Interview mit Jani Stepanovic von Miseration

Neben Solution .45 und The Weakening ist Gitarrist Jani Stepanovic momentan am meisten mit seinem Hauptprojekt beschäftigt: Den Death Metallern von MISERATION um Ex-Scar-Symmetry-Sänger Christian Älvestam. Was Jani zum neuen Album „Tragedy Has Spoken“, zu symphonischen Elementen im Death Metal und Internetpiraterie zu sagen hat, könnt ihr im Interview nachlesen.

Hi. Wie geht es dir zur Zeit? Viel zu tun?
Mir gehts gut, danke. Ja, ich bin zur Zeit echt am Malochen, neben meinem normalen Job muss ich auch noch ein weiteres Album mixen.

„Tragedy Has Spoken“ wurde kürzlich released. Bist du im Nachhinein zufrieden mit der Art, wie es abgelaufen ist, und hat bei der Aufnahme und Produktion alles so geklappt, wie ihr es euch vorgestellt habt?
Ja, wir sind alle sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Die Aufnahmen haben alle super geklappt, keine unerwarteten Probleme oder Zwischenfälle. Das Einzige, was echt happig war, war, meine Gitarrenspuren mit 39°C Fieber und starkem Husten aufzunehmen. Ziemlich schwierig, unter solchen Umständen konzentriert zu bleiben, aber das Ergebnis ist großartig geworden.

Wer hat das Album eigentlich produziert?
Also, die Lieder wurden alle von der Band produziert, wir haben sozusagen im Team gearbeitet. Das eigentliche Mixing wurde aber von mir und Plec vorgenommen. Ich habe die Instrumentalspuren zusammen gemischt Plec und hat den Gesang mit Christian zusammen in Schweden zusammengebastelt.
Ich habe das in Finnland gemacht, weil ich momentan dort lebe, dann hab ichs rüber zu Plec geschickt, der alles zusammengefügt und auch gemastert hat.

Es ist das dritte Album, das MISERATION jetzt released haben. Inwieweit habt ihr euch deiner Meinung nach inzwischen eine Fanbase in Schweden und Europa aufgebaut?
Es ist schwer, das genau zu sagen. Aber ich kann auf jeden Fall sagen, dass wir auf der ganzen Welt Fans haben, in Nord- und Südamerika und auch Asien. Den Klicks auf unseren Youtube-Videos nach zu urteilen, müssen es aber auf jeden Fall ein paar sein.

Wo siehst du die größten Unterschiede zwischen dem neuen Album und dem Vorgänger?
Der größte Unterschied? Es fühlt sich jetzt mehr an wie etwas, was wir als Band geschaffen haben. Wir haben alles gemeinsam geschrieben. Auf den Alben davor war ich der Hauptsongwriter. Alle diese neuen Sounds, die wir jetzt integriert haben, sind gar nicht gewöhnlich in der Metal-Szene. Du kriegst also das, was du von uns gewohnt bist, und eine ganze Menge Neues geboten, das finde ich sehr aufregend.

Kannst du etwas über den Albumtitel „Tragedy Has Spoken“ erklären? Warum habt ihr genau diesen Titel ausgewählt? Haben persönliche oder weltliche Ereignisse der letzten Zeit dabei eine Rolle gespielt?
Also, das ganze Album thematisiert verschiedene, tragische Momente und kann als eine Summe der größten Tragödien in der Geschichte der Menschheit zusammengefasst werden. Die Texte wurden von Pär Johansson (Satariel, Torchbearer, The Few Against Many) und Christian Älvestam geschrieben und befassen sich mit der Vielschichtigkeit dieser Tragödien. Manche davon haben die Gestalt von Unfällen oder Naturereignissen, während andere von menschlicher Hand verursacht worden sind. Dahinter steckt ein imaginärer Architekt, eine fiktive Größe – etwas Mächtiges, Wissendes, das weit über dem menschlichen Gut und Böse steht: die Natur der Tragödie selbst. Uns selbst ist persönlich nichts Schlimmes passiert, aber wir finden, dass das eine coole Art ist, die Dinge zu betrachten. Das Schlechte hinter allem ist die Tragödie selbst und kein Dämon, kein Monster oder sowas in der Art.

Wie bestimmt ihr, in welchem Song ihr symphonische Elemente oder Pianos einsetzt, also Dinge, die an sich nicht zum Death Metal dazugehören?
Jani: Eigentlich gar nicht. Das fällt meistens einfach zusammen, wenn wir uns den Song anhören und spontan etwas ausprobieren. Man fühlt dann, dass ein Part etwas mehr braucht als Gitarren und so fügen wir dann eben noch etwas zu den konventionellen Instrumenten hinzu. Ich zum Beispiel habe nie zu 100% ein Bild davon, was für einen Song ich schreibe. Es ist wie wenn du eine Geschichte erzählst, ohne die ganze Geschichte von Anfang an zu kennen. Aber du beendest die Geschichte trotzdem. Ich fang halt an zu schreiben und höre sofort, wie der nächste Part klingen sollte.

