Konzertbericht: MinnePack

12.05.2018 München, Spectaculum Mundi

Nach vielen langen Reisen hat es die Spielleute von MINNEPACK wieder nach München verschlagen. Mit “Heimkehr” haben sie ein druckfrisches Doppel-Album im Gepäck, das nicht nur neue Songs beinhaltet, sondern auch fast das gesamte Erstlingswerk “Von Wegen” – neu und vor allem professioneller aufgenommen und in frischer Mittelalter-Rock-Gewandung. Mit ihrer CD-Release-Party im Spectaculum Mundi gönnen sich die Barden ein ganz besonderes Event, das Jung wie Alt bis spät in die Nacht mit auf die Reise nimmt.

Mit Schlagzeug und Bass ausgestattet präsentiert die ehemalige Marktformation stolz ihr Handwerkszeug für die neue musikalische Ausrichtung. Klar, dass zusätzliche Sound- und Technikprobleme anfangs erst einmal skeptisch aufhorchen lassen. Doch Stück für Stück wandelt sich der dumpfe Musikbrei in ein schön herausgearbeitetes Klangbild, das schnell von der rockigeren Ausrichtung überzeugt. Mit “Die Flucht der Spielleute” beginnen MINNEPACK ihr Konzert mit ihrer mittelalterlichen Gründungsgeschichte, und landen danach direkt “In der Taverne”. Sofort spürt man: Die Musiker sind voller Spielfreude, die die der Aufregung geschuldeten gelegentlichen Spielpatzer sofort vergessen lässt. Frontmann Finn Flickenmantel (ehemals Flickenmantel, der Spielmann) singt mit der Begeisterung eines echten Geschichtenerzählers von der “Hexe von Menzing” und vom “Letzten Stündlein”, aber auch von ausschweifenden Saufgelagen (“Was wollen wir trinken”, “Es ist noch Whisky da”). Ganz dem “Minne” in MINNEPACK entsprechend wird es auch kurzzeitig düster und balladesk. Sowohl “Die Nacht des Raben” aus dem ersten Album als auch das neue Stück “Heimkehr” schlagen sehr nachdenkliche Töne an. Besonders mit dem düsteren “Heimkehr” haben sich die Musiker mit einem wunderschön reduzierten, mehrstimmig gesungenen Strophenteil über die Schrecken des Krieges selbst übertroffen. Leider springt der Song zum Refrain hin wieder in den gewohnten Sound, was die Chance knapp verpasst, hier vor der Konzertpause ein ganz besonderes Highlight zu setzen.

Nach der Pause geht es thematisch zur See, und große Dreispitze machen aus den Barden schnell waschechte Piraten. “Bis ins nasse Grab” ist das erste Stück der zweiten Hälfte und lädt nach dem ruhigen Ende der ersten wieder zum Tanzen und Mitklatschen ein. Im maritimen Teil sticht besonders “Matty Groves” hervor, das Anton von Schwanecks Reibeisenstimme, groovige Trommelrhythmen und Isea Bervians elfenhafte Stimme in den Mittelpunkt stellt. Das neue Rock-Konzept der Band funktioniert weitestgehend sehr gut, auch wenn man selbst den neuen Stücken weiterhin anmerkt, dass sie für Marktbühnen und nicht für Konzerthallen geschrieben wurden. So ist zum Beispiel das sieben Minuten lange “Die Jagd nach der Nixe” eine ausführliche Erzählung, die eine Rockband sicherlich auf drei gut verdauliche Minuten heruntergebrochen hätte. MINNEPACK wagen sich an diesem Abend dennoch daran, all ihre mitunter sehr langen Stücke ungekürzt zu präsentieren, und den Anwesenden damit einiges an Aufmerksamkeit und Durchhaltevermögen abzuverlangen. Im Spectaculum Mundi scheinen sie mit dem Wagnis jedoch ihr Zielpublikum gefunden zu haben. Auch in der zweiten Hälfte des Konzerts wird noch fleißig mitgesungen und aufmerksam zugehört. So verpufft dann auch eine schöne Ballade wie “Die Eine” keinesfalls wirkungslos, sondern sorgt für kuschelige Zweisamkeit. Leider bleibt der ruhige Song um die einzig wahre Angebetete der einzige des Abends, an dem Isea Bervian wieder zur Harfe greift statt zum elektrischen Bass.
Gegen Ende des Konzerts legen MINNEPACK noch einmal los und spielen ihre beliebtesten Stücke wie “Feenreigen” oder “Teufelsflöte”. Kein persönlicher Lieblingssong wird vernachlässigt, denn die Musiker nutzen die Gunst der Stunde, quasi das gesamte Doppel-Album und damit ihr vollständiges Repertoire (mit Ausnahme weniger Stücke aus “Von Wegen”, die es nicht auf “Heimkehr” geschafft haben) zu spielen. Ein besonderes Highlight setzt schließlich Ivy, das kleine Flöt, noch kurz vor Schluss: Ist die quirlige Musikerin ja eher mit allerlei Flöten vertraut, beweist sie in der “Pestballade” noch ihr gesangliches Können. Mutig, teils nur leise von Gitarre und Geige begleitet, singt sie sanft bis kraftvoll von einer ungleichen wie tragischen Liebesbeziehung zu Zeiten der Pest. Zurecht erntet sie den lautesten Applaus des Abends. Mit “Im Herzen Minnepack” verabschiedet sich die Band schließlich von seinem Publikum, das jedoch trotz der späten Stunde noch nicht genug hat. So streicht Finn erst eine der vier Zugaben – nur um sie dann an entsprechender Stelle doch zu spielen. Kurz vor Mitternacht schließlich holen die Musiker ihre Fans ganz nah an sowie ihren Produzenten auf die Bühne und stimmen mit ihnen Arm in Arm “Wenn der Abend naht” an – ein Stück, das daran erinnern soll, dass nichts über gute Freunde und Gemeinschaftlichkeit geht. Das Publikum singt aus voller Kehle mit – und so endet die Release-Party mit heimeliger Lagerfeuer-Atmosphäre und zufriedener Melancholie.

Mit “Heimkehr” haben MINNEPACK ein Album abgeliefert, das eine beachtliche musikalische Entwicklung zu „Von Wegen“ hörbar macht. Mutige Experimente und Passagen bringen Pepp in die Setlist und zahlen sich an diesem Abend aus. Gleichzeitig reihen sich die neuen Songs wunderbar zwischen die alten, ohne als Fremdkörper wahrgenommen zu werden. Nur die Tatsache, dass die Musiker zum Release planen, das gesamte Doppelalbum inklusive Pause zu spielen, hätte man vorher kommunizieren müssen, um vor allem den älteren Zuhörern oder Eltern mit anwesenden Kindern einen Richtwert zu geben, wie lange das Konzert am Ende tatsächlich dauern wird. Wer an diesem Abend direkt eine der druckfrischen CDs mit nach Hause genommen hat, hat jedenfalls nicht die Katze im Sack gekauft. Abgesehen davon wünscht man den sympathischen Musikern aber auch weiterhin alles Gute und eine erfolgreiche Marktsaison – es bleibt spannend, wohin die Wege sie auch in Zukunft führen werden.

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