Interview mit Stefan Seith und Chris Teleki von Oceanic

Wenn man nicht gerade zu den ganz großen im Geschäft gehört, bedeuten zehn Jahre ohne neues Album den Untergang einer Band. Umso mehr gleicht das neue OCEANIC-Album „Elixir“ einem Befreiungsschlag von alten Problemen und einem musikalischen Ausrufezeichen: Noch sind OCEANIC nicht tot! Wie die Band eine ernste Krise überlebte, was hinter dem besonderen Artwork des neuen Albums steckt und vieles mehr verrieten uns Sänger Chris Teleki und Gitarrist Stefan Seith im Interview.

Hallo und danke, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview genommen habt. Alles gut bei euch?
Stefan: Gerne doch. Ja, alles super. Wir haben euch zu Danken, diese Gelegenheit nehmen wir natürlich sehr gerne war.

Ich nehme an, dass einige unserer Leser noch nicht von OCEANIC gehört haben. Stellt euch doch bitte kurz vor:
Stefan: Wir sind die vier Musiker und Freunde Chris (Vocals/Gitarre), Andy (Drums), Benny (Bass) und meine Wenigkeit (Gitarre/Backing Vocals). Chris, Andy und Benny tingelten bereits seit einigen Jahren unter dem Namen Tenside durch die Gegend, als Ende 2005 ihr damaliger Gitarrist ausstieg. Und da der Andy und ich Ende der 90er bereits zusammen Musik gemacht haben, hat er mich bei einem eher zufälligen Treffen gefragt, ob ich nicht Bock hätte einzusteigen. Wir trafen uns dann zu einer ersten gemeinsamen Jamsession, und was soll ich sagen…es hat mal richtig gefunkt!! Wir haben sofort gemerkt, wie gut diese Besetzung harmoniert und welches Potential in ihr steckt, und beschlossen noch am gleichen Abend, von nun an zusammen weiter zu machen. OCEANIC war geboren!!

Eure Musik ist eine doch recht eigenständige Mischung aus Stoner Rock, Grunge und groovendem Metal. Wie kam es zu dieser knackigen Mischung?
Stefan: Ich denke in erster Linie verschmelzen wir in unseren Songs unsere musikalischen Einflüsse, die uns vor allem in den 90ern geprägt haben. Das war eine sehr spannende Zeit, vieles hat sich gewandelt, fast wöchentlich hat man für sich neue, interessante Bands entdeckt. Mich haben vor allem Bands wie Anthrax, Metallica, Sacred Reich, Alice In Chains, Soundgarden, Pearl Jam, Stone Temple Pilots, Machine Head, Pantera und vor allem auch Crowbar beeinflusst, um nur die großen zu nennen. Ende der 90er kamen dann noch Clutch, Spiritual Beggars, Audioslave, Life Of Agony, Korn, Therapy? und viele mehr dazu. All diese Highlights haben uns inspiriert und letztendlich zu unserem jetzigen Sound verholfen.

Euer erstes Album „Behind The Sun“ erschien vor mittlerweile über zehn Jahren, eure aktuelle Scheibe „Elixir“ aber erst im letzten Jahr. Weshalb die lange Pause?
Stefan: Tja, auch im Musikerleben läuft eben nicht immer alles nach Plan. Mit unserem Debütalbum konnten wir in unserer Region viel Aufmerksamkeit auf uns ziehen und waren einige Jahre lang entsprechend viel in Clubs und auf Festivals unterwegs. Nach einiger Zeit zogen wir uns etwas von der Bühne zurück, um uns intensiver dem Songwriting fürs neue Album zu widmen. Das stellte sich dann als etwas zeitintensiver heraus als gedacht, denn nach dem ersten Album hat man dann schon genauere Vorstellungen, wie es klingen soll und wie nicht. Doch dann kam es richtig heftig: Unser Drummer Andy verließ die Band, um sich mehr seinen anderen Projekten zu widmen. Obwohl wir kurzfristig einen passenden Ersatz finden konnten, mussten wir doch feststellen, wie sehr Andys innovatives und auch sehr nach vorne gehendes Drumming unsere Songs geprägt hat. Es fehlte einfach diese vertraute, mitreißende Energie im Sound, ohne die eine Rückkehr auf die Bühne oder gar ins Studio für uns nicht wirklich vorstellbar war. Auch wenn in dieser Zeit einige Songideen reiften, die es später auch auf das neue Album schafften, kamen wir nicht mehr an den Drive der alten Zeiten ran. Da sich das auch nach einigen Monaten intensiver Proben nicht besserte, und unsere Geduld schon mehr als überstrapaziert war, beschlossen Chris, Benny und ich eines Tages, das es OCEANIC nur mit unserem alten Drummer Andy geben kann, es gab für uns keine Alternative. Wir riefen ihn am gleichen Abend noch an, und als ob er diesen Anruf erwartet hätte, willigte er überraschenderweise sofort ein und kam zur nächsten Probe. Die lange Durststrecke hatte nun endlich ein Ende und OCEANIC kehrten in bewährter Originalbesetzung wieder auf die Bildfläche zurück! Nach ersten gemeinsamen Gigs war die Zeit reif für einen Studiotermin für das lang ersehnte zweite Album.