Wie spielt ihr diese Instrumente live? Benutzt ihr Gastmusiker oder spielt ihr sie einfach vom Band ab?
Jani: Wir werden schauen, was möglich ist. Auf manchen Gigs bringen wir Gastmusiker mit, die die Sachen wirklich spielen. Auf dem Album ist es Markus, der die Sachen spielt, aber natürlich kann er nicht gleichzeitig Gitarre und noch ein anderes Instrument bedienen. Klar werden wir vermutlich Backtracks benötigen, da wir an diesem Punkt der Karriere nicht einfach fünf bis sechs Leute mit auf Tour nehmen können. Wir sind keine so große Band, die das Budget dafür hat.

Wie setzt sich das MISERATION-Publikum zusammen? Sind es eher junge oder ältere Leute?
Es kommt darauf an: Wir haben schon Shows gehabt, wo fast nur Teenager waren, oft sind aber Leute über 40 dabei. Alles in allem eine Mischung, auch aus Männern und Frauen. ;-)

Auf dem Album-Cover ist eine höhlenartige Konstruktion zu sehen, die über einer modernen Metropole lauert. Wer hat das Cover designt und was hat es zu bedeuten?
Jani: Per Olofsson ist ein brillanter Künstler, der auf der ganzen Welt einen sehr guten Ruf hat und auch für andere bekannte Bands schon Cover designt hat. Er hat auch unsere letzten gemacht, wir mögen seinen Stil.
Christian hatte ein paar Ideen bezüglich des Artworks, hat die an Per weitergegeben und der hat wirklich den Nagel auf den Kopf getroffen. Was du sehen kannst, ist eine Stadt, die im Inneren eines Herzens in Ruinen liegt. Es kann als der innere Kampf angesehen werden, mit dem die Leute kämpfen, oder im Bezug auf die tragischen Ereignisse, von denen ich schon geredet habe. Aber es ist auch insofern großartig, als es dir die Freiheit lässt, dir deine eigenen Gedanken zu machen.

Von welchen schwedischen Death-Metal-Bands bist du am ehesten inspiriert? Was für Musik hörst du privat?
Jani: Das ist sehr unterschiedlich. Sagen wir’s so: Ich höre eigentlich fast keinen Death Metal. Wenn ich ein solches Album durchgehört habe, höre ich meistens etwas komplett anderes, um eine Pause von den ganzen Blastbeats und so weiter zu haben. Ich bin kein Hardcore-Death-Metal-Fan oder sage, dass man den ganzen Tag lang Metal hören sollte. Kürzlich habe ich unter anderem Sachen von Bruno Mars, Jamie Cullum, Whitesnake, Car Park North und Muse gehört. Aber um die ganzen Metaller hier nicht zu verschrecken: Meshuggah, Katatonia, Periphery und andere waren auch dabei. Ich warte auch auf die neue Gojira-CD.

Zwischen dem ersten und zweiten Release der Band lag nur ein Jahr, jetzt waren es fast drei. Hattet ihr einfach mehr zu tun oder was war der Grund dafür, dass es jetzt länger gedauert hat?
Jani: Ein Grund dafür waren die großen Line-Up-Umstellungen, die wir hatten. Ich habe die Band 2009 kurz nach dem Release des zweiten Albums aus persönlichen Gründen verlassen. Tobias Alpadie hat mich zunächst ersetzt. Ein Jahr später war die Band kein Stück weiter als ohne mich und da ich die ganze Zeit mit Christian in Kontakt geblieben war, sind wir irgendwie darauf gekommen, dass ich wieder zu MISERATION zurückkehren könnte, was ich auch wirklich wollte. Allerdings war ich auch derjenige gewesen, der die Band zunächst verlassen hatte. Es war also eine etwas schwierige Situation. Aber da nichts Offizielles mit dem neuen Line-Up geschehen war, haben sie beschlossen, das Line-Up umzukrempeln und mich wieder an Bord zu bringen.
Kurz darauf ist Johan, unser Bassist, Vater geworden und hat die sehr gut nachvollziehbare Entscheidung getroffen, die Band zu verlassen. Er wollte sich auf seine Familie und sein kleines Kind konzentrieren. Der nächste war Rolf, unser Drummer. Für seinen Austritt aus der Band gab es auf beiden Seiten gute Gründe: Rolf ist ein sehr talentierter Drummer, der sehr viel als Sessionmusiker unterwegs ist. Das ist die Arbeit, mit der er sein Geld verdient. Die ist einfach kaum mit unseren Zeitplänen abzustimmen gewesen. Daher haben wir uns darauf geeinigt, dass es besser wäre, einen neuen Drummer zu finden, der weniger zu tun hat. Wir haben letztendlich Oscar Nilsson (Saint Demon, Despite) als Drummer und Christian Lundgren (Quest Of Aidance) als Bassist gefunden.

Inwiefern haben die Veränderungen im Line-Up, die ihr in den letzten Jahren hattet, eure Fähigkeit neue Songs zu schreiben beeinträchtigt?
Es wird immer Veränderungen bei einer Band geben und dass sie diese in irgendeine Richtung beeinflussen, ist, denke ich, unvermeidlich, ob gut oder schlecht. In unserem Fall hat es sich eher positiv ausgewirkt: Oscar ist ein extrem talentierter Drummer und wir sind sehr zufrieden mit seinem Drumming. Gut, ansonsten wäre er wohl auch nicht in der Band.
Das Songwriting selbst hat es allerdings nicht beeinflusst, weil ja keiner von den Songwritern gegangen ist.

