Alex: Ich denke der Trend ist, daß es keine wirklichen Trends mehr gibt. Alles kommt und geht in endlosen Zyklen. Meistens folgt ja auf jede Bewegung eine Gegenbewegung. Insofern sind mir solche Trends sowieso egal.

Martin
Werdet ihr demnächst das Album live promoten? Kann man euch im Sommer auf Festivals sehen?
Martin: Auf dem Basinfirefest in CZ werden wir im Juni spielen. Für alles andere sind die Bookingfristen inzwischen abgelaufen. Aber spätestens Ende des Jahres, Anfang nächsten Jahres werden wir Live wieder sehr viel aktiver werden.

Alles klar, zum Abschluss noch das traditionelle Metal1-Brainstorming:
Ralf:
Unheilig: rofl
Jägermeister: brauch ich nicht
Tagesschau: Volksverarschung
RTL: Kakerlaken tv
Mekong Delta in 10 Jahren: compiler error => out of range exception

Martin:
Unheilig: Helene Fischer
Jägermeister: Filmriss
Tagesschau: Heutejournal
RTL: Panem et circenses
Mekong Delta in 10 Jahren: >immer noch keine Hintergrundmusik fürs Candlelight dinner.

Vielen Dank noch mal, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview genommen habt.

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