Euer Sänger Christian Teleki ist für alle Lyrics verantwortlich. Woher stammen die Ideen für die Songtexte? Gibt es Themen, die in euren Songs besonders häufig behandelt werden?
Chris: Die Ideen kommen mir meist, wenn ich gerade schlecht gelaunt oder deprimiert in den Seilen hänge, z.B. wenn es grad etwas kriselt in der Beziehung. Das Texten in diesen negativen Gemütszuständen stellt auch eine Art Heilmittel für mich dar und hilft mir, das Ganze zu verarbeiten und wieder klare Gedanken zu finden. So sind zum Beispiel die Songs ‚On Fire‘ und auch ‚Start Again‘ entstanden. Ich behandele aber auch gerne aktuelle Themen, die mich beschäftigen, wie etwa Vater werden und Vater sein, mit allem was dazugehört, wie auch Ängste, dass man seiner Rolle nicht gerecht wird. So ist der Text zum Titeltrack ‚Elixir‘ entstanden. In diesem spreche ich zu meiner Tochter, dass ich, ohne es zu wissen, schon immer auf sie gewartet habe, und ich sie für immer lieben werde.

Dem Begriff „Elixir“ werden verschiedene Bedeutungen zugeschrieben, vor allem aber die Definition als eine Art Allheilmittel. Was bedeutet „Elixir“ für euch?
Stefan: Ich denke, dieser Begriff beschreibt wohl im Allgemeinen etwas sehr wertvolles. Etwas, aus dem man unfassbar viel positive Energie schöpfen kann. Auf mich bezogen ist das ganz klar meine Familie, aber z. B. auch die tiefe Freundschaft, die uns vier Musikern neben dem gemeinsamen Musizieren verbindet. Ich bin sehr dankbar, Teil einer Band zu sein, die so etwas über sich behaupten kann.

Chris: Für mich bedeutet der Begriff Elixir vor allem die Vertonung meiner Freude über die Geburt meiner Tochter. Dieses neue Leben in meine Arme zu schließen erfüllt mich bis heute mit einer tiefen Dankbarkeit und ist für mich so etwas wie das Allheilmittel, mein Sinn im Leben. Der Titeltrack Elixir war ursprünglich als Kinderlied für sie gedacht. Akustische Gitarre und Percussion und einem ungarischen Text. Aus Spaß habe ich den mal im Proberaum angestimmt. Die Riffs und die Melodieführung stießen bei meinen Mitmusikern gleich auf sehr positive Resonanz, und wurde nach einigen Bandproben dann das Fundament zu unserem zehnminütigen Epos auf der Scheibe. Die Tatsache, dass von jedem Bandmitglied im gleichen Maße Ideen eingeflossen sind, macht diesen Song zu etwas sehr Besonderem für uns. Außerdem vereint er alle Musikstile die uns geprägt haben und beschreibt somit am besten den Sound von OCEANIC.

Das Artwork zu „Elixir“ erinnert an die moderne Umsetzung eines Märchenstoffs oder einer Fantasy-Story und hebt sich von gängigen Rock-Artworks deutlich ab. Wer zeichnet sich dafür verantwortlich? Hat das Motiv einen direkten Bezug zu den Lyrics?
Stefan: Das Artwork hat uns der Dmitry von KOZAK Art & Design aus Göteborg erstellt, ein recht gefragter Tätowierer, der auch über seine Landesgrenzen hinaus in der Szene bekannt ist. Er hatte nur ein paar Eckpunkte von uns bekommen, und das Ergebnis hat uns alle – sowohl von der technischen Umsetzung als auch vom Stil – komplett umgehauen! Er hat einen fantastischen Job gemacht, vor allem wenn man weiß, das er uns keine Skizze oder Vorabversion geschickt hat – das fertige Albumcover war seine „erste Version“. Die ursprüngliche Idee dazu hatte unser Chris, und basiert im Wesentlichen auf dem oben erwähnten Titeltrack „Elixir“.

Chris: Bei einem Ausflug habe ich dieses Bild von meiner Tochter gemacht und brachte mich auf die Grundidee für dieses Cover. Sie ist meine Kraftquelle, mein Lebenselixier. Wie bestimmt bei allen Eltern der Fall, möchte ich sie natürlich vor den Gefahren bewahren, die auf einen heranwachsenden Menschen so warten. So hat sie im Bild eine schützende Aura erhalten, die sie vor negativen Verlockungen und Gefahren schützen soll.