Ein paar schwedische Bands haben schon Songs in schwedisch verfasst. Inwieweit ist das etwas, was ihr euch auch für MISERATION vorstellen könnt? Klar würden dann nicht viele Leute die Texte verstehen, aber es wäre sicher interessant, oder?
Ich will nicht sagen, dass wir das nie machen werden, aber ich denke nicht, dass so etwas in näherer Zukunft passieren wird. Der Grund dafür ist, dass wir in Christians und meiner anderen Band, The Few Against Many, schon schwedische Texte benutzen. Man kann allerdings nie genau wissen….

Es ist das dritte Album, das ihr über Lifeforce Records veröffentlicht. Ich gehe mal davon aus, dass ihr immer noch zufrieden seid mit der Zusammenarbeit?
Ja, sie haben bisher einen großartigen Job gemacht. Wir sind sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit, da hast du Recht.

Du und euer Sänger Christian Älvestam spielt auch noch in „Solution .45“. Wie schwierig ist es, in zwei Bands zu spielen?
Jani: Es braucht nur ein bisschen gute Planung. MISERATION beansprucht nicht 100% meines Zeitplans, daher haben wir genug Zeit, um auch andere Dinge zu tun, persönlich wie musikalisch. So siehts aus.

Wie trennst du persönlich das Songwriting für die beiden Bands? Wenn Du eine Songidee hast, wie entscheidest du, ob du die jetzt für Solution .45 oder MISERATION verwendest?
Jani: Ich arbeite in Abschnitten. Wenn es Zeit ist für MISERATION, schreibe ich automatisch Kram, den man nur mit MISERATION spielen kann, und wenn ich für meine anderen Bands wie The Weakening oder Solution .45 schreibe, switche ich einfach auf deren jeweilige Genres. Ich mache das sehr spontan und muss mich nicht dazu zwingen oder auch nur groß darauf konzentrieren, zwischen den Bands zu unterscheiden. Das kommt von selbst.

Was ist deiner Meinung nach der Punkt, in dem sich MISERATION am stärksten von anderen schwedischen Death-Metal-Bands unterscheiden?
Ehrlich gesagt: Keine Ahnung. Es war nie unser Ziel, einen neuen Sound zu kreieren. Wir spielen modernen Death Metal, so wie wir ihn eben mögen.Unsere Songs gefallen uns als Band und ich denke nicht darüber nach, wo wir im Vergleich zu anderen Bands unseres Genres stehen, ob wir heavier, brutaler oder sonst was sind. Mir ist das total egal. Das frisst bloß Zeit und tut uns auch nicht gut, herumzusitzen und über sowas nachzudenken. Wir wollen einfach gute Musik machen, die vom Herzen kommt und nicht aufgesetzt klingt.

Kannst du uns einen kurzen Überblick über eure weiteren Pläne für das Jahr 2012 geben?
Wir planen ein paar Touren für den Herbst. Unsere Booking-Agentur arbeitet Tag und Nacht daran, etwas Gutes für uns auf die Beine zu stellen. Wir sind ziemlich zuversichtlich, dass dabei auch etwas herumkommt.

Wir sind fast durch mit dem Interview. Wenn es dich nicht stört, würde ich gerne mit einem kurzen Brainstorming abschließen: Ich nenne dir ein paar Begriffe und du sagst mir, was dir dazu einfällt:
Randy Blythe: Der Sänger von Lamb Of God, ein sehr guter dazu. Ich habe ein paar Sachen zu seiner Festnahme gehört, aber ich weiß nicht genug darüber um das weiter zu kommentieren.
Atomkraft: Darüber weiß ich nicht viel. Als Energiequelle ok, aber dass Nationen Atomkraft dazu benutzen, um Waffen anzufertigen, ist kompletter Wahnsinn. Sowas dürfte nicht existieren.
Internetpiraterie: Sehr unglücklich, weil es Musiker und Künstler auf der ganzen Welt trifft und ihr Einkommen schmälert. Der Vorteil ist, dass unsere Musik auf der ganzen Welt verbreitet wird, auch in Länder, die sie sonst nie erreichen würde, wo es keinen wirklichen Musikvertrieb gibt. Ich hoffe bloß, dass es genügend ehrliche Fans gibt, die uns respektieren und unser Album kaufen, anstatt uns dazu zu zwingen, aufzuhören, weil wir kein Geld mehr haben.
Raised Fist:Mag ich nicht wirklich.

Okay, das war es. Danke, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Du hast jetzt die Möglichkeit, noch etwas an unsere Leser und deine Fans loszulassen. Machs gut!
Jani: Danke für das Interesse in unsere Band, hoffentlich sehen wir euch, wenn wir das nächste Mal in Europa auf Tour sind. Haut rein!

Publiziert am von Pascal Stieler

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