Review Mekong Delta – Lurking Fear

Ganz große Frickelpioniere gibt es heute kaum noch: Sieges Even gehen mittlerweile wesentlich harmonischer und melodischer zu Werke als noch Anfang der 90er, Atheist waren einmal, um Watchtower ist es ebenfalls sehr ruhig geworden, Dream Theater gehören heute mehr denn je beinahe zum Mainstream. Doch die Deutschen Prog-Thrasher MEKONG DELTA schicken sich mit „Lurking Fear“ noch einmal an, den ganz hartgesottenen Frickel- und Headbangfreunden ein Werk der alten Schule vorzulegen. Es ist ihr erstes komplett neues Studiowerk seit dem 1996er Album „Pictures Of An Exhibition“.

Stilistisch bewegen sich MEKONG DELTA durchaus im Fahrwasser von Watchtower und den alten Sieges Even. Stilistische Besonderheit der Band ist aber die Verarbeitung klassischer Werke zu Rockmusik. Bandchef und Gitarrist/Bassist Ralph Hubert hat seit jeher Gefallen an klassischer Musik gefunden und diese Vorliebe in seiner Musik umgesetzt. Auch auf „Lurking Fear“ gibt es unter den zehn neuen Songs demzufolge einige Klassik-Adaptionen. Hierzu bediente man sich unter anderem an der bekannten 10. Symphonie von Dimitri Schostakowitsch. Musikalisch geht es ansonsten klassisch metallisch, um nicht zu sagen 80er-lastig zu. Für Ralph Hubert & Co. scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Hektischer, mathematischer und ultraschneller Frickel-Trashmetal bestimmt das Bild, das zusätzlich gelegentlich mit echten klassischen Instrumenten noch weiter vervollständigt wird. Ruhepausen und melodische Passagen sucht man vergeblich, dafür gibt es pfeilschnelle Soli. Größtes Sorgenkind ist aber wohl Sänger Leo Szpigel, der mit seinem hohen Gekreische und Melodiebögen, die absolut niemals so richtig zur instrumentalen Begleitung passen wollen, den Hörer vor eine harte Probe stellt. Es soll ja tatsächlich Leute geben, die sich so was auf Dauer geben können, ich finde es allerhöchstens für ein paar Hördurchgänge cool und dann nur noch nervig. Aber das scheint zu dieser Art von Musik dazuzugehören, wenn man mal ähnliche musikalische Erzeugnisse von den anfangs erwähnten Bands hört.

Absolut unter dem aktuellen Standard ist auch die Produktion, die man beinahe nicht mal mehr so nennen kann: Das Schlagzeug, insbesondere die Snare, ist omnipräsent und dauerhaft in den Vordergrund gemischt, die Gitarren gehen unter dem nach vorn preschenden Schlagzeuggewitter von Uli Kusch beinahe ein wenig unter. Uli Kusch seinerseits bearbeitet sein Schlagzeug mit ungeheuerer Hingabe und lässt uns keine Verschnaufpausen: Immer rappelt die DoubleBass, immer knallt die Snare und kreischen die HiHats. Da das Album vom Bassisten der Band produziert wurde, ist der Bass allem Anschein nach im Mix ebenfalls ein Stück zu weit nach vorn gerutscht. Die Plattenfirma weist allerdings darauf hin, dass es bei der Produktion der Promo-Version zu einem Mastering-Fehler kam und der Sound auf der Verkaufsversion wesentlich fetter und lauter sei.

Nun aber mal zu den positiven Seiten dieser 50-minütigen Songsammlung: Das Cover fügt sich toll in die Gestaltung der anderen Scheiben der Band ein und weiß zu gefallen. Ebenso hervorzuheben ist der Einsatz der klassischen Instrumente, der die ohnehin schon überladene Musik zwar noch weiter füllt, dafür aber eine tolle dramatische Atmosphäre erzeugt. Was die Adaption der Klassikwerke angeht, so sind MEKONG DELTA ebenfalls eine Klasse für sich. Die das Album abschließende Schostakowitsch-Interpretation ist nichts anderes als schlichtweg genial. Es macht einfach Spaß, den Musikern beim Onanieren mit den Instrumenten zuzuhören und dabei jedes Instrument einzeln zu verfolgen oder alternativ einfach das Headbangen zu beginnen. Eins, zwei Songs mit dem vollständig emotionslosen Gesang kann man sich sicherlich geben, allem voran „Defenders Of The Faith“ (mit einem genialen Gesangssprung von verdammt hoch nach ziemlich tief) sei hier empfohlen. Nach solchen Torturen brauche zumindest ich aber etwas anderes und halte die 50 Minuten Metal-Verfolgungsjagd irgendwann nicht mehr aus. Das kann euch freilich anders gehen!

Alles in Allem dürfen sich Anhänger der Band freuen: Es geht hier mit bewährtem Sound in bewährter Qualität weiter. Das Album gibt es übrigens auch als Limited Edition mit einer Bonus-DVD, die ein Konzert in Frankfurt aus dem Jahre 1991 enthält. MEKONG DELTA sind aus der Versenkung zurück – warten wir gespannt darauf, was noch kommen mag!

Keine Wertung

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