In eurer bisherigen Karriere habt ihr schon einige Club- und Festival-Shows gespielt. Was war eure bisher schönste oder denkwürdigste Live-Erfahrung?
Stefan: Ich denke, eine der schönsten Erlebnisse war eine Einladung zu einem großen Stadtfestival  in einer Partnerstadt in Kroatien. Das Event war öffentlich und fand mitten im Zentrum über mehrere Tage statt. Alle Leute aus nah und fern pilgern einmal im Jahr dort hin, dementsprechend voll war es und wir hatten viel Spaß bei unserem Gig auf der großen Hauptbühne. Man hat uns für mehrere Tage in einem Hotel direkt nebenan einquartiert. In dieser Zeit erfuhren wir eine umwerfende Gastfreundschaft, und wurden ein wenig wie Rockstars behandelt. Die vielen Interviews, die wir vor uns nach unserer Show an Radiostationen und Zeitungen geben mussten, sowie einige Treffen mit Offiziellen der Stadt taten ihr übrigens zu diesem Eindruck. Das Ganze war währenddessen als auch im Nachhinein schon ein verrückter, etwas surrealer Roadtrip, an den wir sehr gerne zurück denken. Aber manchmal entpuppen sind auch gerade die kleinen und im Vorfeld vermeintlich unbedeutenden Auftritte zu richtig denkwürdigen Shows, die lange in Erinnerung bleiben. Wir haben z.B. mal auf einer Privatparty gespielt, die auf einem großen alten Grundstück stattfand und wie ein kleines Festival aufgezogen war. Es gab sogar einen Zeltplatz, und es waren richtig viele Leute da, die über das gesamte Gelände verteilt unter den Bäumen lagen. Bei unserem Gig abends haben uns die Leute dann dermaßen abgefeiert, als hätten sie alle auf uns gewartet! Trotz der sehr kleinen und improvisierten Bühne war das wohl eine der intensivsten Live-Erfahrungen.

Wenn ihr euer Tour-Line-Up selbst zusammenstellen könntet, mit welchen Bands wärt ihr gerne unterwegs?
Stefan: Clutch, Dozer, Baroness, Crowbar, Truckfighters. Soundgarden und Alice In Chains in Originalbesetzung ist ja leider nicht mehr möglich…

Wäre ein Vertrag mit einem großen Majorlabel eine Option für euch oder wollt ihr euch lieber eure Unabhängigkeit bewahren?
Stefan: Wenn man als gute Band viel Zeit und Geld investiert, kann man mittlerweile auch ohne ein Label schon sehr viel erreichen. Natürlich wäre es schon super hilfreich, wenn die ganze Promotion- und Bookingarbeit abgenommen werden würde, damit man sich mehr um die Musik kümmern kann. Aber es muss ja nicht immer gleich ein Majorlabel sein – ein gut geführtes und vernetztes Indielabel, welches das Potenzial der Band erkennt und sie gezielt fördert, ist gerade am Anfang viel wichtiger. Das jedenfalls wäre definitiv eine Option für uns. Aber selbst im semiprofessionellem Bereich ist es ja mittlerweile so: Die meisten Labels kommen auf die Musiker zu, nicht umgekehrt.

Wie sieht die Zukunft von OCEANIC aus? Gibt es Pläne für eine Tour zu „Elixir“ oder habt ihr gar schon Ideen für die nächste Scheibe?
Stefan: Es gibt auf alle Fälle bereits Ideen für die nächste Scheibe, und neben dem Produzieren von ein paar Livevideos sind wir schon wieder fleißig am Songwriting. Ist für uns selber gerade recht spannend, wo die Reise hingehen wird, es ist alles möglich. Wir peilen ein neues Album in 2-3 Jahren an – wenn nichts dazwischen kommt. Eine Tour ist momentan noch nicht geplant, aber wir verfolgen diese Idee schon länger und werden sie vielleicht nächstes Jahr mal in Angriff nehmen.

Besten Dank für Zeit und Antworten. Zum Abschluss ein Brainstorming: Was fällt dir spontan zu folgenden Begriffen ein?
Wacken: Gigantisch! Oder bereits zu groß? Egal, wir würden natürlich gern dort spielen!! (lacht)
Spargel: Riecht im Pipi
The Avengers: Dessen Soundtrack enthielt den ersten Song von Soundgarden seit 15 Jahren! R.I.P. Chris!
Craft-Beer: Nein danke, wir stehen da eher auf unser gutes fränkisches Landbier.
Karl Lagerfeld: War schon ein schräger, exzentrischer Typ. War vermutlich nicht einfach mit ihm zu arbeiten.

Die letzten Worte gehören dir – gibt es noch etwas, was du unseren Lesern mitteilen möchtest?
Stefan: Wie ihr vielleicht rauslesen konntet, sind wir schon recht stolz auf unser neues Album und hoffen natürlich, das es euch ebenfalls gefällt. Wenn ihr dieses Interview bis hierhin gelesen habt, dann müsst ihr jetzt auf alle Fälle gleich mal reinhören und uns euer Feedback geben! Vielleicht sieht man sich ja bei dem ein oder anderen Gig. Grüße an alle!!

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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